23. November 2024

Eine weitere Waffe im Krieg

Die Verlängerung der EU-Sanktionen im Juni und der Cesar-Act, der erweiterte Sanktionsbeschluss der USA, der ebenfalls im Juni in Kraft trat, sind die letzten Meilensteine im Krieg gegen Syrien. Explizit gehören zum Ziel der US-Sanktionen alle diejenigen, die sich am Wiederaufbau des Landes beteiligen und dadurch „Profit aus dem Konflikt“ gewinnen. Die Sanktionen ersticken Wirtschaftstätigkeit und Bankgeschäfte. Die Folge: hohe Inflationsraten.

Die syrische Währung verfällt, statt das Land nach den Jahren des Krieges wieder aufzubauen, geht es für die Menschen in Syrien ums nackte Überleben. Ersparnisse wurden aufgezehrt, Wertgegenstände mussten verkauft werden, nur um das tägliche Brot zu sichern. Entwicklungsstörungen bei Kindern wegen mangelhafter Ernährung gehören zu den langfristigen Folgen.

Im letzten Jahr allein sind die Preise für Grundnahrungsmittel um 200 Prozent gestiegen, das World Food Programme (WFP) berichtet, dass die Preise eines Warenkorbs heute 20-mal höher liegen als vor dem Krieg.

Die Sanktionen der USA und der EU gegen Syrien gehören zu den weitestreichenden Strafmaßnahmen, die je verhängt wurden. Es ist eine Blockade, die ein ganzes Land betrifft. Hunger und Not – das sind die Folgen. Beobachter und Hilfsorganisationen betonen immer wieder, dass die Sanktionen die Bevölkerung eines Landes treffen. Wohlklingende Worte sollen das verschleiern. Der „Cesar-Act“, der den Wiederaufbau Syriens verhindern soll, heißt „Gesetz zum Schutz der Zivilbevölkerung“. Und die EU verlängert die Sanktionen und bewundert dabei die Standhaftigkeit der syrischen Bevölkerung angesichts der katastrophalen Lage – einer Katastrophe, die sie mit ihren Sanktionen verursacht.

USA wie EU behaupten, von ihren Sanktionen wären Hilfsmaßnahmen ausgeschlossen. Zwar werden ausländische Nahrungslieferungen nach Syrien von den Sanktionen nicht betroffen, dafür aber jeder Versuch, die Wirtschaft in Syrien wieder in Gang zu setzen, das Gesundheitswesen und die Infrastruktur wiederherzustellen.

Die Covid-19-Pandemie hat eine neue Gefahr für Syrien gebracht. Das Gesundheitswesen Syriens war vor dem Krieg vorbildlich. Krieg und Sanktionen haben es geschädigt, jetzt überlastet es die Pandemie. Im März hatte UN-Generalsekretär António Guterres die Aufhebung der Sanktionen nicht nur gegen Syrien verlangt, um den Zugang zu Nahrungsmitteln, lebensnotwendigen Gesundheitsgütern und medizinischer Unterstützung im Rahmen von COVID-19 zu gewährleisten. Und damit übrigens die Behauptungen von EU und USA, ihre Sanktionen würden die Zivilbevölkerung nicht treffen, mit der Realität konfrontiert.
Im Juni hatte die Fraktion der Linkspartei im Bundestag in einem Antrag versucht, die Sanktionen durch Deutschland zu beenden. Zur Begründung hieß es unter anderem: „Der Wiederaufbau in Syrien ist eine Voraussetzung für die Demokratisierung des Landes.“ Wie zu erwarten war, wurde der Antrag von allen anderen Parteien abgelehnt.

Am 11. September nahm die UN-Generalversammlung eine Resolution zum Kampf gegen die Pandemie an. Dort heißt es im Abschnitt „Gemeinsamer Schutz“ im Punkt 20: „(Die Vollversammlung) fordert alle Staaten auf, keine einseitigen ökonomischen, finanziellen oder Handelsmaßnahmen anzuwenden, die nicht mit dem internationalen Recht oder der Charta der Vereinten Nationen vereinbar sind …“

Die Formulierung gegen die Anwendung von einseitigen Sanktionen war vom kubanischen Vertreter eingebracht worden und wurde mit 84 Ja-Stimmen angenommen, bei 13 Gegenstimmen und 60 Enthaltungen.

Dieser einzelne Passus hinderte die Staaten der EU nicht daran, der Resolution insgesamt zuzustimmen. Sie ist sowieso nicht bindend und sie ignorieren sie einfach. Die Sanktionen gelten weiter – ein Krieg mit anderen Waffen.

Quelle:

UZ – Unsere Zeit

Syrien