30 Jahre nach dem Ende der UdSSR
Erklärung des Parteivorstandes der Partei der Arbeit Österreichs (PdA), Wien, 30. Dezember 2021
Am 26. Dezember 1991 beschloss der Oberste Sowjet der UdSSR die Auflösung der Union aus 15 Sozialistischen Sowjetrepubliken. Bereits am Vortag war Michail Gorbatschow als Präsident zurückgetreten, nun wurde auch die rote Sowjetfahne mit fünfzackigem Stern, Hammer und Sichel am Kreml eingeholt und durch die russische Flagge ersetzt. Mit 31. Dezember 1991 wurde das Ende der UdSSR rechtswirksam. Die Partei der Arbeit Österreichs hält zu den 30. Jahrestagen dieser Ereignisse folgende Punkte fest:
1. Was Ende Dezember 1991 geschehen ist und davor über Jahre vorbereitet worden war, war eine Konterrevolution gegen den Sozialismus. Die Große Sozialistische Oktoberrevolution von 1917 und die Gründung der UdSSR am 30. Dezember 1922 markierten die Schaffung des ersten sozialistischen Staates der Menschheitsgeschichte. Für fast ein Dreivierteljahrhundert blieben die Sowjetbürger von kapitalistischer Ausbeutung und Unterdrückung verschont. Die Produktionsmittel wurden in gesellschaftliches Eigentum übertragen, womit planmäßig produziert und der kapitalistischen Profitmacherei der Boden entzogen wurde. Die politische Form der Sowjetmacht repräsentierte die revolutionäre Macht der als herrschende Klasse organisierten Arbeiterklasse und der mit ihr verbündeten Bauernschaft. Der Sozialismus in der UdSSR konnte große Erfolge vorweisen – in den Bereichen des Sozialen, der Bildung, der Gesundheit und der Gleichberechtigung sowie nicht zuletzt in der wirtschaftlichen Entwicklung und bei Wissenschaft und Technologie. Trotz schwieriger Voraussetzungen, trotz imperialistischer Intervention und Bürgerkrieg, trotz des faschistischen Überfalls und der ständigen Bedrohung durch den Westimperialismus bewies die UdSSR unter Führung der KPdSU über Jahrzehnte die Überlegenheit des Sozialismus gegenüber dem Kapitalismus.
2. Trotzdem – und gerade angesichts der vorherigen Erfolge – hat die kommunistische Weltbewegung mit der Konterrevolution und der Auflösung der UdSSR eine schwere Niederlage erlitten. Für diese Niederlage gab es innere und äußere Gründe. Man muss zur Kenntnis nehmen, dass der Sozialismus, zumal in nur einem Teil der Welt, von heftigen Klassenkämpfen begleitet ist. Es versteht sich von selbst, dass die bürgerlichen Staaten der Erde, angeführt von den aggressivsten imperialistischen Mächten, die sozialistische Staatsmacht der Arbeiterklasse mit allen Mitteln bekämpfen werden. Im Falle der UdSSR wurden ihr verheerende Kriege aufgezwungen, wirtschaftlicher Druck aufgebaut und ein aufwendiger Rüstungswettlauf betrieben, der dem sozialistischen Aufbau nicht dienlich war. Es gab allerlei offene und geheime Bemühungen der imperialistischen Staaten, Sabotage, Blockade und Unterminierung zu betreiben sowie konterrevolutionäre Kräfte zu stärken. Im Inneren der UdSSR und der KPdSU entfaltete im Gefolge des 20. Parteitages der moderne Revisionismus seine schädliche Wirkung, was zu falschen Entscheidungen nicht zuletzt auf wirtschaftlichem Gebiet führte. Auf diese Weise verlor die UdSSR ihre wichtigsten Trümpfe im Kampf gegen den Imperialismus und die Konterrevolution, nämlich die unbeirrbare Anwendung des Marxismus-Leninismus und letztlich auch das Vertrauen der Arbeiterklasse in den Arbeiterstaat. Trotzdem sprach sich eine große Mehrheit der Sowjetbürger 1991 für eine Fortführung des sozialistischen Weges und den Erhalt der Union aus, was durch die bereits vorherrschende antisozialistische Politik ignoriert wurde: Gorbatschows betrügerische „Perestroika“ war im Einklang mit nationalistischem Separatismus das Werkzeug, um die UdSSR von innen zu zerstören und der Konterrevolution zum Sieg zu verhelfen.
