Eine Landkarte der Schande und eine Partei der Schande
Kommentar von Otto Bruckner, stellvertretender Vorsitzender der Partei der Arbeit
Was denkt sich Frau Ministerin Susanne Raab dabei, wenn sie eine „Islam“-Landkarte Österreichs veröffentlicht, auf der wahllos etwa 600 Vereine und Privatpersonen mit Namen und Adressen eingetragen sind? Nichts vermutlich. Denn für das Denken ist sie wohl nicht Ministerin, das zeigen ihre eher peinlichen Auftritte regelmäßig, bei denen sie nur in der Lage ist, von der türkisen PR-Maschinerie vorfabrizierte Skripts herunterzuleiern. Ob auch bei ihrer Bestellung zur Ministerin das Kriterium war, dass sie „lenkbar“ ist, wie es im inneren Zirkel um Kanzler Kurz gerne von Frauen in Spitzenpositionen erwartet wird, wissen wir nicht. Es wäre jedenfalls kein Wunder, wenn es so wäre.
Der Wiener SPÖ-Gemeinderat und Strabag-Betriebsrat Omar Al-Rawi berichtete gestern auf Facebook, dass die Wohnadresse seiner Schwester in dieser Landkarte aufscheint, obwohl sie keine Funktion in irgendeinem Verein bekleidet. Kurz darauf war die Islam-Karte im Internet für zehn Minuten offline, wie Al-Rawi berichtet. Als sie wieder online ging, war seine Schwester nicht mehr auf der Karte. Er hatte vorher keinen Namen und auch keine Adresse seiner Schwester genannt, trotzdem wussten die Leute hinter diesem Machwerk offenbar gleich, wer gemeint ist. Komisch, oder?
Aber was ist das überhaupt für eine Idee, vermeintlich alle religiösen Einrichtungen, die unter dem Islam zu subsummieren sind, öffentlich zu machen und ebenso die Namen und Privatadressen der Vereinsfunktionäre? Teilweise mit falschen Adressen. Das ist die Idee: den Islam pauschal zu diffamieren, oder auch „anzupatzen“, um ein Lieblingswort des Kanzlers zu verwenden. Man kann es auch als Serviceleistung für Neonazis und andere islamophobe Gestalten sehen. Alle Beschmierungen, Vandalenakte und Anschläge auf die genannten Einrichtungen werden ab sofort den schalen Beigeschmack haben, dass diese Karte gute Dienste bei der Auswahl des Ziels leistete. Für Drohungen und Übergriffe gegen dort angeführte Privatpersonen gilt das ebenso.
Diese Karte ist eine Karte der Schande, die Spaltung und Hetze in die Bevölkerung trägt, und die primitivsten Ansichten und Vorurteile eines Teils der Kurz-Wählerschaft bedient.
Gleichzeitig wähnt man sich mit dem Hissen der israelischen Fahne auf dem Dach des Kanzleramts und des Außenministeriums als moralisch legitimiert im Kampf gegen Antisemitismus und den „politischen Islam“. Das blöde daran ist nur, dass diese Geste nach hinten losgegangen ist. Denn fast niemand – sieht man von Kurz-Freund Benjamin Netanjahu und der israelischen Botschaft in Wien und den fanatischsten Kriegstreibern auf israelischer Seite ab – kann dem Fahnenhissen etwas Positives abgewinnen. Es ist eine oberflächliche populistische Aktion, die Österreich jeder Glaubwürdigkeit als neutraler Vermittler beraubt. Darüber hinaus ist diese Regierung auch in der Auseinandersetzung mit Strömungen, die glauben, der Koran wäre die Legitimation für Mord und Terror, keine Hilfe. Im Gegenteil, sie wirft alle Richtungen des Islam in einen Topf mit einer kleinen Minderheit von verblendeten Männern, die von einem Kalifat nach dem Scharia-Recht träumen, wie es in Teilen Syriens und des Irak bereits grausige Realität war. Auch wenn sie das Gegenteil behauptet.
Noch dazu dient die notwendige Debatte über dieses üble Machwerk der Ablenkung von den Skandalen und möglichen Anklagen von Kurz, Blümel und Co. So schließt sich der Kreis. Diesen Leuten ist alles egal, Hauptsache sie bringen die türkise Partei bei den Meinungsumfragen wieder nach oben. Das ist eine Partei der Schande!
Über die Rolle der Grünen wollen wir nicht viele Worte verlieren. Sie wussten nichts davon, sagen sie, und sie werden einen runden Tisch mit wem auch immer abhalten. Und in China werden in der Zeit, in der sie ihre sinn- und nutzlose Dampfplauderei absondern, ein paar Säcke Reis umfallen. Und ein paar muslimische Einrichtungen werden in der Zwischenzeit vielleicht bedroht und noch mehr. Aber vielleicht kommen die Neonazis ja mit dem Fahrrad, dann ist das halb so schlimm.
Quelle: Zeitung der Arbeit – Eine Landkarte der Schande und eine Partei der Schande