Außenministerium Russlands zu Aussagen von Bundesaußenminister Heiko Maas am 7. Oktober 2020
Die propagandistische Attacke gegen Russland, die sich in Deutschland im Hinblick auf den Fall Nawalny fortsetzt, lässt nicht nach. Diesmal wurden weitere Anschuldigungen, Drohungen und Unterstellungen vom Bundesminister des Auswärtigen Heiko Maas während der Regierungsbefragung im Deutschen Bundestag am 7. Oktober 2020 zur Sprache gebracht.
Neben bereits üblich gewordenen Ultimaten wiederholte Heiko Maas für die deutschen Bundestagsabgeordneten eine Reihe von Fragen rund um den Fall Nawalny, die nach seiner Einschätzung bis heute nicht beantwortet worden seien. Wenn ein Bundesminister es für möglich hält, seine Besorgnisse nicht über diplomatische Kanäle, sondern bei seinem Auftritt im Bundestag zum Ausdruck zu bringen, werden wir ihm auch öffentlich antworten, um eventuelle Verzerrungen von deutscher Seite zu vermeiden.
Erstens. Wir bekräftigen offiziell, dass die gesamten chemischen Waffen, die Russland besaß, unter strengster internationaler Kontrolle vernichtet wurden. Dieser langwierige Prozess wurde am 27. September 2017 abgeschlossen. Am 11. Oktober desselben Jahres bestätigte der Generaldirektor des Technischen Sekretariats der OVCW die endgültige Vernichtung von Chemiewaffen in Russland. Was den Nervenkampfstoff anbelangt, der im Westen als Nowitschok bezeichnet wird, so wurden seine Struktur und Massespektrum zum ersten Mal 1998 in die Datenbank des National Institute of Standards and Technology (NIST 98) eingetragen. Es ist bemerkenswert, dass die Daten zu dieser Substanz durch ein Forschungszentrum des Verteidigungsministeriums der USA geliefert wurden. Später wurde auf Basis der erwähnten Verbindung eine ganze Gruppe toxischer Chemikalien entwickelt, die unter das Übereinkommen über das Verbot chemischer Waffen (CWÜ) nicht fallen. Damit beschäftigte man sich neben den USA noch in wenigstens 20 westlichen Ländern. Nowitschok ist also eine rein westliche Marke. In diesen Ländern sind etwa 140 Varianten dieser Substanz synthetisiert und vorhanden. Wir verfügen über diese nicht.
Zweitens. Bei den in Omsk durchgeführten Untersuchungen der Bioproben von Alexej Nawalny wurden keine Spuren der Vergiftung durch einen Nervenkampfstoff nachgewiesen. Die Ärzte der Charité fanden diese auch nicht. Dafür entdeckten sie die deutschen Militärs. Fast nach einer Woche.
Drittens. Wir unterstreichen noch einmal, dass ein Strafverfahren im Fall Nawalny angestrengt werden kann, wenn die Tatsache einer gegen ihn begangenen Straftat nachgewiesen wird. Um entsprechende Verfahrensschritte einleiten zu können, werden Befunde des Patienten benötigt, die seine Vergiftung erweisen. Die deutsche Seite weigert sich jedoch, uns diese zu übergeben. Eine Anzeige hinsichtlich einer mutmaßlichen Straftat, die der Geschädigte selbst oder seine gesetzlichen Vertreter erstatten können, reicht nicht aus. Auf der Grundlage der Anzeige wird nur die Vorermittlung durchgeführt.
Mit Blick darauf sehen wir uns gezwungen, den Bundesminister des Auswärtigen zu korrigieren. Vier Rechtshilfeersuchen der Generalstaatsanwaltschaft Russlands, die bisher ohne Antwort bleiben, trotz der Versprechen von Heiko Maas, diese vorzulegen, betreffen nicht nur die Übergabe der Befunde und die Gewährung des Zugangs zum Geschädigten für dessen Befragung. Nicht weniger wichtig ist es, konkrete Details dieses Vorfalls zu klären. Es geht nämlich darum, wie die Wasserflasche, auf der angeblich die Spuren des Nervenkampfstoffes entdeckt wurden, aufgetaucht ist und wie sie aus Russland transportiert wurde. Genauso bedeutsam sind die Möglichkeit, Maria Pewtschich, die in Großbritannien wohnhaft ist und Alexej Nawalny auf seiner Reise begleitete, zu befragen, und andere Aspekte, insbesondere die Klärung bezüglich der aus Deutschland eingegangenen Falschmeldung über die Verminung des Omsker Flughafens in dem Zeitpunkt, als das Flugzeug mit Alexej Nawalny dort landete. Wir bestehen darauf, dass Deutschland seinen Verpflichtungen aus dem Europäischen Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen und einschlägigen Zusatzprotokollen nachkommt.
Die deutsche Seite muss Erklärungen liefern, ungeachtet ihres hartnäckigen Unwillens, dies zu tun. Die bisherigen Ausreden werden nicht akzeptiert. Sie sind nicht überzeugend.
Was die Aussage von Heiko Maas anbetrifft, russische Vorwürfe gegen Deutschland und die OVCW seien absurd, so sind derartige Äußerungen empörend und halten keiner Kritik stand. Alles, was wir uns wünschen, ist rechtliche, technische und organisatorische Unterstützung sowohl im bilateralen deutsch-russischen Format, als auch im Rahmen der OVCW im Interesse einer umfassenden, objektiven und unvoreingenommenen Untersuchung aller Umstände des Falls Nawalny. Uns interessiert durchaus, wer hinter dieser von Anfang an orchestrierten antirussischen Provokation steht. Dennoch wird uns mit aggressiver Rhetorik und offensichtlicher Faktenmanipulation geantwortet.
Ein weiteres Mal rufen wir Deutschland auf, eine enge, offene und ehrliche Zusammenarbeit mit Russland im Fall Nawalny zu beginnen.
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