3. Für die Menschen in den bürgerlich-kapitalistischen Nachfolgestaaten der UdSSR hatte dies verheerende Folgen. Das gesellschaftliche Eigentum wurde von einer neuen Oligarchie, die vielerorts auch aus der Partei kam, in privat- und staatskapitalistisches Eigentum verwandelt. Die Errungenschaften des Sozialismus wurden abgebaut, Ausbeutung, Armut, Arbeitslosigkeit und soziale Degradierung kehrten zurück. Das Jelzin- und das Putin-Régime haben für die vollständige Restauration des Kapitalismus in Russland gesorgt, in anderen ehemaligen Teilrepubliken der UdSSR verlief es ebenso, in einigen folgte sogar die Unterwerfung unter den EU-Imperialismus und die NATO. Damit wurden diese Länder auch wieder in die Prozesse der imperialistischen Konkurrenz und der Neuaufteilung der Welt hineingezogen, wobei die heutige Russische Föderation hierbei selbst ein imperialistischer Akteur im Widerstreit mit den USA, der EU und der NATO ist. Dadurch stieg auch die Konflikt- und Kriegsgefahr in Europa.
4. Für die kommunistische Weltbewegung hatte der Sieg der Konterrevolution in der UdSSR (und Osteuropa) erhebliche Konsequenzen. In den ehemals sowjetischen und sozialistischen Staaten wurden die kommunistischen Organisationen mit massiven Repressionen bedacht, was sich bis heute fortsetzt. Aber auch unter den westeuropäischen kommunistischen Parteien sorgte der Wegfall der Bezugspunkte UdSSR und KPdSU für Verwirrung, wobei man mancherorts auf dem revisionistischen „Eurokommunismus“ und der zerstörerischen „Perestroika“ aufbaute. Viele ehemalige kommunistische Parteien, die über eine ehrenvolle Geschichte verfügen, haben den Marxismus-Leninismus abgelegt und sich in sozialdemokratische oder linksbeliebige Strukturen verwandelt, die sich bestenfalls noch zum innerkapitalistischen Reformismus bekennen, aber keinesfalls zum Ziel der sozialistischen Revolution. Die marxistisch-leninistischen Kräfte wurden dezimiert und geschwächt und befinden sich in vielen Ländern in der Defensive oder im Neuaufbau. Doch sie machen Fortschritte auf nationaler und internationaler Ebene, was unabdingbar für den nächsten großen Anlauf in Richtung Sozialismus ist – und dieser Anlauf wird ohne jeden Zweifel kommen.
5. Das Ende der UdSSR markierte keineswegs das „Ende der Geschichte“, wonach sich der bürgerlich-demokratische Staat und die kapitalistische „Marktwirtschaft“ für immer durchgesetzt hätten – im Gegenteil. Überall werden die gefährlichen Unzulänglichkeiten des Kapitalismus sichtbar, darunter Ausbeutung und Unterdrückung, Krisen und Kriege, Rassismus und Diskriminierung. Es ist klar zu erkennen, dass der Kapitalismus der Arbeiterklasse keine sichere Existenz gewähren kann und will, ebenso wenig der Imperialismus den abhängigen Ländern. Und es ist zu beobachten, dass die konterrevolutionären Umtriebe gegen die verbliebenen sozialistischen Bastionen, wie z.B. Kuba, fortgesetzt werden. Die Herrschenden wissen genauso gut wie die Kommunisten, dass der weltweite Klassenkampf nicht beendet ist und dass die nächsten sozialistischen Revolutionen kommen werden. Was wir jedoch zur Kenntnis nehmen müssen, ist die Notwendigkeit, in größeren historischen Dimensionen zu denken: Der Kapitalismus und noch viel mehr die politische bürgerliche Herrschaft benötigten Jahrhunderte, um sich durchzusetzen. Die Hoffnung, dass ausgehend von der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution ein gerader und kontinuierlicher Weg zur sozialistischen Befreiung der gesamten Erde führen würde, hat sich nicht bewahrheitet. Wir werden die UdSSR eines Tages wohl als wegweisenden Frühsozialismus einordnen müssen, auch wenn er keinen Bestand hatte. Trotzdem befinden wir uns in der Epoche des Übergangs der Menschheit vom Kapitalismus zum Sozialismus – nur ist diese Epoche wohl länger als wünschenswert und offensichtlich mit erheblichen Rückschlägen verbunden. Dies ist aber kein Grund, kleinmütig zu werden oder gar zu kapitulieren, sondern es erfordert, den Kampf neu aufzunehmen und konsequent fortzuführen. Die Menschheit wird dann eine Zukunft haben, wenn diese jenseits des Kapitalismus liegt.
