4. Dezember 2024

„Prämie von 500 Euro ist ein Witz“

Metall-Info der DKP Stuttgart-Nord

Metall-Kolleginnen und –kollegen wehren sich mit Streiks gegen Verzichtsforderung und Angriffe von Südwestmetall Nichts zu verteilen?

Auch die 4. Verhandlungsrunde ging ergebnislos vorbei. Südwestmetall will sich nicht auf die Forderungen der IG Metall einlassen, sondern weiter ihre Angriffe auf die Errungenschaften und das Lohnniveau durchzocken. Ihre Fehleinschätzung: die Kolleginnen und Kollegen könnten in der Corona-Pandemie nicht für ihre Interessen kämpfen. Doch die letzten Wochen haben eindeutig anderes gezeigt: Schon vor Ende der Friedenspflicht gab es in Baden-Württemberg zahlreiche Aktionen in vielen Betrieben von über 90.000 Metallerinnen und Metaller. Seit Ende der Friedenspflicht Anfang März hat sich die Protestwelle fortgesetzt. In den ersten 9 Tagen gab es mehr als 122.600 Warnstreikende allein im Südwesten, über 400.000 streikten bundesweit. Noch vor Ostern soll es eine fünfte Verhandlungsrunde geben.

Es geht um wesentlich mehr als um Lohnerhöhung und Beschäftigungssicherung

Bei dieser Tarifrunde geht es um wesentlich mehr als um Lohnerhöhung und Beschäftigungssicherung. Das Kapital, vorneweg Daimler-Personalvorstand Winfried Porth, der seit November 2020 auch Chef des Arbeitgeberverbandes Südwestmetall ist, bläst zum Angriff auf die Flächentarife und das Lohnniveau. Beides soll nur noch gelten, wenn es den Betrieben gut geht. Andernfalls soll es automatische Differenzierungen von Tarifregelungen zur Kostenentlastung geben. Dann müsste nicht mal mehr verhandelt werden. Eine Verbetrieblichung der Tarifverträge wollen die Konzernchefs schon seit Jahren. Einheitliche Flächentarife und Löhne, gemeinsame Haltelinien und gleiche Ausgangsbedingungen für die Belegschaften, das alles wäre obsolet. Das zeigt die historische Dimension dieser Angriffe und die Notwendigkeit, ihnen entschlossenen Widerstand entgegenzusetzen.

Wasser predigen und Wein saufen

Seit Monaten tönt es von allen namenhaften Konzernchefs, dass Umsätze und Profite eingebrochen seien und es nichts zu verteilen gäbe. Das Lohnniveau müsse sinken, eine starre 35-Stunden-Woche passe nicht mehr in die Zeit. Doch die Bilanzpressekonferenzen zeigten ein ganz anderes Bild.

Beispiel Daimler: Der Konzern konnte trotz Pandemie seinen Profit massiv steigern, von 4,3 Milliarden Euro 2019 auf 6,6 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Die Aktionäre erhalten für 2020 eine um 50 Prozent höhere Dividende gegenüber 2019. (2019: 90 Cent, 2020: 1,35 Euro). Und für Porth bleibt auch noch was übrig. Er bekommt ein um fast 40 % höheres Gehalt in 2020 – läppische 3,004 Miillionen Euro gegenüber 2,199 Millionen Euro in 2019. Da fällt einem nur noch der abgewandelte Heine Spruch ein: Champagner trinken und Wasser predigen. Zum Jahresende 2020 waren im Daimlerkonzern über 10.000 Beschäftigten weniger an Bord als 2019, allein in Deutschland über 7.000 weniger. Der Konzern sparte sich aber auch Löhne ein wegen Kurzarbeit. Konzernchef Ola Källenius schätzte, dass Daimler auf diese Weise 700 Millionen einsparte. Ein Geschenk der Arbeitsagentur in Höhe von circa 450 Millionen Euro.

Was bleibt für die Kolleginnen und Kollegen?

Ach ja – sie bekommen auch was: 500 Euro Prämie für 2020. Doch verloren haben sie einiges mehr. Die Arbeiterinnen und Arbeiter in der Produktion durch viele Monate Kurzarbeit und die Angestellten durch Kürzung der Arbeitszeit um zwei Stunden pro Woche vom Oktober letztes Jahr bis April 2021 ohne Lohnausgleich. Das waren pro Monat fast 6 Prozent weniger Einkommen. Dagegen ist die Prämie von 500 Euro ein Witz.

Die Kolleginnen und Kollegen haben tagtäglich ihre Gesundheit auf‘s Spiel gesetzt, um den Betrieb am Laufen zu halten. In der Produktion müssen sie Schulter an Schulter arbeiten, unter erschwerten Bedingungen. Das Arbeiten mit Maske ist nicht nur anstrengend, sondern birgt immer auch ein Ansteckungsrisiko. Die Gefahren für die Gesundheit der Beschäftigten werden heruntergespielt. Es wird behauptet, es würden alle notwendigen Hygiene- und Schutzmaßnahmen eingehalten. Dabei soll der Inzidenzwert im Werk fast dreimal so hoch sein wie der Durchschnittswert in Baden-Württemberg. Kollegen erzählen, dass selbst bei Ansteckungen mit der hochansteckenden Virusmutation die Kollegen aus dem direkten Arbeitsumfeld weiterarbeiten, bis auch sie positiv getestet sind. Das heißt, dass die Quarantänevorschrift für Kontaktpersonen nicht eingehalten wird.

In vielen anderen Betrieben sieht es ähnlich aus. Das wurde bei den zahlreichen Protestaktionen der letzten Wochen von Kolleginnen und Kollegen berichtetet. Das Kapital versucht die Gunst der Stunde zu nutzen, um längst geplante Betriebsschließungen, Arbeitsplatzabbau sowie Verlagerungen insbesondere nach Ost-Europa durchzuziehen. Diese Widersprüche sind vielen Kolleginnen und Kollegen bewusst. Sie bringen ihren Unmut und Ärger in den Aktionen zur Tarifrunde zum Ausdruck und brauchen Solidarität. Es gibt viel zu verteidigen und auch viel zu verteilen – und zwar von oben nach unten!

Quelle: UZ – Unsere Zeit – „Prämie von 500 Euro ist ein Witz“

Wirtschaft & Gewerkschaft