18. November 2024

»Fadenscheinig und einmischend«

Mit einer am 10. Juni verabschiedeten Anti-Kuba-Resolution ist das EU-Parlament an einem Punkt angelangt, wo die sich zum Teil offen zu faschistischen Positionen bekennenden Antragsteller definieren, was diese Institution unter »Demokratie und Menschenrechten« versteht.

Das offiziell als »Entschließungsantrag zu den Menschenrechten und der politischen Lage in Kuba« bezeichnete Dokument war unter anderem von Mitgliedern der ultrarechten Parteien Vox (Spanien), Fratelli d’Italia und HSP-AS (Kroatien) aus der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer formuliert und eingebracht worden. Auch Politiker der rechtskonservativen polnischen PiS, der postfranquistischen spanischen Volkspartei (PP) und der liberalen Fraktion Renew Europe, der auch die luxemburgische DP angehört, unterstützten den Vorstoß.

In der Entschließung wirft die EU-Rechte Kuba unter anderem die »Existenz politischer Gefangener und willkürliche Verhaftungen« vor. Als Beleg dafür wird auf »die gegenwärtigen Angriffe gegen Künstler der San-Isidro-Bewegung« hingewiesen, deren Finanzierung durch Dienste der USA und Beziehungen zu terroristischen Netzwerken mittlerweile selbst von Mitgliedern dieser Gruppe nicht mehr bestritten werden. Contra-Organisationen feierten die aus ihrer Sicht »historische Resolution«, weil diese auch »die Versklavung der Medizinischen Brigaden im Ausland verurteilt«.

Hinsichtlich der politischen und diplomatischen Beziehungen wird der Auswärtige Dienst der EU aufgefordert, an künftigen Dialogen mit Kuba nicht mehr teilzunehmen, wenn die von den Antragstellern als »Zivilgesellschaft« bezeichneten Systemgegner dabei »nicht angemessen vertreten« sind.

In einer der Abstimmung vorausgehenden Debatte hatte Josep Borrell, der Hohe Vertreter der EU für Auswärtige Angelegenheiten, noch am 8. Juni das »Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen der EU und Kuba« verteidigt. Nach jahrelangen Verhandlungen hatte dieses 2017 den vom der PP angehörenden ehemaligen spanischen Premier José María Aznar formulierten »Gemeinsamen Standpunkt« abgelöst, der auf einen »Regime Change« in Kuba abzielte. »Den Dialog aufzugeben und zu dem zurückzugehen, was wir vorher hatten, würde keinerlei Zweck erfüllen, noch würde es irgend jemandes Situation verbessern«, warnte Borrell.

Wie die spanische Nachrichtenagentur Europa Press berichtete, hatte der EU-Chefdiplomat zugleich auf eine »Konzentration der Sorgen« gewisser Abgeordneter auf bestimmte Länder hingewiesen und die Vertreter der Rechten – offenbar unter Anspielung auf die Morde an Oppositionellen in Kolumbien – gefragt: »Warum debattieren Sie hier nicht über ein anderes Land mit mir?«

Die Kommission für internationale Beziehungen der Nationalversammlung Kubas verurteilte die Resolution in einer Stellungnahme als »fadenscheinig und einmischend«. Die Entschließung untergrabe die Glaubwürdigkeit der EU und dokumentiere deren Doppelmoral gegenüber der kubanischen Nation, betonten die Parlamentarier. Es bestehe offenbar »keine Absicht zur Zusammenarbeit oder zum Dialog«, heißt es in dem Text. Ein derartiges Verhalten des EU-Parlaments sei zudem respektlos, da Kuba ein freier, unabhängiger und souveräner Staat ist.

»Wieder einmal hat das Europäische Parlament die traurige Rolle als Geisel einer kleinen Gruppe rechtsextremer Abgeordneter gespielt, die davon besessen sind, die kubanische Revolution zu vernichten, und die nachweislich eine Verbindung zu in Miami ansässigen Organisationen haben, die von der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika finanziert werden«, heißt es in der Erklärung der kubanischen Nationalversammlung.

Wirklich neu und überraschend ist der Vorgang indes nicht. Nach der offenen Unterstützung für faschistische Umstürzler und Terroristen in der Ukraine und Belarus, den tragikomischen selbsternannten »Interimspräsidenten« von Washingtons Gnaden in Venezuela, Juan Guaidó, oder rechtslastige kubanische Konterrevolutionäre ist das EU-Parlament damit lediglich seiner Linie der Einmischung in die inneren Angelegenheiten souveräner Staaten treu geblieben.

Der jüngste Angriff auf Kuba, den »tagesschau.de« am Freitag vergangener Woche in bemerkenswerter Offenheit als »eine Art Begrüßungsgeschenk für Joe Biden« zu dessen Europa-Visite bezeichnete, mit dem sich »eine Mehrheit im EU-Parlament demonstrativ hinter die Position Washingtons gestellt« habe, ist allerdings auch eine Kampfansage an alle progressiven Regierungen und Bewegungen in Lateinamerika.

Indem die rechte Mehrheit im EU-Parlament ihre imperialistischen Interessen auch in dieser Region so offen dokumentiert, läßt es den Ländern Lateinamerikas keine andere Möglichkeit, als die Beziehungen zu verläßlichen globalen Partnern wie China, Rußland oder Iran zu festigen, um ihre Unabhängigkeit und Souveränität zu schützen.

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek – »Fadenscheinig und einmischend«

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