Verbrannte Erde
Die Flammen, die das Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos vernichtet haben, werfen ein bezeichnendes Licht vor allem auf die Flüchtlingspolitik der Europäischen Union. Mag sein, daß die Flüchtlinge den Brand gelegt haben, um dem menschenunwürdigen Lager entkommen zu können – mag sein, daß die Brandstifter unter den griechischen Bewohnern der Insel zu suchen sind. In beiden Fällen ist die Schuld bei der EU zu suchen und bei den Führungen derjenigen EU-Staaten, die für die Flüchtlingspolitik des Staatenbundes die größte Verantwortung tragen.
Die Menschen, die sich auf den beschwerlichen, oft lebensgefährlichen und zuweilen auch sehr kostspieligen Weg nach Europa gemacht haben, wollen vor allem ein Leben im Elend hinter sich lassen. Viele der Flüchtlinge mußten ihre Behausungen verlassen, weil in ihrem Land, in ihrer Region, ihrer Stadt oder ihrem Dorf Krieg herrscht. Die Kriege allerdings, die eine derartige Massenflucht erzeugen, sind ohne Ausnahme auch eine Folge einer EU-Politik, die entweder die Sicherung von Rohstoffquellen und Transportwegen zum Ziel hat, oder den Sturz eines unliebsamen Regimes.
Die elende Lage vieler Menschen wird auch durch die Sanktionen verursacht, die von der EU, von den USA oder von beiden im Gleichschritt verhängt werden, um politische Ziele oder die Interessen von Banken und Großkonzernen durchzusetzen – oft genug besteht dabei keinerlei Unterschied. Auch die Wirtschafts- und Handelspolitik des »Westens«, die ausschließlich auf eigene Vorteile ausgerichtet ist und Nachteile in den Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas billigend in Kauf nimmt, hat einen großen Anteil an Fluchtbewegungen. Die Aufzählung der Ursachen ließe sich mit vielen Details fortsetzen…
Alle schönen und angeblich gut gemeinten Beteuerungen der EU-Anführer über die »Bekämpfung der Fluchtursachen« richten sich jedoch nicht an diese tatsächlichen Ursachen. Viel Wert wird stattdessen gelegt auf die Bekämpfung von Schleusern, die zwar mit dem Elend der Menschen ihr schmutziges Geschäft betreiben, dieses Elend jedoch nicht verursacht haben. Ebensoviel Wert wird auf die Abschirmung der Außengrenzen der EU gelegt, mit Zäunen aus NATO-Draht, mit Flotten von größeren und kleineren Kriegschiffen, mit massiver Aufrüstung der Grenztruppen. Das ist keine Flüchtlingspolitik, sondern Flüchtlings-Abwehr.
Teil dieser Abschottungspolitik ist der »Flüchtlingspakt« der EU mit dem Aggressorstaat Türkei, der mit seinen Militäraktionen außerhalb des eigenen Hoheitsgebietes selbst sehr viel zu Fluchtursachen beiträgt. Während dem Regime des Autokraten Erdogan bereits mindestens sechs Milliarden Euro aus unseren Steuergeldern zugeschanzt wurden, auf daß die Flüchtlinge auf türkischem Gebiet von der Weiterreise in die EU gehindert werden, stehen vor allem Griechenland, Italien und Spanien ohne eine annähernd wirksame Hilfe seitens der EU vor wachsenden Problemen durch immer mehr ankommenden Flüchtlinge.
Nein, die Lösung des Problems wäre nicht, alle Flüchtlinge und Migranten, die auf der Flucht oder »nur« auf der Suche nach einem (vermeintlich) besseren Leben sind, unbegrenzt einreisen zu lassen. Allerdings wäre es ein Gebot der Menschlichkeit, zumindest denen zu helfen, die mittellos und schutzlos aus dem Lager Moria vertrieben wurden oder in ähnlichen Lagern hausen müssen.
Die einzige wirksame Lösung kann nur darin bestehen, die Kriege ein für allemal zu stoppen, Sanktionen aufzuheben und die Politik der wirtschaftlichen Ausplünderung zu beenden. Die EU als Trägerin des Friedensnobelpreises steht dabei in der Pflicht.
Uli Brockmeyer
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