Antimilitarismus AG der SDAJ zu den Indo-Pazifik-Leitlinien der Bundesregierung
Kriegsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer behauptet, dass die Indo-Pazifik Region zur Arena globalem Kräftemessens geworden sei und Deutschland dort seine Position markieren müsse. Denn schließlich hätten auch „wir“ dort Interessen. Gegen Ende letzten Jahres beschloss die Bundesregierung nun Leitlinien für den Indo-Pazifik.
Das Verhältnis zwischen den USA und China
Was AKK mit ihrer Aussage zum globalen Kräftemessen meint ist vor allem das Verhältnis zwischen den USA und China. Seit einiger Zeit wächst die chinesische Wirtschaft schneller als die der Vereinigten Staaten. Das entschlossene Pandemie-Management der chinesischen Regierung tut sein Übriges. Die chinesische Regierung genießt auch deshalb einen großen Rückhalt in der chinesischen Bevölkerung. Hinzu kommt das kürzlich vereinbarte größte Freihandelsabkommen der Welt (RCEP) zwischen China und 14 weiteren Staaten im asiatischen und pazifischen Raum. Darüber hinaus expandiert die chinesische Wirtschaft weiterhin. Neben Waren exportiert China auch Kapital in alle Welt: Das Projekt „neue Seidenstraße“ stößt bei den Vereinigten Staaten überhaupt nicht auf Wohlwollen. China gewinnt immer mehr Einfluss in Gebiete, in denen die USA für lange Zeit die Hegemonie inne hatte. Die USA, ökonomisch in der Defensive, fürchten immer mehr um ihre Vormachtstellung in der Welt. Denn zum ökonomischen Wachstum Chinas wird langfristig eine militärische Überlegenheit Chinas hinzukommen.
Deshalb gehen die Vereinigten Staaten militärisch in die Offensive. Zum Wirtschaftskrieg der USA kommt eine militärische Prioritätenverlagerung hinzu. Die USA stützen ihre Militärstützpunkte um China und verlagern ihren militärischen Schwerpunkt vom Nahen und Mittleren Osten in die (Indo-)Pazifik Region. Ungefähr 85 000 US-Soldaten sind in der Region stationiert – ein Großteil in Japan und Südkorea. Zusätzlich führen die USA seit 2020 jedes Jahr das Großmanöver Defender-Pacific durch, bei dem geübt wird etwa 12 000 weitere US-Soldaten innerhalb von circa 30 Tagen in die Region zu verlegen. Außerdem werden im QUAD-Bündnis (Quadrilateral security dialogue), einem Bündnis aus den USA, Japan, Australien und Indien, welches gegen den erklärten Feind China gerichtet ist, schon militärische Zusammenarbeiten im Kriegsfall mit China geprüft. Die USA rüsten sich für einen großen Krieg gegenüber China. In diesem Zusammenhang ist auch die Aufkündigung des INF-Vertrags zu verstehen, der einem Verbot von bodengestützten Mittelstreckenraketen für die USA (und die Sowjetunion) gleichkam. Es scheint als würden sich die Vereinigten Staaten wieder für einen atomaren Erstschlag gegen China rüsten.
Das deutsche Kapital steht zwischen den Stühlen
Für das deutsche Kapital sind diese Entwicklungen von größter Relevanz, denn die größten Handelspartner der deutschen Industrie sind ausgerechnet die USA und China. Das ECFR (European council on foreign relations) warnt vor US-Wirtschaftssanktionen gegen China und Deutschland. Vor allem extraterritoriale Sanktionen, also Sanktionen die die deutsche Bourgeoisie zu spüren bekommen, da sie mit China handelt. Gleichzeitig warnt das ECFR auch davor, dass China seine immer stärker werdende Stellung selbstbewusster nutzen würde und auch trotz der Sanktionen weiter wirtschaftlich wächst, wie jüngst beispielsweise in einem wirtschaftlichen und politischen Konflikt mit Australien.
Das deutsche Kapital steht zwischen den Stühlen. Auf der einen Seite präsentiert sich der deutsche Imperialismus als Junior-Partner der USA im Kampf gegen den „systemischen Rivalen“ China. Auf der anderen Seite kann es nicht auf die Profite im Handel mit China verzichten. Tendenziell stellt sich der deutsche Imperialismus aber auf die Seite des US-Imperialismus.
Der deutsche Weg: Die Indo-Pazifik Leitlinien
Der deutsche Imperialismus möchte aber nicht abhängig von den USA sein und stellt sich teilweise gegen US-Ambitionen. Mit den Indo-Pazifik Leitlinien wurde das bekräftigt.
Schon Mitte 2020 wollte die Bundesregierung eine Bundeswehr Fregatte zur Patrouille in den Indischen Ozean entsenden. Auch wenn diese militärische Unternehmung wegen der Corona-Pandemie vorerst abgesagt wurde wird dennoch fest mit maritimer Präsenz in der Region gerechnet. Die Bundeswehr soll dort zusammen mit „gleichgesinnten Staaten“ arbeiten und Verbindungsoffiziere entsenden. Militärübungen mit Japan, Australien und Taiwan sind angedacht. Festgehalten ist in den Leitlinien, dass man für „Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit eintreten“ wolle. Eine kurze Erinnerung: Die „gleichgesinnten Staaten“ sind nicht gerade das, was man unter mustergültigen Demokratien verstehen kann. So fiel Australien vor allem wegen seiner menschenverachtenden Geflüchtetenpolitik auf und Japan vor allem wegen Aufweichungen des „Pazifismus Artikels“ der Verfassung (ein Produkt der Verfassung von 1947 nach dem zweiten Weltkrieg), enormer Aufrüstung und einem krassen Geschichtsrevisionismus. Außerdem fordert das Kriegstreiber-Institut GIGA (German institute for global and area studies) dass die Bundeswehr auch Präsenz im Südchinesischen Meer zeigen müsse, denn bisher seien nur Einsätze im Indischen Ozean geplant.
