Serbiens KommunistInnen gegen „undemokratischstes Wahlrecht Europas“
Die Kandidatur der NKPJ zur Wahl Ende Juni wackelt. Notare verweigerten vielerorts Zusammenarbeit. Vorwahlkampf war von faschistischen Attacken überschattet.
Die Neue Kommunistische Partei Jugoslawiens (NKPJ) übergab am Freitag tausende Unterstützungserklärungen für die Parlamentswahl am 21. Juni. Generalsekretär und Spitzenkandidat Aleksandar Banjanac erklärte vor JournalistInnen bei der nationalen Wahlkommission (RIK), er kenne die genaue Zahl der beglaubigten Unterschriften nicht. Auch der Zweitplatzierte Aleksandar Ðenić konnte nicht bestätigen, ob die Hürde von 10.000 Unterschriften erreicht sei.
Das ist die Marke, die in der Republik Serbien mit ihren gut 5 Mio. Wahlberechtigten gilt. Zum Vergleich: In Österreich mussten wahlwerbende Listen 2019 gerade mal 2.600 Erklärungen einbringen – oder die Unterschriften von drei Nationalräten. Österreich hat aber eine größere Bevölkerung und mehr Wahlberechtigte als der Balkanstaat.
Banjanac kritisierte die serbische Marke daher und bezeichnete sie als „wohl undemokratischstes Wahlrecht Europas.“ Eine derart überproportionale Zahl gibt es wohl nirgends in der Region, glaubt der Parteichef. „Wenn wir ins Parlament einziehen, werden wir dieses undemokratische Gesetz bekämpfen“, sagte der Spitzenkandidat.
„Einziger Ausgang: Sozialismus“
Die NKPJ will im Bündnis mit ihrer Jugendorganisation – dem Kommunistischen Jugendverband Jugoslawiens (SKOJ) – und SympathisantInnen antreten. Ihre gemeinsame Wahlliste heißt übersetzt „Einziger Ausgang: Sozialismus – NKPJ – SKOJ“. Nun hat sie laut RIK 9.640 Unterstützungserklärungen zu wenig, obwohl sie im ganzen Land sammelte. Oder sind es doch eher 40? Die RIK war sich da in den vergangenen Tagen selbst nicht sicher, warf mit mal zwei‑, mal vierstelligen Beträgen um sich. Jedenfalls wackelt die Kandidatur der NKPJ. Ihr und zwei anderen Listen wurde am Samstag eine lächerliche Gnadenfrist von 48 Stunden gegeben, um die fehlenden Unterschriften einzubringen. Die NKPJ kündigte an, wegen dieser Farce vor das Verfassungsgericht zu ziehen.
Doch die Schikanen begannen früher. Wie Banjanac in der Tageszeitung „Danas“ beklagte, sei das Wahlrecht noch durch „unkorrekte Notare“ verschärft worden. Zur Beglaubigung der Unterschriften hatte man allein in Belgrad 48 Juristen angefragt, von denen nur drei bereit waren, „ihren Job zu machen.“ Die NKPJ meint nun, Unterstützungserklärungen könnten „ohne diese überflüssige Profession“ besser organisiert werden.
Drohungen und Angriffe von Faschisten
Der Vorwahlkampf war indes von faschistischen Angriffen überschattet. Bei einem NKPJ-Infotisch Ende Mai hatten rechte Hooligans zwei Genossinnen in der Belgrader Innenstadt beschimpft. Die Frauen waren in der Einkaufsmeile Knez Mihajlova, wo sie Aufrufe für die Unterschriftenkampagne verteilten, als die Schläger vorbeikamen und sie einzuschüchtern versuchten. Sie brüllten die Frauen an und warfen NKPJ-Flyer durch die Luft. Die Frauen konnten die Männer selbst vertreiben. Eine Polizeistreife reagierte nicht auf ihre Bitten, das Trio dingfest zu machen.
Schon im Frühjahr berichtete Aleksandar Ðenić von Drohungen seitens der neofaschistischen Tierschutzgruppe „Levijatan“. Die antiziganistische und islamophobe Organisation schießt sich seit Monaten auf alles „kommunistische“ ein, was demnach die Prinzipien der serbischen Orthodoxie verrät. Dazu gehören für sie Satanisten genauso wie Liberale und der SKOJ. Ðenić erhielt als SKOJ-Vorsitzender mehrere anonyme Morddrohungen eines dezidierten „Levijatan“-Anhängers. Pavle Bihali, der Führer der Gruppe, will davon nichts wissen – und fällt trotzdem durch immer mehr wirre Facebook-Filmchen gegen den SKOJ und andere politische Gegner auf.
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