19. November 2024

Braune Stimmenfänger

Unter den 53 Parteien, die am 8. Juli vom Bundeswahlleiter zur Bundestagswahl am 26. September zugelassen worden sind, befinden sich auch mehrere offen faschistische und rechte Parteien. Die AfD, die bereits im Bundestag und in allen Landtagen vertreten ist, tritt mit ihrer Ko-Fraktionschefin Alice Weidel und dem Ko-Parteichef Tino Chrupalla als Spitzenkandidatenteam zur Bundestagswahl an. Laut aktuellen Erhebungen könnte es den völkischen Nationalisten gelingen, erneut ein zweistelliges Wahlergebnis zu erzielen. So wird die Partei derzeit in Umfragen mit Werten zwischen zehn und zwölf Prozent gehandelt.

Neben der AfD treten auch die offen faschistischen Splitterparteien NPD und »Der III. Weg« zur Bundestagswahl an. Beide dürften sich jedoch keine Hoffnung machen können, die Fünfprozenthürde zu überspringen. So gilt der Zustand der NPD, die bundesweit über nur noch knapp 3.500 Mitglieder verfügt, seit Jahren als äußerst desolat. Allen Bemühungen zum Trotz gelang es nicht, das Image als biedere Altherrenpartei abzulegen und eine Verjüngung der Mitgliedschaft herbeizuführen. Vielmehr verlor die NPD zunehmend Anhänger an ihre Konkurrenz im faschistischen Lager. Vor allem jüngere Neonazis fühlten sich bisher bei »Die Rechte« und dem »III. Weg« besser aufgehoben, da diese Parteien über eine deutlich aktionsorientiertere und militantere Anhängerschaft verfügen.

Mit seinen knapp 600 Mitgliedern ist »Der III. Weg« vor allem in Teilen Ostdeutschlands, Bayern und im Siegerland aktiv. Die Partei bezeichnet sich selbst als »nationalrevolutionär« und wirbt für einen »nationalen Sozialismus«. »Unser deutscher Sozialismus ist (…) nicht auf eine Wirtschaftsordnung zu reduzieren, sondern zielt auf eine systematische Neuordnung aller Bereiche des politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Lebens«, heißt es im Programm zur Bundestagswahl. Der »deutsche Sozialismus« als »Lehre des Zusammenlebens und der Solidarität mit und für unser Volk« sei ein wichtiger Aspekt »innerhalb unserer Lebensordnung und ganzheitlichen Weltanschauung, welche sich an den Naturgesetzen und wissenschaftlichen Erkenntnissen orientiert und als Sinn die Sicherung der natürlichen Ordnung erkennt«. »Der III. Weg« macht aus seiner faschistischen Ideologie keinen Hehl. Wie die eigenen historischen Vorbilder wirbt die Partei für die »völkische Gemeinschaft«.

Aktuell versucht der »III. Weg« eine engere Anbindung an Impfgegner und Coronaleugner zu erlangen. Und mit pseudosozialer Demagogie will man vor allem in den ostdeutschen Bundesländern punkten, indem man sich als die einzig wahre Interessenvertretung der ökonomisch Gebeutelten dort inszeniert, die angeblich von Gewerkschaften und Linken verraten worden seien. Zwar lehnen die Faschisten die von ihnen als »asozial« bezeichneten »Hartz-IV«-Gesetze ab, fordern in ihrem Programm jedoch nicht weniger als Zwangsarbeit für vermeintlich Arbeitsunwillige. »Unverschuldet arbeitslos gewordene Deutsche sind nicht auf dieselbe Stufe mit notorischen Arbeitsverweigerern zu stellen«, heißt es. Ein Wohlfahrtsstaat sei jedoch abzulehnen. »Arbeitsunwillige« hätten bei »geringem Arbeitslosengeld eine gemeinnützige Arbeit zu verrichten«. Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft will »Der III. Weg« erwartungsgemäß »von den Sozialsystemen des Staates« komplett ausschließen.

Neben den faschistischen treten mit den Deutschen Konservativen und den Liberal-Konservativen Reformern (LKR) auch sogenannte rechtspopulistische Parteien zur Bundestagswahl an. Die LKR wurde 2015 unter anderem vom AfD-Mitgründer Bernd Lucke ins Leben gerufen und trug zunächst den Namen »Allianz für Leben und Fortschritt« (Alfa). Durch den Wechsel der früheren AfD-Bundestagsabgeordneten Uwe Kamann und Mario Mieruch ist die LKR zumindest kurzzeitig mit zwei Mitgliedern im Bundestag vertreten gewesen. Kamann hat die LKR jedoch bereits wieder verlassen.

Für die Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern, die zeitgleich zur Bundestagswahl stattfindet, haben nach derzeitigem Stand 24 Parteien fristgerecht ihre Kandidatenlisten eingereicht. Über ihre Zulassung entscheidet der Landeswahlausschuß jedoch erst am 3. August endgültig. In Berlin, wo ebenfalls am 26. September die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksversammlungen stattfinden, wurden bereits im Juni 38 Parteien zugelassen. Neben der NPD, den Deutschen Konservativen und den Liberal-Konservativen Reformern treten dort auch Die Republikaner an. Ihnen war es zuletzt am 29. Januar 1989 gelungen, mit damals 7,5 Prozent ins Abgeordnetenhaus einzuziehen. Mittlerweile gilt die Partei jedoch nicht nur in Berlin als handlungsunfähig und bedeutungslos.

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek – Braune Stimmenfänger

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