Proteste im Libanon
Die wirtschaftliche Lage im Libanon hat sich in den letzten Wochen und Monaten erneut verschärft. Seit fast 30 Jahren ist die Währung des Libanon an den US-Dollar gebunden. In den vergangenen Wochen hat die Währung jedoch stark an Wert verloren. Die offizielle Bindung stand seit 1997 bei 1.507 libanesischen Pfund für einen US-Dollar. Am Schwarzmarkt lag der Wert am Freitag bei rund 6.000 libanesischen Pfund für einen US-Dollar.
Dies hat große wirtschaftliche Auswirkungen. Einerseits, weil der Libanon stark von Importen abhängig ist, andererseits, weil der US-Dollar und die Landeswährung im Land mehr oder minder auswechselbar verwendet wurden.
Bereits im März setzte die Regierung die Zahlung von Auslandsschulden zum ersten Mal in der Geschichte aus, nachdem sie bekanntgeben musste, eine Euro-Anleihe in der Höhe von 1,2 Milliarden US-Dollar nicht bedienen zu können.
Die von Hassan Diab gebildete Regierung steht vor großen Herausforderungen, denn neben der jüngsten wirtschaftlichen Verwerfung gibt es im Libanon eine große Kluft zwischen Arm und Reich. Eine kleine, reiche Elite steht einer großen Masse an verarmten Menschen gegenüber. Ministerpräsident Diab, der im libanesischen Parlament über keine Hausmacht verfügt, hatte sich an den Internationalen Währungsfonds gewandt und am 1. Mai einen Kredit in der Höhe von 10 Milliarden US-Dollar beantragt. Unterstützung dafür kam von den USA und deren Botschafterin Dorothy Shea – allerdings unter der Bedingung von Reformen und finanziellen Kürzungen zu Lasten der bereits jetzt verarmten Bevölkerung.
Proteste gegen die Regierungspolitik
Bereits im vergangenen Jahr hatte es über Wochen heftige Proteste im Libanon gegen die damalige Regierung gegeben. Diese war von Saad Hariri geführt worden und war einer westlichen Ausrichtung des Libanon gefolgt. Nach den Protesten musste die damalige Regierung zurücktreten. Nach monatelanger Auseinandersetzung im libanesischen Parlament wurde schließlich die am 21. Jänner von Diab geführte Regierung angelobt.
Die Libanesische Kommunistische Partei (LCP) kritisierte die Pläne der Regierung. Sie hielt fest, dass sie „die gegenwärtige Regierung (…) als eine Fortsetzung der früheren Regierungen in ihren Herangehensweisen an die Probleme des Landes“ betrachtet. Sie betont, dass das gesamte politische System im Libanon, dessen Produkt auch die gegenwärtige Regierung ist, die Bedürfnisse der Arbeiterklasse und des Volkes nicht befriedigen kann. Die LCP ruft „alle Gruppen, die aktiv am Aufstand vom 17. Oktober teilgenommen haben, dazu auf, ihre Kräfte zu bündeln, um den Kampf für einen bürgerlichen und demokratischen Staat fortzusetzen.“
Auch die Hisbollah, eine der größten politischen Parteien des Landes, kritisiert die Regierungspolitik, hält allerdings fest, dass sie das politische System des Libanons in keiner Weise in Frage stellt. Sie würde gegenüber der Orientierung auf den Internationalen Währungsfonds eine Orientierung auf China bevorzugen.
Seit Tagen kommt es nun im Libanon trotz der aufgrund der Corona-Pandemie verhängten Ausgangssperren zu Protesten auf den Straßen. Tausende Menschen wollen sich mit der sozialen und politischen Lage im Land nicht mehr abfinden, zum Teil werden Barrikaden errichtet und sich der Polizei entgegengestellt.
Quellen: AJ / Telesur / jW / LCP
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