»Was Kiew im Donbass treibt, bezeichne ich als Staatsterror«
Im Interview mit der in Berlin erscheinenden Tageszeitung junge Welt (jW) berichtet Boris Litwinow, Vorsitzender der Kommunistischen Partei der international nicht anerkannten »Volksrepublik Donezk«, eindringlich vom Kriegsalltag im Donbass. Darin geht er auch auf die Beziehungen zu Russland ein. »Was die Ukraine mit der Bevölkerung im Donbass treibt, bezeichne ich als Staatsterror. Es gibt Tage, an denen 40 bis 50 großkalibrige Granaten auf unser Territorium abgefeuert werden«, sagt Litwinow im jW-Gespräch. Das gesamte Gebiet leide jeden Tag unter Artilleriebeschuss, nach inoffiziellen Angaben seien in den vergangenen fünf Jahren mehr als 50.000 Menschen getötet oder verletzt worden, von den Industriebetrieben sei nurmehr die Hälfte funktionstüchtig. Litwinow hoffe, dass »das ukrainische Volk sich von der nationalistischen und faschistischen Ideologie eines Tages abwenden wird – Nationalismus ist eine Sackgasse«.
Ausführlich schildert Litwinow die zahlreichen Diskriminierungen, denen russischsprachige Menschen in der Ukraine ausgesetzt sind. Es gebe eine »Sprachpolizei, die durch die Geschäfte, Cafés und Buchhandlungen zieht«, so Litwinow. »Sie hört zu, wer welche Sprache spricht, und wenn der Verkäufer auf Russisch antwortet, kann er nach Gesetz strafrechtlich verfolgt werden.« Die Beziehungen zur Russischen Föderation betrachtet Litwinow nicht unkritisch: »Wir sehen, dass in Russland das Kapital herrschte und herrscht. Deshalb wünschen wir uns eine linke Entwicklung im eigenen Land, aber auch eine Linkswende in Russland.« Differenzierend beurteilt Litwinow auch die politische Entwicklung in Donezk: »Unsere Republik ist nicht strukturiert, sieben Jahre sind vergangen, und es gibt immer noch kein Gesetz über Parteien und Vereinigungen.«
Boris Litwinow ist Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Volksrepublik von Donezk. Litwinow, seit 1979 Mitglied der KPdSU (und später der KP der Ukraine), war vom 25. Juli bis zum 18. November 2014 Vorsitzender des Obersten Sowjets der Volksrepublik Donezk.