19. November 2024

Chiapas am Rande eines Bürgerkrieges

KOMMUNIQUÉ DES GEHEIMEN REVOLUTIONÄREN INDIGENEN KOMITEE –GENERALKOMMANDANTUR (CCRI – CG) DES EJÉRCITO ZAPATISTA DE LIBERACIÓN NACIONAL – EZLN.

Mexiko.

September 2021.

An den Pueblo Mexikos.
An die Pueblos der Welt.
An die Sexta Internacional und Internacional
An das Europa von unten und links.

Erstens.- In den Morgenstunden des 11. September 2021, als die zapatistische Flug-Delegation sich in Mexiko Stadt befand, entführten Mitglieder der ORCAO (1) – paramilitärische Organisation im Dienste der Regierung des Bundesstaates Chiapas – die Compañeros SEBASTÍAN NUÑEZ PEREZ und JOSE ANTONIO SANCHEZ JUAREZ, autonome Verantwortliche des Rates der Guten Regierung [des Caracol] Patria Nueva, Chiapas.

Die ORCAO ist eine politisch-militärische Organisation paramilitärischen Zuschnitts. Sie besitzt Uniformen, Ausrüstung, Waffen und Munition, die sie sich mit dem Geld aus den sozialen Programmen [der Regierung] beschafft. Einen Teil davon behalten sie selbst und den anderen Anteil erhalten die Regierungsbeamten, damit sie öffentlich sagen, die Unterstützungprogramme werden erfolgreich umgesetzt. Mit ihren Waffen beschießt die ORCAO jede Nacht die zapatistische Gemeinde MOISÉS Y GANDHI.

Die EZLN hat die Geduld bewahrt, bis die möglichen Kanäle für eine Lösung erschöpft waren. Während die Regierung des Bundesstaates Chiapas [die Befreiung der beiden Compañeros] lediglich sabotierte und störte, waren es Organisationen der Menschenrechtsverteidigung und die fortschrittlichen [Teile der] katholischen Kirche, die mit Gerechtigkeitssinn genauestens auswerteten, was geschehen könnte.

Zweitens.- Die Compañeros waren 8 Tage lang ihrer Freiheit entzogen – und sie wurden heute, am 19. September 2021, befreit – dank der Interventionen der Pfarreien von San Cristóbal de las Casas und Oxchuc, die zur Dioziöse von San Cristóbal de las Casas gehören. Den Compañeros wurden ein Funkgerät und 6.000 Peso geraubt, die dem Rat der Guten Regierung gehören.

Drittens.- Das Delikt einer Entführung wird laut Gesetzen der schlechten Regierung und laut den  zapatistischen Gesetzen bestraft. Während die Regierung des Bundesstaates von Chiapas diese Verbrechen vertuscht, dazu ermuntert und nichts tut, ging der Ejército Zapatista de Liberación Nacional – EZLN dazu über, die notwendigen Mittel zu ergreifen, um die Entführten zu befreien und die für das Verbrechen Verantwortlichen festzunehmen und zur Rechenschaft zu ziehen.

Viertens.- Dass der Konflikt nicht bis zu einer Tragödie eskaliert ist, lag an dem Eingreifen der erwähnten Pfarreien, den Organisationen der Menschenrechtsverteidigung und den Mobilisierungen und öffentlichen Protesten, die in Mexiko und vor allem in Europa, umgesetzt wurden.

Fünftens.- Die Miss-Regierung von RUTILIO ESCANDÓN tut alles, damit der südöstliche mexikanische Bundesstaat Chiapas destabilisiert wird:

– Sie unterdrückt mit großer Gewalt die Normalistas, die Student*innen der ländlichen Normal-Schulen.

– Sie sabotiert die Vereinbarungen zwischen der demokratischen Lehrer*innen-Gewerkschaft und der mexikanischen Staatsregierung und zwingt die Lehrer*innen, sich radikal zu mobilisieren, damit diese Vereinbarungen erfüllt werden.

– Ihre Bündnisse mit dem Drogenhandel erzeugen, dass sich die Comunidades originarias (2) gezwungen sehen, Selbstverteidigungsgruppen zu bilden. Denn die Regierung tut nichts, um Leben, Freiheit und Güter der Einwohner*innen zu schützen. Die Regierung von Chiapas vertuscht nicht nur die Drogenhändler-Banden, sondern ermutigt, fördert und finanziert paramilitärische Gruppen, – wie jene, die unausgesetzt die Gemeinden von Aldama und Santa Martha angreifen.

