Klotzen statt kleckern: Was bringt das Konjunkturpaket?
Keine Nachfrage, keine Aufträge: Das ist derzeit das Hauptproblem der Wirtschaft. Es drohen Jobverluste und Insolvenzen. Von einem „Pleiteherbst 2020“ ist die Rede.
Damit es dazu nicht kommt, hat die Große Koalition ein Konjunkturpaket von 130-Milliarden Euro geschnürt. Das ist dringend notwendig. Beschäftigte und Unternehmen müssen wieder Vertrauen in die wirtschaftliche Zukunft entwickeln. Sonst geben sie kein Geld aus und investieren auch nicht.
Was steckt in dem Konjunkturpaket? Was bringt es für die Beschäftigten?
Mehrwertsteuer runter: Unternehmen in der Pflicht
Diese Maßnahme kann jeder spüren: Die Große Koalition wird die Mehrwertsteuer senken. Von Juli bis Dezember fällt der Mehrwertsteuersatz von 19 auf 16 Prozent; der reduzierte Satz (zum Beispiel für Lebensmittel) von sieben auf fünf Prozent. Damit will die GroKo die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen ankurbeln – und so die Konjunktur anschieben.
Ob das funktioniert, hängt entscheidend von den Unternehmen ab. Sie müssen die Steuersenkung an die Verbraucher weitergeben, so dass Waren und Dienstleistungen tatsächlich billiger werden. Dann entsteht ein Kaufanreiz – vor allem bei teuren Gütern und bei Handwerkerleistungen. „Ob das Konjunkturpaket zu einem großer Wumms für Nachfrage und Beschäftigung wird, muss sich beweisen“, sagt Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall. „Das gilt insbesondere für die Reduzierung der Mehrwertsteuer. Ob die beim Verbraucher ankommt oder die Kassen von Amazon und Co. füllt, bleibt abzuwarten.“
Autoprämie: Zu kurz gegriffen
Die Koalition will die bereits bestehende Umweltprämie für E-Fahrzeuge mit einem Nettolistenpreis von bis zu 40.000 Euro erhöhen: von 3000 auf 6000 Euro, befristet bis Ende 2021. Sie hat sich gegen Kaufanreize für moderne, emissionsarme Verbrenner entschieden. Allein die Mehrwertsteuersenkung soll hier die Nachfrage wieder ankurbeln.
Es bleibt fraglich, ob Kunden einen modernen Verbrenner nun eher kaufen, nur weil er drei Prozent günstiger ist. Wer bisher zum Beispiel 30.000 Euro für einen Neuwagen bezahlt, muss nach der Mehrwertsteuersenkung immer noch knapp 29.250 Euro hinlegen. Das sind schlechte Nachrichten für die rund 2,2 Millionen Beschäftigten, die in der Autoindustrie und den von ihr abhängigen Branchen arbeiten.
Ebenso wie für den Klimaschutz. Denn: Elektroautos werden bislang nur in sehr geringem Maße gekauft. Für viele werden sie − auch trotz erhöhten Zuschüssen − weiterhin zu teuer sein. Auch schreckt Käufer die bislang noch fehlende Ladeinfrastruktur ab. Dazu kommt, dass es für Elektrofahrzeuge sehr lange Lieferzeiten gibt, zwischen sechs und acht Monaten müssen Kunden hier auf ihren Pkw warten.
Daraus folgt: Für die Beschäftigungssicherung und den Klimaschutz werden die geplanten Maßnahmen nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein. Um mit einer Kaufprämie tatsächlich Beschäftigung zu sichern und nennenswert die CO2-Emissionen der zugelassenen Pkw-Flotte zu senken, müssten neben Elektroautos auch der Kauf von emissionsarmen, modernen Verbrennungsmotoren gefördert werden.
Kinderbonus: Anerkennung für Familien
Familien erhalten einen Kinderbonus von 300 Euro pro Kind. Der Bonus wird mit dem steuerlichen Kinderfreibetrag verrechnet, aber nicht auf die Grundsicherung angerechnet. Durch die Verrechnung mit dem Kinderfreibetrag kommt er höher Verdienenden nicht zugute. Das ist sozial gerecht und entspricht dem Vorschlag der IG Metall. Nach den außergewöhnlichen Belastungen durch die Coronakrise ist der Bonus eine Anerkennung für Familien. Das Geld kann als Kaufanreiz wirken und so die Konjunktur stützen. Bestehen bleibt die Forderung nach verlässlicher Kinderbetreuung und Schule.
Strom wird billiger: Sozial und wirkungsvoll
Die Regierung senkt die EEG-Umlage, mit der Stromverbraucher den Ausbau der Erneuerbaren Energien fördern. Das entlastet Unternehmen wie Verbrauchern. Es ist auch sozial, denn Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen wenden einen relativ großen Anteil ihres Geldes für Energie auf.
Verlustrücktrag und Abschreibungen: Hilfe für Unternehmen
Die GroKo erweitert die Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen. Außerdem können sie Verluste durch die Coronakrise besser steuerlich geltend machen. Das verschafft Unternehmen finanziellen Spielraum. Private Investitionen werden so gefördert, was in der aktuellen Wirtschaftslage wichtig ist und sich auch positiv auf die Beschäftigung auswirken kann.
Fazit: Ausgang offen
Jörg Hofmanns Fazit zum Konjunkturpaket: „Es bleibt die Frage: Reichen die kurzfristigen Nachfrageimpulse aus, um die Konjunktur schnell wieder in Schwung zu bringen? Daran wird sich entscheiden, ob die Rezession gestoppt und massiver Personalabbau und Arbeitslosigkeit verhindert werden können.“
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