Nichts ist verheilt
Krisen wie die akute erhellen, was ansonsten eher unterbelichtet bleibt. Der Staat ist der Garant zur Aufrechterhaltung kapitalistischer Betriebsabläufe. Geraten die ins Stocken, springt er fürsorgend ein. Wo und wie er interveniert, zeigt an, was unter den herrschenden Bedingungen wirklich von Bedeutung ist. Man kümmert sich zuvorderst um die Nöte derer, die in ihren Betrieben die Mehrwertabschöpfung ihrer lohn abhängig Angestellten besorgen. Das gilt auf allen Ebenen. Anfang April stellte der Berliner Senat einen Nachtragshaushalt über drei Milliarden Euro vor.
Der allergrößte Teil, 2,6 Milliarden Euro, soll für Wirtschaftshilfen fließen, ließ Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) wissen. Teil des ergänzenden Etats ist ein neues Hilfspaket für Unternehmen mittlerer Größenordnung, also mit einer Zahl zwischen zehn und 50 Mitarbeitern. Bereits bis zum 31. März hatte der Senat an 83.000 kleine Unternehmen mit mehr als zehn Mitarbeitern Geld in Höhe von rund 800 Millionen Euro verteilt.
Den Vertretern der Wirtschaft, die sich Staatseingriffe üblicher weise verbitten, reicht das längst nicht. Beatrice Kramm, die Präsidentin der Industrie- und Handelskammer zu Berlin (IHK), sprach nach der Vorstellung des Etatentwurfs von einer »schallenden Ohrfeige für die mittelständischen Unternehmen«. Der Senat nehme sehenden Auges in Kauf, »dass viele mittelständische Betriebe das von der Politik verordnete künstliche Koma nicht überleben«. Kollatz signalisierte eilfertig Entgegenkommen, vorausgesetzt der Bund greife dem Land unter die Arme: eine Aufstockung des Pakets sei möglich.
So rettet der Staat dem Kapital seine Kommandogewalt über Arbeit und Leben der Gesellschaft. Doch hat irgendjemand im Zusammenhang mit der laufenden Krise irgendwann von der Politik vernommen, die Abschaffung des Hartz-IV-Regimes oder eine volle Lohnfortzahlung für alle Arbeiter und Angestellten seien eine gute Idee? (brat)
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