Der 23. August als antikommunistischer „Gedenktag“ der EU
Kommentar von Tibor Zenker, Vorsitzender der Partei der Arbeit Österreichs (PdA)
Im Jahr 2009 beschloss die Europäische Union, den 23. August zum alljährlichen „Europäischen Tag des Gedenkens an die die Opfer von Stalinismus und Nationalsozialismus“ zu erklären.
Es gibt freilich schon einige Gedenktage für die Opfer des deutschen Faschismus: Am 27. Jänner ist „Internationaler Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocausts“ sowie „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“, aus der DDR vererbt wurde der nunmehrige „Tag der Erinnerung und Mahnung“ (zuvor „Tag der Opfer des Faschismus“) am zweiten Sonntag im September, und in Österreich ist jedes Jahr am 5. Mai der „Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus“. Überhaupt existiert natürlich eine Reihe nationaler Gedenktage, in Österreich erinnern wir z.B. am 12. März an die Okkupation und Annexion des Landes durch Hitler-Deutschland im Jahr 1938, am zweiten Sonntag im Mai an die Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen im Jahr 1945. Am 8. und 9. Mai begehen die Völker Europas im Allgemeinen die Tage der Befreiung und des antifaschistischen Sieges, erinnern aber auch an die Opfer, die der Kampf gefordert hat. Am 1. September findet unter Bezugnahme auf den Beginn des Zweiten Weltkrieges 1939 der Weltfriedens- bzw. Antikriegstag statt. Die Erinnerungskultur gegenüber den Verbrechen des deutschen Faschismus, der Sieg über den historischen Faschismus in Europa und die Ehrung der Opfer sind von antifaschistischer Bedeutung und werden von vielen entsprechenden Veranstaltungen und Feierlichkeiten begleitet – und das ist nicht nur gut so, sondern notwendig.
Warum es aus EU-Sicht auch den 23. August als „Europäischen Tag des Gedenkens an die die Opfer von Stalinismus und Nationalsozialismus“ geben soll und muss, ist überaus durchsichtig: Einen weiteren Gedenktag zum NS-Faschismus braucht es eigentlich nicht, sondern es wird ein anderer Zweck verfolgt, nämlich die Diffamierung des Sozialismus und insbesondere der UdSSR. Dies wird insofern auf die Spitze getrieben, als versucht wird, den Sozialismus mit dem Faschismus gleichzusetzen. Daher auch die Wahl des Datums, denn am 23. August 1939 trat der Deutsch-Sowjetische Nichtangriffspakt in Kraft (den Deutschland später freilich brach). Die Botschaft der EU lautet also: Hitler und Stalin sind das Gleiche, das „Dritte Reich“ und die Sowjetunion waren das Gleiche, Faschismus und Sozialismus sind das Gleiche. Und unterlegt wird das Ganze mit der wissenschaftlich wertlosen Totalitarismus-Doktrin, die nicht nur den Sozialismus kriminalisieren und delegitimieren, sondern auch den bürgerlich-kapitalistischen Pseudo-Parlamentarismus als einzige „demokratische“ Möglichkeit darstellen soll.
Was man damit macht, ist an unwürdiger Geschichtsfälschung und Missachtung gegenüber dem antifaschistischen Widerstand nicht zu übertreffen: Gerade Kommunistinnen und Kommunisten standen an vordester Front des europäischen Widerstandes gegen den deutschen Faschismus, im Untergrund wie im Partisanenkampf – und gleichzeitig hatten sie unter den politisch Verfolgten des NS-Regimes die meisten Opfer zu beklagen. Der verbrecherische Vernichtungskrieg, den der deutsche Faschismus mit dem Überfall auf die UdSSR entfesselte, kostete 27 Millionen sowjetische Menschenleben – und doch war es die Rote Armee, die maßgeblich dafür sorgte, dass der Faschismus besiegt und Europa befreit wurde. Und das soll alles das Gleiche sein? Täter und Opfer? Aggressoren und Befreier?
Offensichtlich wollen die kapitalistischen Staaten und ihr imperialistisches Bündnis EU den kommunistischen Widerstand leugnen, die kommunistischen Opfer besudeln, die Heldentaten der Rotem Armee aus der Geschichte löschen und die UdSSR sowie die osteuropäischen Volksdemokratien zu NS-gleichen Unrechtsregimen erklären. Sie tun das deshalb, weil der Faschismus das ureigenste Kind des Kapitalismus und Imperialismus ist – sie sind dafür verantwortlich. Auch daraus ergibt sich, dass es in Wirklichkeit Kapitalismus und Imperialismus sind, die keinerlei Berechtigung mehr haben. Daher ist es den Herrschenden umso wichtiger, den Faschismus ein wenig zu verharmlosen und von seinen gesellschaftlichen Grundlagen zu abstrahieren, und den Sozialismus unter Verwendung des unsinnigen, aber emotional aufgeladenen Begriffs „Stalinismus“ zu verdammen.
Man soll sich nicht täuschen lassen von den imperialistischen Banden: Der auf der einen Seite heuchlerische und auf der anderen Seite diffamierende „Gedenktag“ des 23. August ist nichts als ein antikommunistisches Manöver, das in aller Klarheit zurückzuweisen ist.
Quelle: Zeitung der Arbeit – Der 23. August als antikommunistischer „Gedenktag“ der EU