Nationaler Volkskongress Chinas warnt vor US-Imperialismus
Am 29. Mai 2020 endete in Peking die diesjährige Tagung des Nationalen Volkskongresses (NVK) der Volksrepublik China, des zentralen Parlaments und höchsten staatlichen Organs des bevölkerungsreichsten Landes der Erde. Aufgrund der CoViD-19-Pandemie war die achttägige Sitzung um zwei Monate verschoben worden. Die fast 3.000 Abgeordneten waren vor ihrem Zusammentreten, das durch Sicherheitsvorkehrungen wie Mund-/Nasen-Masken begleitet war, auf etwaige Infizierungen getestet worden. Zu den Aufgaben des NVK gehört es, die wichtigsten Regierungs- und Armeefunktionen zu wählen (für zumeist fünfjährige Perioden) sowie insbesondere Gesetze zu beschließen. Größere Überraschungen gab es diesbezüglich nicht. Die laufende Amtszeit von Präsident Xi Jinping endet erst 2023.
Im Mittelpunkt der Tagung standen die Folgen der Corona-Pandemie, sowohl gesundheits- und sozialpolitischer als auch wirtschaftlicher Natur. Daneben sieht sich die VR China mit vermehrten Drohungen und Verleumdungen des US-Imperialismus und aus EU-Staaten gegenüber. Diese befürchten einen eigenen Verlust an Macht, Ansehen und Einfluss aufgrund der internationalen Pandemiehilfe, die China vor allem gegenüber Italien oder Serbien (in kleinerem Rahmen auch Österreich) geleistet hat. Dass sich die USA und die meisten EU-Staaten jedoch abermals als asoziale und unsolidarische Akteure in der Staatengemeinschaft erwiesen haben, ist wohl ihre eigene Schuld. Es ist schon eine vielsagende Selbstentlarvung, wenn man in Washington, London, Berlin und Brüssel der VRC die Bereitstellung von ärztlicher und medizinischer Unterstützung für andere Länder zum Vorwurf machen möchte. Freilich bedeutet das nicht, dass China völlig selbstlos handelt: Natürlich sucht auch die VRC weltweit Kooperationspartner, Fürsprecher und Verbündete für ihre eigenen Interessen.
Zunehmende Kriegsgefahr
Das muss China auch. Als am schnellsten wachsende Wirtschaftsgemeinschaft bedroht die VRC die imperialistische Hegemonialposition der USA sowie die weitreichenden Interessen Großbritanniens, Deutschlands oder auch Japans. Es wurde daher von „westlicher“ Seite zuletzt eine neue Qualität der Konfrontationen eröffnet, mittels Handelssanktionen – Hauptziel ist hierbei gegenwärtig der Technologiekonzern Huawei –, Diffamierungskampagnen und, selbstverständlich, neuer Aufrüstungsverträge für Taiwan. Je mehr sich die USA am absteigenden Ast befinden – und die begonnene kapitalistische Krise wird dies beschleunigen –, umso mehr wird man im Weißen Haus und im Pentagon geneigt sein, militärische Lösungen zu suchen. Schlussendlich droht ein direkter bewaffneter Großmachtkonflikt zwischen den USA und China, bei dem auch die EU und Russland nicht unbeteiligt blieben. Demgegenüber muss der US-Imperialismus, der mit der NATO die Hauptgefahr für den Frieden auf der Welt darstellt, als das angeprangert werden, was er ist: der größte und verbrecherischste militärisch-industrielle Komplex der heutigen Welt, mit einem riesigen Atomwaffenarsenal und mit einem unberechenbaren Idioten an der formellen Staatsspitze.
Die heurige NVK-Sitzung hatte zudem als akute Notwendigkeit ein neues Sicherheitsgesetz für Hongkong beschlossen. Damit soll imperialistischer Einmischung, gefördertem Separatismus und antichinesischer Subversion, die bis zum Terrorismus geht, entgegengetreten werden. Für jeden anderen Staat wäre es eine Selbstverständlichkeit, dass er auf seinem Territorium für Recht und Ordnung sorgt, doch im chinesischen Fall gebären sich die Imperialisten plötzlich als die vermeintlichen Hüter von Demokratie und Menschenrechten. Dieses Spiel ist leicht zu durchschauen. Offenbar hat man Schwierigkeiten damit, dass einerseits Hongkong nun zur VRC gehört und keine britische Kolonie mehr ist, sowie damit, dass China zunehmend ein wichtiger weltpolitischer Akteur wird, der nicht nach der Pfeife der USA, der NATO und der EU tanzt.
Es gibt einige und gute Gründe, um den so genannten „Sozialismus mit chinesischen Besonderheiten“ skeptisch bis kritisch zu sehen. Doch angesichts der Bedrohungen, Provokationen und Aggressionen der USA und der EU gegenüber der VRC ist es angebracht, klare Position zu beziehen für die Sicherung des Friedens und antiimperialistische Solidarität. Es ist ein „neuer Kalter Krieg“, der gegen die VRC geführt wird, wie es Außenminister Wang Yi bei seiner Rede vor dem Nationalen Volkskongress formulierte. Es steht zu befürchten, dass die Pandemie- und Krisenfolgen diesen anheizen könnten – bis zur heißen, militärischen Konfrontation. Die Sitzung des chinesischen NVK tat gut daran, darüber zu diskutieren, wie dies zu verhindern wäre – oder wie man sich gegebenenfalls verteidigen kann und muss.
Quelle: