Die Lehren aus dem Afghanistan-Debakel
Bewaffnete Drohnen statt Ausbildungsmissionen und Sanitätsdienst – CSU-Chef Söder hat kurz nach Ende des Evakuierungseinsatzes der Bundeswehr in Afghanistan nun seinen außenpolitischen Anknüpfungspunkt für den Wahlkampf gefunden. Wer sonst, wenn nicht ein bayerischer Landesfürst sollte schließlich besser wissen, was außen- und verteidigungspolitisch jetzt dran ist? „Zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für den Wehretat und die neuen Einsatztaktiken werden wir in einem Koalitionsvertrag einfordern“, bekräftige Söder sogleich im Interview mit der „Bild am Sonntag“. Das dürfte den Aktienkursen der Rüstungskonzerne Aufwind geben, sobald auch Armin Laschet (CDU) sich in dieser Weise zu profilieren beginnt.
Kontra gibt die Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock, die sich gegenüber der Funke Mediengruppe für eine unabhängige Evaluierung aller Auslandseinsätze ausspricht.
Doch egal, ob Rüstung auf Teufel, komm raus oder wissenschaftliche Analyse: Das von vier Bundesministerien zu verantwortende Debakel in Afghanistan erfordert eher ein außenpolitisches Moratorium, bei dem sämtliche Rüstungsvorhaben und Interventionen im Ausland ausgesetzt werden. Eine Regierung, die 20 Jahre lang in Afghanistan agiert und sich am Ende des Einsatzes fragen muss, was sie eigentlich erreichen wollte, sollte vorerst besser keine weiteren außenpolitischen Ambitionen ins Auge fassen.
Gemeinsam mit Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hat man zunächst das militärische Material abgezogen, dann in der Evakuierungsoperation das Leben von 600 Soldat*innen am Kabuler Flughafen riskiert und schlechterdings letztlich die Masse der afghanischen Ortskräfte grausam zurückgelassen. Wer so handelt, sollte weder Mittel noch Befugnisse erhalten, sondern abtreten.
Quelle: nd.DerTag / nd.DieWoche (ehemals Neues Deutschland) – nd.derTag kommentiert: Die Lehren aus dem Afghanistan-Debakel