Zwischen Lukaschenko und von der Leyen – Zur politischen Lage in unserem östlichen Nachbarland
Übernommen von SDAJ:
Während die politischen Statthalter des Imperialismus den Untergang des ersten, deutschen Sozialismus mit Krokodilstränen über „hunderte Tote an der innerdeutschen Grenze“ begossen – spielt sich wenige hundert Kilometer entfernt an der „Festung Europa“ die eigentliche Tragödie ab. Asylsuchende campierten entlang der 400 Kilometer breiten Grenzen zwischen Polen und Belarus, versuchten, angelockt aus Minsk, weiterzureisen, sahen sich mit illegalem „Pushback“ konfrontiert. Im imperialistischen Machtkampf zwischen der EU, Polen sowie ihren östlichen Gegenspielern wurden sie zur menschlichen Manövriermasse degradiert. Wie die FAZ berichtete, sank die Körpertemperatur auf 32 Grad ab, Unterernährung und Mangel grassierten. Die polnische Politik verzichtete auf EU-„Hilfen“ bei der Abwehr der Opfer imperialistischer Raubkriege – rief stattdessen die US-dominierte NATO um Beistand. Im Grundsatz war man sich, wie zu Zeiten des „Deals“ mit Erdogan, zwischen Brüssel und Warschau einig, dass keine neue „Welle“ akzeptiert werden würde – das „Wie“ blieb die Gretchenfrage.
Hintergrund – Reaktionärer Staatsumbau
Hinter der polnischen Blockadehaltung steckt jedoch weit mehr: die nationalkonservative Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (PIS) unter Andrzej Duda ist seit ihrer umstrittenen „Reform“ (2015/ 2018) des Justizsystems in Ungnade gefallen. Im Kern betreibt die PIS den Versuch eine, im bürgerlichen Sinne, unabhängige Judikative abzuschaffen – oppositionelle RichterInnen wurden ihrer Vorsitze enthoben (insgesamt 66 Verfahren), überwacht und per Disziplinarkammer, einer Art ideologischer Dienstaufsichtsbehörde, diszipliniert. Nahezu im Wochentakt erklärte der EuGH Gesetze in Polen als unvereinbar mit EU-Recht. Nun sollen finanzielle Sanktionen folgen: die EU-Kommission verweigert die Auszahlung von 36 Milliarden Corona-Nothilfen – täglich kommt eine Million Bußgeld hinzu. Was Justizminister Zbigniew Ziobro einen „juristischen hybriden Krieg“ gegen Polen nennt, stellt in der Tat keinen Akt der Demokratieförderung dar, sondern die Durchsetzung des Machtanspruchs der von Deutschland dominierten EU.
Nuancen imperialistischer Differenzen
In der Innenpolitik spaltet die PIS mit ihren Gesetzesverschärfungen gegen die LGBTIQ-Gemeinde und ihrem Abtreibungsverbot die Gesellschaft, lenkt geschickt von der siechenden wirtschaftlichen Lage der Mehrheit ab und schart die klerikalen Teile der ländlichen Gebiete hinter sich. Repression erfahren Linke, bis hin zum Kampf um die Legalität der Kommunistischen Partei. Die PIS nutzt geschickt – unter Einbezug der polnischen Gewerkschaften – den angeblichen Kampf gegen eine EU-Bevormundung, um ihre Agenda zu forcieren. In der Krise an der Grenze manifestierte sich einmal mehr die enge Anbindung an den US-Imperialismus – Polen geriert sich gemeinsam mit den baltischen Staaten/Ukraine zum Frontstaat in der aufziehenden Konfrontation mit Russland. Sofern Lukaschenko intendiert hatte die EU – an Polen – zu spalten, so ist ihm dies maximal halb gelungen. Torpediert hingegen ist, dass die EU der Hort der Menschenrechte sei, denn der illegale „Pushback“ durch Polen sind kein Gegenstand der EU-Kritik. Polen gerierte sich als „Verteidiger von Europa“ – während man in Warschau und Berlin Putin und Lukaschenko des „hybriden Krieges“ unter Ausnutzung von Asylsuchenden bezichtigte. Auch wenn ein Pol-Exit nicht gewollt oder wahrscheinlich ist, treten in Nuancen Interessengegensätze offener zu Tage. Widerstand, Skandalisierung und progressive Ausnutzung tun europaweit Not.
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