– Sie führt eine gewollt langsame und ungeordnete Impfpolitik durch, die Streit und Ablehnung zwischen der ländlichen Bevölkerung provoziert – und es wird nicht lange dauern, bis diese explodieren. Währenddessen steigt die Anzahl der COVID-Toten in den Comunidades, den Gemeinden, ohne dass sie beachtet wird.

– Von den öffentlichen staatlichen Geldern rauben die Funktionäre, die Regierungsbeamten, das, was sie ergattern können. Möglicherweise bereiten sie sich derart auf einen Zusammenbruch der mexikanischen Regierung vor oder setzen auf einen Parteienwechsel an der Macht.

– Jetzt ging es darum, die Abfahrt der zapatistischen Delegation – die an der Reise für das Leben, Kapitel Europa – teilnimmt, zu sabotieren: indem sie ihren Paramilitärs der ORCAO die Entführung unserer Compañeros anordneten, dieses Verbrechen straffrei ließen und versuchten, eine Reaktion der EZLN zu provozieren – mit dem Ziel den Bundesstaat zu destabilisieren, dessen Regierbarkeit an einem Faden hängt.

Sechstens.- Wenn das Ziel der Grünen Ökologistischen Partei Mexikos (PVEM) darin besteht, ein Problem zu schaffen, welches internationale Auswirkungen haben wird, sowie das Regime an der Macht zu destabilisieren – wäre es wohl besser, wenn sie sich auf die »Volksbefragung zur Aufhebung-Bestätigung des Präsidentschaftsmandat« (3) zurückgreifen würden.

PVEM ist einer der Namen, den der langjährige PRIismus (4)  in Chiapas benutzt. Manchmal nennt er sich PAN, manchmal PRD, gegenwärtig tritt er schlecht verkleidet als  MORENA-Partei (5) auf. Es sind dieselben Kriminellen von früher – und heute sind sie Teil der schlecht benannten »Oppositions«-Bewegung – als »5. Kolonne« der 4T (6).

DIE VERANTWORTLICHEN SIND: Rutilio Escandón und Victoria Cecilia Flores Pérez (7).

Falls sie die aktuelle Staatsregierung stürzen wollen, oder Schwierigkeiten bereiten wollen als Repressalie gegen die Strafverfolgungen, die gegen sie laufen, oder innerhalb einer der Fraktionen  mitspielen wollen, die sich um die Regierungsnachfolge in 2024 streiten – dann sollen sie doch ihre legalen Kanäle, zu denen sie Zugang haben, nutzen – und es sein lassen, mit Leben, Freiheit und Gütern der Menschen in Chiapas ihr Spiel zu betreiben. Wählt oder ruft zum Widerruf des Regierungsmandates (3) auf – aber hört auf, mit dem Feuer zu spielen, denn Ihr werdet verbrennen.

Siebtens.- Wir rufen das Europa von unten und links und die Sexta Nacional und Internacional dazu auf, vor den mexikanischen Botschaften und Konsulaten und in den Gebäuden der Regierung des Bundesstaates Chiapas zu demonstrieren – um zu fordern, dass die Provokationen eingestellt werden und sie ihren Todes-Kult, dem sie nachgehen, aufgeben.

Datum: Freitag, 24. September 2021.

Angesichts der Handlungen und Unterlassungen der bundesstaatlichen und staatlichen Regierungsverantwortlichen gegenüber dem aktuellen und den vorherigen Verbrechen – werden wir die angemessenen Mittel einsetzen, damit Recht und Gerechtigkeit angewandt und umgesetzt werden – gegen die Kriminellen der ORCAO und die Regierungsfunktionäre, die sie fördern.

Das ist alles. Bei nochmaligem Geschehen wird es kein Kommuniqué geben. Das heißt: Es werden keine Worte sondern Taten folgen.

Aus den Bergen des Südosten Mexikos.
Im Namen des CCRI – CG.

Subcomandante Insurgente Galeano.
Mexiko, 19. September 2021.

Quelle: Enlace Zapatista – CHIAPAS – AM RANDE EINES BÜRGERKRIEGES

Mexiko