In den Leitlinien finden sich aber nicht nur fragwürdige Initiativen um „Frieden, Sicherheit und Stabilität [zu] stärken“. Interessant sind vor allem Ideen um den „Multilateralismus [zu] stärken“ und sich für eine „Wahrung der regelbasierten Ordnung“ einzusetzen. Der deutsche Imperialismus hat ein Interesse an multilateralen Strukturen und möchte nicht zu sehr von den USA abhängig sein, um in der Region agieren zu können. Das bestätigt sich dadurch, dass er versucht sich teilweise gegen den US-Imperialismus durchzusetzen. Beispielsweise forderten die USA die ASEAN (Association of southeast asian nations) Staaten auf sich gegen China zu positionieren. Das stoß bei den ASEAN Staaten jedoch nicht nur auf Zustimmung, und folglich sind nun einige ASEAN Staaten im RCEP Abkommen mit China, statt in einem Freihandelsabkommen mit den USA. Die Bundesregierung bestärkt in diesem Zusammenhang einmal mehr, man müsse sich für eine multipolare Weltordnung einsetzen und stellt sich so gegen konkrete Interessen der USA.
Die dennoch vorhandene (teilweise) Einigkeit mit den USA äußert sich vor allem in der aggressiven Hetze gegen den „systemischen Rivalen“ China. So wundert es nicht, dass sich die Indo-Pazifik Leitlinien an der US-amerikanischen „Free and Open Indo-Pacific“ Militärstrategie orientieren. Auch der deutsche Imperialismus versucht in direkter Nachbarschaft zu China Gegengewichte zu etablieren. Angefangen mit der oben erwähnten militärischen Zusammenarbeit, aber auch wirtschaftliche Zusammenarbeit mit anderen Staaten in der Region ist angedacht. Für die deutsche Bourgeoisie besonders verlockend: Möglicher Kapitalexport in die Niedriglohnalternativen der Region.
Leitlinien als Anlass der Aufrüstung
Seit Jahren steigt der Rüstungshaushalt Deutschlands immer weiter an. Und selbst mitten in einer Pandemie, einer humanitären Katastrophe, in der das Geld im öffentlichen und gesundheitlichen Bereich an allen Ecken und Enden fehlt um den Menschen schnellstmöglich wieder ein gewöhnliches Leben zu ermöglichen, wird der Rüstungshaushalt um eine satte Milliarde erhöht. Auch der deutsche Imperialismus rüstet sich wieder für einen Krieg. Für die deutsche Marine bieten die Leitlinien vor allem Anlass mehr Kriegsschiffe und Aufrüstung zu fordern.
Allerdings gibt es noch einen weiteren entscheidenden Profiteur der Leitlinien: Die Rüstungsindustrie. Denn nicht nur für die deutsche Marine sind große Investitionen absehbar. Deutsche Rüstungskonzerne sollen nämlich vermehrt in den asiatischen und pazifischen Raum exportieren. Australien und Südkorea sind bereits jetzt wichtige Abnehmer deutscher Rüstungsgüter (Marine). Jetzt sollen allerdings noch mehr Länder in der Region in die „Ertüchtigungsinitiative“ einbezogen werden.
Deutsche Weltmacht-Fantasien
Auch wenn die militärische Beteiligung der Bundeswehr im Indischen und Pazifischen Ozean verglichen mit der US-amerikanischen Militäraggression verschwindend gering ist, müssen erneute Weltmachtbestrebungen des deutschen Imperialismus unbedingt auf das Schärfste bekämpft werden. Um mit den Weltmächten USA und China mitmischen zu können braucht der deutsche Imperialismus die EU, die allerdings aufgrund der Vormachtansprüche von sowohl Frankreich als auch Deutschland nicht gerade vor Einigkeit strotzt. Dennoch bietet sich mit der Bundeswehrpräsenz in Mali auch ein gewisses direktes Konfliktpotential mit China, das mit seiner „neuen Seidenstraße“ auch in Afrika aktiv ist.
Auch wenn die Hauptkriegsgefahr nicht von Deutschland, sondern von den USA ausgeht, müssen wir die deutsche Bourgeoisie daran hindern weiter aufzurüsten und gegen China zu hetzen. Denn das führt nur zur weiteren Eskalation im gesamten Konflikt. Die Jugend in Deutschland muss sich entschieden und geschlossen gegen weitere Eskalationen stellen und für mehr Abrüstung kämpfen. Denn wir haben kein Interesse an Krieg und wollen auch nicht noch weitere Milliarden Euro im Militär verbrennen.
Wir fordern:
- Stopp der antichinesischen und antirussischen Hetze
- Frieden mit China und Russland
- Deutschland raus aus der NATO
- NATO raus aus Deutschland: Sofortiger Abzug der US-Atombomben/-Truppen und Stopp mit der nuklearen Teilhabe
- Stopp von PESCO und gegen eine EU-Armee
- Stopp aller Auslandseinsätze der Bundeswehr
- Abrüstung statt Aufrüstung: Geld für Schulen, Ausbildungsplätze, Gesundheit und die Kommunen statt Geld für Panzer, U-Boote, und Krieg
Quelle: SDAJ – Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend – Stellungnahme der Antimilitarismus AG der SDAJ zu den Indo-Pazifik Leitlinien der Bundesregierung