22. Dezember 2024

Denkmalstürmer

Die indirekten Folgen des russischen Krieges in der Ukraine nehmen immer groteskere Ausmaße an. Die USA und die NATO-Staaten geben immer mehr Milliarden für Waffenlieferungen an die Ukraine aus, sie steigern die Militärbudgets in ihren Ländern in bisher ungekannte Höhen. Als Folge des von Rußland begonnenen, und nun vom »Westen« weiter angeheizten Krieges werden nicht nur die Preise für Energie und viele Waren des täglichen Bedarfs steil nach oben getrieben, es wird auch immer mehr Geld verpulvert, um zum Beispiel »Putin-freies« Gas aus den USA und dem Mittleren Osten zu importieren.

Auch die durch den Krieg ausgelöste Flüchtlingswelle aus der Ukraine, deren Ende noch nicht abzusehen ist, stellt die EU-Länder vor immer neue Herausforderungen. Denn auch die Flüchtlinge kosten Geld, das für die Unterbringung, Verpflegung, medizinische Versorgung und die Versuche der Integration benötigt wird.

Woher soll dieses Geld kommen? Die Dienstag-Ausgabe des »Luxemburger Wort«, der Zeitung »für Wahrheit und Recht« gibt dazu auf ihrer Seite 7 eine recht deutliche Antwort. Dort finden wir einen Artikel über die von der Friedensnobelpreisträgerin Europäische Union soeben beschlossene Gründung einer neuen militärischen Eingreiftruppe. An der Finanzierung und Ausstattung der forcierten Militarisierung der EU soll sich nach dem Willen der Regierenden auch Luxemburg beteiligen. Mitten in dem Artikel findet sich ein Spendenaufruf mit den Konten von Hilfsorganisationen und Institutionen, die Geld für ukrainische Flüchtlinge sammeln. Es ist offensichtlich: Die Staaten geben aus ihren Steuereinnahmen Milliarden für Waffen und Militärstrukturen aus, und für die Folgen, unter anderem die Versorgung der Kriegsflüchtlinge, sollen nun ebenfalls die Steuerzahler mit freiwilligen Spenden aufkommen. Warum kommt eigentlich niemand auf die Idee, weniger Geld für Waffen und dann auch für die Folgen eines Krieges aufzuwenden?

Diese Frage stellt sich leider auch nicht für die christlichen Demokraten im Berliner Stadtbezirk Pankow. Dort, in einem bekannten Viertel Prenzlauer Berg, befindet sich ein Denkmal, das den Damen und Herren der vom damaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer gegründeten Christenpartei seit vielen Jahren ein riesiger Dorn im Auge ist. Im Jahr 1986 aufgestellt, ehrt das Denkmal den von den deutschen Faschisten ermordeten Vorsitzenden der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) Ernst Thälmann.

Das Denkmal gehört nicht nur zum Ensemble des dortigen Wohngebiets, es ist auch eine Mahnung, die Verbrechen des deutschen Faschismus und die Opfer der Faschisten nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Dieser Gedanke paßt natürlich denen nicht in den Kram, die einst die Bundesrepublik Deutschland gründeten, 1956 die KPD verbieten ließen, Kommunisten zu Hunderten vor Gerichte schleiften, wo viele sich den selben Richtern gegenüber sahen, die sie vor 1945 zu Gefängnisstrafen verurteilt hatten, und die schließlich nach 1990 ihre politische Herrschaft auch auf das Gebiet der von ihnen verhaßten DDR ausweiten konnten.

Und da nun wieder einmal dringend Geld für die Verteidigung der Freiheit und Demokratie in der Ukraine gebraucht wird, kamen die Volksvertreter der Christenunion im Stadtbezirk Pankow auf die Idee, das Thälmann-Denkmal endlich vom Sockel reißen zu lassen, es einzuschmelzen und den Erlös aus dem Verkauf des Metall-Legierung für die Ukraine zu spenden. Ein derartiger Antrag der CDU-Fraktion steht allen Ernstes auf der Tagesordnung der am heutigen Mittwoch stattfindenden Pankower Bezirksverordnetenversammlung, berichtete die zur Funke-Mediengruppe gehörende »Berliner Morgenpost«.

Doch es soll nicht nur die Bronze versilbert, sondern auch die Gelegenheit genutzt werden, das Denkmal als historische Stätte von der Berliner Denkmalliste zu streichen, schreibt die Zeitung. Damit kann dann ein weiterer Versuch unternommen werden, das Andenken an den einstigen Hamburger Arbeiterführer und späteren KPD-Vorsitzenden Ernst Thälmann, der auf direkte Anweisung Hitlers am 18. August 1944 in KZ Buchenwald hinterrücks erschossen wurde, aus dem kollektiven Gedächtnis verschwinden zu lassen.

Es ist nicht der erste Versuch, das 50 Tonnen schwere Bronzemonument des sowjetischen Bildhauers Lew Kerbel abzureißen. Doch bisher scheiterte die Absicht nicht nur an technischen Schwierigkeiten, sondern auch am Widerstand von Kommunisten, Antifaschisten und Demokraten in Berlin. Nun aber dient »Putins Krieg« als Anlaß für einen neuen Anlauf. Weil russische Panzer in der Ukraine rollen, meint der Antragsteller der CDU, müsse man gerade in Berlin einen neuen Anlauf nehmen, den »Kampfkoloss« Ernst-Thälmann von seinem Sockel zu stoßen. Von einem Block, der aus ukrainischem Marmor besteht.

Mit dem Verweis auf den Krieg in der Ukraine hofft die CDU auf Unterstützung der anderen Fraktionen für ihren Antrag mit der Überschrift »Keine Ehrung für Demokratiefeinde«. Kaum verwunderlich ist, daß die Fraktionsvorsitzende der Grünen den Antrag lobt. Die Verquickung von Russen- und Kommunistenhaß läßt dann auch schnell darüber hinwegsehen, daß das Monument seit 2014 mitsamt der angrenzenden Siedlung unter Denkmalschutz steht.

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek

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