22. Dezember 2024

Das „Mobilitäts-Antiteuerungspaket“: unzureichend und vertane Chance

Die Bundesregierung hat gestern Sonntag ihr Energiepaket vorgelegt. Am Mittwoch folgt noch ein Gespräch mit den „Sozialpartnern“, im Anschluss soll es auf den Weg gebracht werden. Die Chance zugleich mit der 50%igen Erhöhung des Pendlerpauschales diese endlich auch sozial-ökologisch umzubauen wurde indes ebenso vertan wie die Maßnahmen unzureichend sind und große Teile der Preisfront unberührt lassen.

Gleichzeitig ist es ökologisch unabdingbar, wie der aktuelle ICPP-Bericht des Weltklimarats nochmals nachdrücklich macht, den Autoverkehr drastisch zu reduzieren und dringend eine tiefgreifende Verkehrswende auf die Spur zu bringen.

Zumal Österreichs Verkehrssektor das große Sorgenkind der Klimapolitik ist und bleibt. „Seit 1990 ist der Treibhausgasausstoß in diesem Sektor um 75 Prozent gestiegen. Diese Entwicklung hat damit die Fortschritte in allen anderen Sektoren, wie Gebäude, Abfallwirtschaft oder Industrie, zunichte gemacht. Der private Autoverkehr hat einen erheblichen Anteil daran. Heute stammen rund zwei Drittel der Verkehrsmissionen von PKW“ – so jüngst das Momentum Institut.

Allerdings mangelt es auf Regierungs- und Länderebene nicht nur an entsprechenden tragfähigen Alternativkonzepten, auch die nötige zielstrebige sozial-ökologische Reform und Ausgestaltung des Pendlerpauschales bleibt weiterhin aus.

Automobilität und Berufsverkehr & Spritpreise und Gesamtkostenstruktur

Ein Auto zu besitzen und damit die immer entgrenzteren Arbeitswege (mit zu gegenüber früher immer längeren Anfahrtszeiten zum Betrieb) und flexibilisierten Arbeitszeiten zu bewerkstelligen und zu bewältigen ist in vielen Regionen Österreichs (mangels entsprechendem öffentlichen Verkehr) nach wie vor notwendig. Vielfach auch in den Städten des Landes und aus den Stadtrandgebieten. Immerhin rund 60% der 3,8 Millionen Beschäftigten im Land sind unmittelbar Pendler, die ihren Arbeitsweg zu 70% mit dem Auto bewältigen oder zurücklegen. Ein Zweit- oder Drittauto hingegen ist in den allermeisten Fällen unnötig und gehörte in diesen Fällen aus ökologischem Blickwinkel dann auch höher besteuert. Ebenso gilt es dem Trend zu immer größeren und schwereren Wagentypen gegenzusteuern. 2 von 5 neu zugelassenen Autos waren letztes Jahr SUV und Geländewagen. Im durchgängig urbanen Wien ist mittlerweile jedes dritte neue Auto ein Geländewagen.

Die anfallenden Kosten eines (bislang vielfach noch notwendigen) Autos wiederum entspringen – entgegen dem verengt-ausschließlichen, wenn aufgrund des Preisschubs freilich nachvollziehbar brisanten Blicks auf die Spritpreise –  insgesamt allerdings allem voran dessen Wertverlust, durch Versicherung, Reparatur sowie Abgaben. Die Spritkosten ihrerseits liegen (im Schnitt der letzten Jahre) bei etwa 11% der monatlichen Gesamtkosten der Automobilität. Für Pendler, je nach Arbeitsweg, natürlich um dessen jeweiligen Faktor höher. Gleichzeitig ist es klimapolitisch unabdingbar, den Autoverkehr drastisch zu reduzieren und eine tiefgreifende ökologische Verkehrswende einzuleiten.

Sozial-ausgleichende Umwandlung des Pendlerpauschales in Richtung einkommensunabhängigen, kilometerabhängigen Absetzbetrag 

Für die Überbrückung, bis zur beständigen Realisierung dieser Mobilitätswende, und für etwaige verbleibende Randbereiche, für die es aus beruflichen Gründen weiterhin notwendig sein mag, ein Auto zu besitzen, ist in sozial-ökologischer Perspektive auch das Pendlerpauschale zielstrebig wirksam zu machen.

Das bisherige Pendlerpauschale als Steuerfreibetrag ist freilich sozial höchst ungerecht. Wer für einen niedrig bezahlten Arbeitsplatz pendeln muss, bekommt fast nichts. Wer viel verdient, bekommt vielfach fast die gesamten Kosten ersetzt.

Entsprechend dieser Bevorzugung der Besserverdienenden profitieren mit der geplanten 50%igen Erhöhung des Pendlerpauschales abermals die Gutverdienenden stärker als jene denen das Wasser tatsächlich bis zum Hals steht.

Daher fordern Arbeiterkammer und Gewerkschaften auch schon des Längeren zu Recht die Umwandlung des Pendlerpauschales in Richtung einkommensunabhängigen kilometerabhängen Absetzbetrag.

Zudem ist bekannt, dass im unteren Einkommensfünftel, sprich: unter den 20% der Haushalte mit den niedrigsten Einkommen, nur jeder zweite Haushalt überhaupt über ein Auto verfügt und vom bevorstehenden „Mobilitäts-Antiteuerungspaket“ keinen Cent sieht.

Zielstrebige sozial-ökologisch Reformierung und Ausgestaltung des Pendlerpauschales

Gleichzeitig gilt es jedoch, das Pendlerpauschale nicht nur umgehend sozial auszutarieren und die explodierten Spritkosten des Berufsverkehrs einzufangen, sondern auch mit ökologischen Parametern zu verkoppeln bzw. an umweltpolitische Kriterien zu binden.

Etwa indem man für besonders große, schwere, jeder vernünftigen Aerodynamik spottende Wagentypen (wie etwa die viel beredeten SUVs) ein Malussystem implementiert oder sie ab einer bestimmten umweltzerstörerischen Dimension – im Vergleich zu kleineren, leichteren und weniger Emission (aber auch Feinstaub) verursachende Pkw –  als Luxusgut ganz aus dem Pendlerpauschalesystem herausnimmt. Oder indem man die Anbindung an ein (allerdings tatsächliches) regional zumutbares öffentliches Verkehrssystem mit inkludiert. Also dass das Pendlerpauschale bis zur Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz (samt geeigneten, attraktiven und kostenlosen öffentlichen Park-and-Ride Anlagen und preisgewichtetem öffentlichen Verkehrsticket) voll greift und danach ebenfalls mit einem Malus belegt wird oder für die Reststrecke gleichfalls um das dann allerdings nur anteilige Pendlerpauschale fällt.

Vom Tisch sind indes Vorschläge einer allgemeinen Steuersenkung auf die Spritpreise. Das trifft zwar auch Einkaufsfahren oder Fahrten der Kinder zum Sport etc., aber oftmals stärker noch Wohlhabende, die mehr und zumeist spritfressendere Autos haben, im Schnitt weitere Strecken fahren und dadurch größere Summen (in Teilsegmenten auch höhere Anteile) ihres Einkommens für Benzin ausgeben, sowie aspektiv die überbordenden Dienstwagenflotten der Unternehmen. Hinzu käme das Problem, wie sich einmal gesenkte Steuern im fossilen individuellen Privatverkehr ökologisch nach Ende der gegenwärtigen Spritpreisschubwelle wieder einträglich in Einklang mit der notwendigen Verkehrswende bringen lassen.

Quelle: KOMintern

Österreich