Tageszeitung junge Welt wird 75
Übernommen von junge Welt:
Die in Berlin herausgegebene überregionale linke Tageszeitung junge Welt erschien am Samstag, den 12. Februar 1947, also vor 75 Jahren, zum ersten Mal. Zunächst als Wochenzeitung und ab März 1952 als Tageszeitung und Zentralorgan der Freien Deutschen Jugend (FDJ) verbreitet, entwickelte sie sich bis 1989 mit einer täglich verkauften Auflage von 1,6 Millionen Exemplaren zur auflagenstärksten Zeitung der DDR. 1991 an eine Westberliner Mediengruppe verkauft, verlor sie aber rasch an Auflage und wurde im April 1995 eingestellt. Zwei Redakteure der Zeitung gründeten daraufhin die Verlag 8. Mai GmbH. Die Zeitung konnte nach nur einer Woche Unterbrechung weiter erscheinen. Die im selben Jahr gegründete Linke Pressegenossenschaft (LPG junge Welt eG) übernahm dann 1998 die Mehrheitsanteile am Verlag, gemeinsam mit Leser- und Belegschaft konnte die Zeitung durch viele Krisen gesteuert werden. Heute ist sie mit einer stabilen Auflage von 23.000 Exemplaren eine der ganz wenigen Zeitungen, die trotz Branchenkrise in den letzten 20 Jahren ihre verkaufte Auflage sogar noch entwickeln konnte.
Dietmar Koschmieder ist seit April 1995 Geschäftsführer des Verlages, er führt die positive Entwicklung auf die marxistische Orientierung der Zeitung zurück, die seit ihrer Gründung vor 75 Jahren ihr Markenzeichen sei. „Internationale Solidarität, soziale Auseinandersetzungen und der Kampf für den Frieden sind Themen, die auch unter veränderten gesellschaftlichen Bedingungen gefragt sind“, erklärt Koschmieder. „Damit sind wir auch wirtschaftlich erfolgreich, mit diesen Schwerpunkten konnten wir zusätzliche Leserinnen und Leser in den alten Bundesländern, aber auch in Österreich und der Schweiz hinzugewinnen.“ Die Zeitung beschränke ihre Inhalte nicht nur auf deutsche und europäische Klassenauseinandersetzungen, sondern beobachte auch „internationale Entwicklungen, wobei Lateinamerika einen besonderer Schwerpunkt bildet“, meint Stefan Huth, seit 2016 Chefredakteur der jungen Welt. Auf der seit 1996 jährlich von der Zeitung organisierten Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz kommen Gäste von allen Kontinenten zu Wort. „Deren Sichtweise und Erfahrungen wollen wir auf der Konferenz, aber auch ansonsten in der Zeitung unseren Leserinnen und Lesern verfügbar machen“, so Stefan Huth. Auf der letzten Konferenz im Januar, die allerdings coronabedingt nur online stattfinden konnte, haben sich immerhin über 24.000 Haushalte zugeschaltet. Im nächsten Jahr soll die Konferenz wieder als Präsenzveranstaltung stattfinden.
Eine klar links ausgerichtete Zeitung findet nicht nur Freunde. So hält das Bundesamt für Verfassungsschutz die Blattlinie der Zeitung für verfassungsfeindlich und stuft Zeitung, Verlag und Genossenschaft als „linksextremistische Personenzusammenschlüsse“ ein. Deshalb will die Bundesregierung der Zeitung „den Nährboden entziehen“, wie sie es in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion der Partei Die Linke im März 2021 formulierte. Weil aber Zeitung und Verlag dies für einen massiven Angriff auf Meinungs- und Pressefreiheit und damit auch auf das Grundgesetz halten, hat der Verlag 8. Mai gegen dieses Vorgehen der Behörden beim Verwaltungsgericht Berlin Klage auf Unterlassung eingereicht. Eine Entscheidung des Gerichts steht noch aus.
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Tageszeitung junge Welt wird 75. Wie das ehemalige Zentralorgan der FDJ überleben konnte