6. Die UdSSR war die bislang größte Errungenschaft der revolutionären Arbeiterklasse. Sie hat hunderte Millionen Menschen von kapitalistischer Ausbeutung und Unterdrückung befreit und war der Anstoß zu weiteren Revolutionen auf der ganzen Welt. In diesem Sinne ist es die Aufgabe der Kommunisten, das Erbe der UdSSR hochzuhalten und sie gegen bürgerliche Geschichtsfälschungen, Lügen und Diffamierungen vehement zu verteidigen. Doch dies entbindet uns nicht einer kritischen Analyse der Jahre 1917 bis 1991. Die UdSSR war nicht perfekt, und dies wäre auch ein absurder Anspruch. Der Sozialismus als erste Phase auf dem Weg zum Kommunismus ist voller Schwierigkeiten und Widersprüche und kein plötzliches Paradies. Und gewiss wurden in der UdSSR auch Fehler gemacht und Fehlentwicklungen zugelassen. In keinem Fall ist das jedoch ein Grund, die Richtigkeit und die Notwendigkeit des sozialistischen Entwicklungsweges in der UdSSR infrage zu stellen. Selbst der „schlechteste Sozialismus“ wäre immer noch besser als der „beste Kapitalismus“ – und die Sowjetunion war keineswegs ein schlechter Sozialismus, auch wenn nicht zuletzt Sozialdemokraten, angebliche Linke und sogar sich Kommunisten titulierende Personen dies behaupten. Sie suchen und finden hier nur ihre Rechtfertigung für Antikommunismus, Antisozialismus und gegenrevolutionäre Kapitalismusapologie. Den schändlichen Verleumdungen und Verfälschungen der UdSSR und ihrer Geschichte ist entschieden entgegenzutreten.
7. Die marxistisch-leninistische Bewegung der Gegenwart nimmt die gewaltigen positiven Ergebnisse der UdSSR in sich auf. Dazu gehören die Gewissheit, dass die Revolution siegen kann, die allgemeinen Erfahrungen des sozialistischen Aufbaus sowie natürlich die Entwicklung des Marxismus-Leninismus. Gleichzeitig ziehen wir unsere Lehren und Schlüsse aus negativen Entwicklungen: Dies betrifft etwa die Notwendigkeit des fortgesetzten Klassenkampfes sowie des konsequenten Kampfes gegen jeglichen Revisionismus und Opportunismus.
8. Wir ehren die Völker der Sowjetunion, die mehr als sieben Jahrzehnte dem Kapitalismus, Imperialismus und Faschismus getrotzt haben, die Rote Armee, die das Land gegen Invasoren und Konterrevolutionäre verteidigt und die Nazi-Verbrecher besiegt hat, sowie die Bolschewiki unter Führung Lenins, die den Weg zur Befreiung der Menschheit gewiesen haben. Diesen Weg zu beschreiten, diesen Weg fortzusetzen, ist die beste Ehrung der UdSSR und ihrer Errungenschaften, die für immer den epochemachenden Frühsozialismus der Menschheit repräsentieren werden.
Quelle: Partei der Arbeit Österreichs: 30 Jahre nach dem Ende der UdSSR