Föderale Konzeptlosigkeit
GEW zum Beschluss der Kultusministerkonferenz zu Schulöffnungen
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) wirft der Kultusministerkonferenz (KMK) vor, bis heute kein schlüssiges Konzept vorgelegt zu haben, wie Gesundheitsschutz für alle an Schule Beteiligten und das Recht der Schülerinnen und Schüler unter einen Hut zu bringen sind. Zudem bleibe dem „föderalen Allerlei“ Tür und Tor geöffnet. „Die KMK kennt nur ein Ziel: Die Schulen so schnell wie möglich zu öffnen – egal wie und zu welchem Preis. Das ist verantwortungslos. Gegenüber den Lehrkräften, den Kindern und Jugendlichen sowie deren Familien. Ja, die Inzidenzzahlen sinken. Diesen Erfolg, für den sich die meisten Menschen in unserer Gesellschaft stark eingeschränkt haben, sollten wir jetzt aber nicht leichtfertig durch ein überstürztes Öffnen der Schulen wieder gefährden. Zudem kann im Moment niemand seriös einschätzen, welche Gefahren von den Mutationen des Corona-Virus‘ ausgehen“, sagte GEW-Vorsitzende Marlis Tepe am Dienstag in einer ersten Reaktion auf den heute bekannt gewordenen Beschluss der KMK zur Öffnung der Schulen ab dem 15. Februar. Tags zuvor hatte auch Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) ein Konzept vorgelegt. Dessen größte Schwäche sei, so Tepe, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht an Inzidenzwerte gekoppelt seien.
Die GEW-Vorsitzende mahnte, dass die Schulen jetzt endlich eine klare Strategie und einen bundesweit einheitlichen, verlässlichen Stufenplan brauchten. Dieser müsse vorgeben, bei welchen Inzidenzwerten welche Maßnahmen ergriffen werden sollen. Auf dieser Grundlage hätten die Länder dann mit Blick auf das Infektionsgeschehen vor Ort die Möglichkeit, flexibel zu agieren. „Die GEW schlägt vor, ab einem Inzidenzwert von über 50 Neuinfektionen auf 100.000 Menschen in einer Woche in einer Kommune auf Wechselunterricht, ab über 100 auf Fernunterricht umzustellen. Liegt der Inzidenzwert unter 50 Neuinfektionen sollen sich die Schulen auf Grundlage der Empfehlungen des Robert Koch-Instituts (RKI) wieder auf die Öffnung vorbereiten. Die Öffentlichkeit hat die Hoffnung verloren, dass die Konsensfindung beim Gipfel von Kanzlerin und Ministerpräsidenten lange hält. Wenn die Länder dann wieder nach Gusto und beflügelt von der eigenen Bildungshoheit entscheiden, sollten sie mindestens bedenken, dass Schulöffnungen Vorlaufzeit brauchen. Entscheidungen am Freitag, die am Montag vor Ort umgesetzt werden sollen, sind zum Scheitern verurteilt“, betonte Tepe. „Zudem muss eine verlässliche, realitätstaugliche Teststrategie entwickelt werden. Dazu gehört, dafür zu sorgen, dass einfache Gurgeltest flächendeckend einsetzbar sind.“ Mit diesem Weg gewinne die Politik Vertrauen und Akzeptanz der Menschen für Beschlüsse zur schrittweisen Öffnung der Schulen.
Tepe warb noch einmal eindringlich für den Wechselunterricht. Dieses Modell ermögliche, Gesundheitsschutz und Recht auf Bildung miteinander zu verbinden. Mit dem Wechselunterricht könnten die Schulen auf unterschiedliche Herausforderungen entsprechend der personellen und räumlichen Situation vor Ort Lösungen anbieten. Entscheidend sei, dass feste Gruppen gebildet werden, die Zahl der Schülerinnen und Schüler in den Klassen halbiert und der Schulweg mit Abstand gesichert wird. So könne das Infektionsrisiko für Lehrkräfte, Lernende und deren Familien gesenkt werden. Gleichzeitig könnten die Lehrerinnen und Lehrer regelmäßig Kontakt zu allen Schülerinnen und Schülern halten. „Damit ist der Wechselunterricht ein sehr wichtiges Instrument, weitere Benachteiligungen insbesondere von Kindern und Jugendlichen zu verhindern, die im Elternhaus nicht die Unterstützung bekommen können, die notwendig ist“, unterstrich die GEW-Vorsitzende. Der Wechselunterricht dürfe allerdings nicht dazu führen, dass „Lehrkräfte morgens im Präsenz- und nachmittags im Fernunterricht arbeiten. Das ist nicht zu stemmen. Die Lehrkräfte, aber auch die Eltern, die bei der Betreuung und Unterstützung ihrer Kinder während des Wechselunterrichts stark unter Druck stehen, müssen entlastet werden“.
Quelle: GEW – GEW: „Föderale Konzeptlosigkeit“