Im Belagerungszustand
In Portland und anderen Großstädten der USA reißen die seit Wochen andauernden Proteste nicht ab. Für neue Empörung sorgt vor allem der Einsatz von Bundespolizeieinheiten, die mit äußerster Brutalität gegen die Demonstrierenden vorgehen. Am vergangenen Wochenende wurden sie auch nach Seattle entsandt.
Nun hat Trump die Eskalation noch eine Stufe höher gedreht. Am Montag dieser Woche drohte er – natürlich über sein Lieblingsmedium Twitter – Demonstranten, die das Bundesgericht in Portland oder „irgendein Bundesgebäude in jeglicher Stadt und jeglichem Staat“ angreifen, mit einer Verurteilung nach dem „Statues & Monument Act“, dem kürzlich erlassenen Gesetz zum Schutz von Statuen und Denkmälern. Minimalstrafe: Zehn Jahre Haft.
Aus dem Mark-Hatfield-Gerichtsgebäude in Portland heraus, auf das sich Trump bezieht, hatten die Bundestruppen in den vergangenen Tagen immer wieder Protestierende angegriffen. Mütter aus Portland hatten darauf mit einer „Wall of Moms“ (Mauer der Mütter) reagiert. In Gelb gekleidet, mit wenig mehr als Fahrradhelmen und Knieschonern zum Schutz gegen die Prügelattacken der Bundeseinheiten, versuchten sie, in Ketten die Demonstranten zu schützen.
Der kommissarische Heimatschutzminister, Chad Wolf, verteidigt weiterhin den Einsatz der kaum zu kontrollierenden Einheiten. Portland befinde sich im Belagerungszustand durch linke Randalierer. Das animierte die Zeitung „The Oregonian“, die Menschen von Portland um die Einsendung von Bildern des „Belagerungszustands“ zu bitten – eingesandt wurden Bilder von Bauernmärkten, Spaziergängern mit Hund und Picknicks im Park. Eindeutig werden die Bundeseinheiten für die nächtlichen gewalttätigen Auseinandersetzungen verantwortlich gemacht. Wolf kündigte „zusätzliche Maßnahmen“ an, die im Laufe dieser Woche ergriffen werden sollen. Man werde nicht mehr hinnehmen, dass Kräfte des Bundes angegriffen werden. Details nannte er bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe von UZ nicht.
In den letzten Wochen hatte Trump mit dem Einsatz seiner Bundestruppen in weiteren Städten gedroht, so unter anderem New York, Chicago, Oakland, Kansas City und Albuquerque. Nach der Ankündigung schlossen sich vier kalifornische Bürgermeister – Libby Schaaf aus Oakland, Eric Garcetti aus Los Angeles, Darrell Steinberg aus Sacramento und Sam Liccardo aus San José – den Bürgermeistern von Portland und zehn weiteren US-Städten an und richteten einen eindringlichen Protest an den US-Generalstaatsanwalt William Barr und Heimatschutzminister Wolf.
Der Protestbrief, der auch von den Bürgermeistern von Seattle, Atlanta, Chicago, Washington DC, Boston, Philadelphia, Denver, Tucson, Phoenix und Kansas City unterzeichnet wurde, bezeichnete die Einsätze der Bundeseinheiten als „beispiellos“. Sie verstießen gegen „grundlegende verfassungsmäßige Schutzmaßnahmen und Grundsätze des Föderalismus“. Dieser Machtmissbrauch dürfe nicht fortgesetzt werden. „Der Einsatz von Bundestruppen in den Straßen unserer Gemeinden wurde weder beantragt, noch ist er akzeptabel … Wir fordern Sie dringend auf, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, um Ihre Truppen abzuziehen.“
Nachdem Trump das Management der Corona-Krise komplett entglitten ist und auch noch der für August in Florida geplante Nominierungsparteitag abgesagt werden musste, versucht er nun, den Fokus seines Wahlkampfs auf hartes Durchgreifen gegen Links zu setzen. Ob er damit von mehr als 150.000 Corona-Toten und mehr als 17 Millionen Arbeitslosen ablenken kann, bleibt zu bezweifeln.
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