Trauer und Wut bei Beschäftigten von Galeria Karstadt Kaufhof
Mit zahlreichen Aktionen wollen die Beschäftigten der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH (GKK) am Samstag (17. Oktober 2020) auf die ersten 35 Filialschließungen des Konzerns aufmerksam machen, die mit diesem Tag ihren Ausverkauf beenden und für die Kundschaft die Tore schließen. „Die Beschäftigten haben alles getan, um die Häuser zu erhalten. Viele von ihnen werden nun wegen des Missmanagements der bisherigen Geschäftsleitung ihrer Existenzgrundlage beraubt“, kritisiert der für den Einzelhandel zuständige Bundesfachgruppenleiter der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) Orhan Akman das Unternehmen, das in den kommenden Wochen mehrere tausende Beschäftigte entlässt.
„In die Trauer um die Jobverluste mischt sich daher auch berechtigte Wut der Kolleginnen und Kollegen auf die derzeitige Unternehmensleitung“, so Akman. Es sei längst an der Zeit gewesen, angesichts der Misswirtschaft des angeschlagenen Konzerns eine neue Führungsmannschaft zu installieren, die sich erst beweisen müsse, kommentierte Akman Medienberichte über eine kurz bevorstehende Personalveränderung an der Spitze.
ver.di und die Betriebsräte hatten mit den Beschäftigten bis zuletzt hartnäckig um den Erhalt von Filialen und Arbeitsplätzen gekämpft und dazu lokale Bündnisse mit vielen betroffenen Städten und deren Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeistern geschlossen. „Alle Schließungen konnten wir nicht verhindern. Aber von den ursprünglich 62 Filialen auf der Schließungsliste, konnten wir 21 Häuser, also ein Drittel, retten. Das war ein Kraftakt, den wir mit vielen gewerkschaftlichen Aktionen und einem großen Bündnis hingekriegt haben“, so Akman.
Von den nunmehr 41 verbliebenen GKK-Schließungsfilialen sollen 35 zum 31. Oktober 2020 und sechs Filialen zum 31. Januar 2021 geschlossen werden. Insgesamt verlieren durch die Schließungen in den GKK-Filialen rund 2.500 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz. Mehr als 1.800 wechseln in die tarifvertraglich vereinbarten Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften. Rund 250 Beschäftigte verlieren auch bei Karstadt-Feinkost ihren Job; etwa 140 von ihnen wechseln in eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft. Von den ursprünglichen 24 Schließungsfilialen bei Karstadt-Feinkost sollen zum Ende Oktober nunmehr 14 von 50 geschlossen werden.
Völlige Verantwortungslosigkeit im Umgang mit den Beschäftigten attestiert Akman der GKK-Geschäftsführung mitsamt den Insolvenzverwaltern im Umgang mit Karstadt-Sports. Die Forderung nach einer Transfergesellschaft für die Beschäftigten dort wurde gänzlich abgelehnt. „Das ist eine unwürdige Behandlung der Beschäftigten bei Karstadt-Sports. So geht man mit Menschen nicht um,“ wirft Akman der Arbeitgeberseite vor. Bei Karstadt-Sports werden 15 von 31 Filialen im Laufe des Oktobers geschlossen und rund 500 Beschäftigte gekündigt.
Scharfe Kritik äußert Akman gegenüber dem Hauptaktionär der Muttergesellschaft des Handelskonzerns, der SIGNA GmbH: „Tausende Beschäftigte werden im Handelskonzern gekündigt. Im gleichen Atemzug hat sich der Mehrheitsanteilseigner René Benko aber ausgerechnet dieses Jahr rund 100 Millionen Euro Dividenden ausschütten lassen.“ Es zeige sich einmal mehr, wie unmenschlich der Finanzmarkt funktioniere: „Die Dividenden steigen, wenn Menschen ihre Arbeit verlieren. Das ist pervers“, so Akman. Österreichische Medien hatten zuletzt über die überdurchschnittlich hohen Ausschüttungen des SIGNA-Konzerns in diesem Jahr berichtet.
Die Arbeit der neuen, fünfköpfige GKK-Geschäftsführung, die Medienberichten zur Folge ab November ihre Tätigkeit aufnehmen soll, „werde sich daran messen lassen müssen, wie schnell sie einen glaubwürdigen Kurswechsel einleitet und die Fortführungsfilialen mit zukunftsorientierten Konzepten zu einem wirtschaftlichen Erfolg sowie einer nachhaltigen Sicherung von Arbeitsplätzen führen kann. Das kann nur gelingen, wenn Beschäftigte und Betriebsräte an den Entscheidungen und Prozessen beteiligt werden“, so Akman. „Der zeitliche Handlungsdruck ist enorm. Es gibt keine Zeit zu verlieren“, weist der ver.di-Gewerkschaftssekretär die Zukunft des Handelskonzerns.
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