Kein Ende der US-Präsenz
Die Meldung, die nach dem Treffen zwischen US-Präsident Biden und Iraks Regierungschef Al-Kasimi weithin Beifall erhielt, wird zumeist etwas knapp wiedergegeben, denn: Es geht nicht um einen Rückzug aus Irak. Washington ersetzt nur seine Kampftruppen durch solche, die die irakischen Sicherheitskräfte lenken, leiten, ausbilden und mit den gelieferten Gerätschaften vertraut machen. Man will also das Land und die geostrategisch wichtige Region nicht verlassen, sondern nur mit weniger Aufwand beherrschen. Nicht zuletzt weil sich die USA alle Optionen gegen Iraks Nachbarn Iran offenhalten und ein Gegengewicht zu Russlands Syrien-Präsenz halten wollen.
In der Meldung nicht genannt werden auch die Gründe, mit denen die USA ihren eindeutig völkerrechtswidrigen Überfall – dem sich alsbald zahlreiche noch immer anhaltende ethnische Auseinandersetzungen anschlossen – rechtfertigte. Das Regime von Saddam Hussein mache gemeinsame Sache mit der Terrororganisation Al-Qaida, hieß es damals. Und: Irak stelle chemische wie biologische Waffen her.
Beides war – wie sich schnell herausstellte – erstunken und erlogen. Auch die Behauptung, die USA und ihre Verbündeten wollten den Nahen und Mittleren Osten „demokratisieren“, erwies sich als absurd. Der durch das Militär 2003 rasch errungene Regimewechsel wurde zum dauerhaften Desaster. Einst Vorbild des wirtschaftlichen Aufschwungs, verelendete das Land und wurde zur Brutstätte des internationalen Terrorismus. Dschihadisten aus aller Welt strömten in die Region, um als Islamischer Staat weltweit Tod und Verderben zu verbreiten.
Die Meldung aus Washington kann naturgemäß auch nicht die Frage beantworten, wie sich die deutsche Politik nun verändert. Zu befürchten ist, dass Sommerpause und Wahlkampf substanzielles Nachdenken erschweren.
Quelle: nd.DerTag / nd.DieWoche (ehemals Neues Deutschland) – „nd.DerTag“: Kein Ende der US-Präsenz – Kommentar zur Meldung über den Truppenabzug aus dem Irak