19. Dezember 2024

Familiengesetzbuch: einer der modernsten Texte dieser Art

Übernommen von Granma:

Yamila González Ferrer, Doktorin der Rechtswissenschaften und Professorin an der juristischen Fakultät der Universität Havanna, hat es bereits früher gesagt und an diesem Dienstag während der öffentlichen Anhörung des Parlaments zum Entwurf des Familiengesetzes im Nationalen Kapitol bekräftigt: “Wir sollten uns fragen, ob es wahrhaftige Liebe geben könne, wenn die Rechte der Menschen nicht respektiert werden, die wir zu lieben vorgeben und ob wir bei dem Verfassungstext, der zur Verabschiedung ansteht, die wirkliche Tragweite in Bezug auf Gleichheit, Nichtdiskriminierung und Menschenwürde verstehen.“

Dieser Gesetzentwurf, so Yamila Gonzálze Ferrer, die auch Vizepräsidentin der Nationalen Juristenvereinigung Kubas ist und den Gesetzestext mitverfasst hat, stellt diese Grundsätze in den Vordergrund und macht deutlich, dass die sexuelle Ausrichtung, die Geschlechtsidentität, die Hautfarbe, die religiöse Überzeugung oder der Status einer Behinderung in keiner Weise den Unterschied ausmachen und auch keine Kategorien sind, die bestimmen, ob wir bessere oder schlechtere Menschen sind.

Im Rahmen der Anhörung “Kuba lebt in der Familie“, die von den ständigen Arbeitsausschüssen „Verfassung und Recht“ sowie „Jugend, Kinder und Gleichberechtigung der Frauen“ der Nationalversammlung der Volksmacht (ANPP) einberufen wurde, hielt es der Vorsitzende des Ausschusses, José Luis Toledo Santander, für angebracht, daran zu erinnern, dass das Gesetzbuch niemandem vorschreiben will, wie seine Familie auszusehen hat, sondern dass es Regeln des Respekts und der Gleichberechtigung für alle Menschen aufstellt.

“Noch wichtiger ist, dass es die verschiedenen Formen von Familien anerkennt, mit denen wir bereits leben und die diese Anerkennung und diesen Schutz als ihr Recht einfordern, und das kann in einem Staat des Rechts und der sozialen Gerechtigkeit nicht anders sein, und dieser Staat des Rechts und der sozialen Gerechtigkeit gilt für uns alle gleichermaßen“, betonte er.

Er erinnerte an die Bedeutung der Volksbefragung, denn wäre dieser Gesetzesentwurf direkt der Nationalversammlung zur Verabschiedung vorgelegt worden, so wäre dies nicht mit der Loyalität vereinbar gewesen, die der kubanische Gesetzgeber dem Volk schuldet.

An dem Treffen nahmen auch Ana María Mari Machado, Vizepräsidentin der ANPP, der Sekretär des Parlaments, Homero Acosta Álvarez, Oscar Silvera Martínez, Justizminister, sowie Yamila Peña Ojeda, Generalstaatsanwältin der Republik, Alina Balseiro Gutiérrez, Präsidentin des Nationalen Wahlrats, sowie die Mitglieder des Staatsrats Aylín Álvarez García und Karla Santana Rodríguez, erste Sekretärin des Nationalen Komitees der Union Junger Kommunisten (UJC) bzw. nationale Präsidentin des Verbands der Universitätsstudenten (FEU) teil.

TREFFENDE DEFINITIONEN ZUR DISKUSSION

Die Bedeutung von Begriffen wie elterliche Verantwortung, fortschreitende Autonomie und solidarische Schwangerschaft weckte das Interesse renommierter internationaler Wissenschaftler und Juristen sowie von Mitgliedern und Gästen aus unserem Land, wie Dr. Aída Kemelmajer de Carlucci, ordentliches Mitglied der Nationalen Rechtsakademie von Buenos Aires, Argentinien, Dr. Silvia Díaz Alabart, emeritierte Professorin für Zivilrecht an der Universität Complutense Madrid, Spanien, und Dr. María Berenice Díaz, Vizepräsidentin des brasilianischen Instituts für für Familienrecht und anderer Experten.

Aída Kemelmajer de Carlucci hat unter anderem über die Angemessenheit der Definition der elterlichen Verantwortung nachgedacht, die den Begriff elterliche Gewalt ersetzt und eine Kontroverse ausgelöst hat. Mit den dabei angeführten Kriterien zeigten sich die Sachverständige nicht einverstanden ist, da ihrer Meinung nach der Begriff elterliche Verantwortung für den Adressaten des Gesetzes verständlicher sei und besser ermögliche, das Gesetz einzuhalten.

Hinzu komme, dass wir uns alle bewusst sind, dass es sich bei den Aufgaben, die Eltern gegenüber ihren Kindern haben, nicht um Befugnisse, sondern um Pflichten handelt. Eine dieser Aufgaben besteht darin, das Kind darauf vorzubereiten, Entscheidungen für die Entwicklung seiner Persönlichkeit treffen zu können, was ganz im Sinne der fortschreitenden Autonomie ist.

Neylia Abboud Castillo, Professorin für Zivilrecht an der Universität von Managua, Nicaragua, stimmte in diesem Zusammenhang zu, dass dies von wesentlicher Bedeutung sei, da es bedeute, die Meinung der Kinder unter bestimmten Umständen aktiv anzuhören, wie z. B. in Scheidungsfällen oder bei Adoptionsverfahren.

Die fortschreitende Autonomie, so die nicaraguanische Juristin, sei für die Entwicklung der Persönlichkeit der Kinder unerlässlich, und diese hänge sehr stark von der Vorbereitung durch die Eltern ab. Kinder und Jugendliche sind Rechtssubjekte, und ihre Meinung sollte gehört werden, und zwar immer auf einer wertebasierten Ebene, betonte sie.

Generell sei das kubanische Projekt nicht dazu da, irgendetwas zu erfinden, sondern es beschreibe eine Realität, die bereits existiere, und diese Realität müsse rechtlich unterstützt und geschützt werden.

Ein weiteres Element erregte die Aufmerksamkeit von Kemelmajer de Carlucci, denn ihrer Meinung nach ist das Adjektiv in der Definition der solidarischen Schwangerschaft im Text perfekt, zu dem das hinzukommt, was der Kodex in Bezug auf den Schutz der Gesundheit der Beteiligten, nicht nur der ungeborenen Person, sowie die Regelung und die notwendige Erfüllung der Anforderungen, die sich für diese Möglichkeit ergeben, anführt.

Viele Grundsätze schienen ihr im Einklang mit der Verfassung wesentlich zu sein. Einerseits Autonomie und Freiheit, aber auch Solidarität, Nichtdiskriminierung und Gleichheit, wie in jedem Rechtsstaat.

GARANTIEN UND ACHTUNG ANDERER ELEMENTARER RECHTE

Auch die Frage der gleichgeschlechtlichen Paare und der Familien mit gleichgeschlechtlichen Eltern betreffen die Justiz in Bezug auf die Anerkennung und den Schutz ihrer Rechte in Kuba, denn wie die renommierte kubanische Psychologin Patricia Arés Muzio bei der Anhörung deutlich machte, sind sie nicht erst mit dem Gesetzbuch entstanden, sondern existieren in unserem Land schon seit langem und mussten in vielen Fällen Diskriminierung und Schweigen ertragen.

Sie wies darauf hin, dass die sexuelle Ausrichtung eines Menschen weder seine moralische Verfassung noch seine geistige Gesundheit und schon gar nicht seine Fähigkeit zu lieben beeinträchtigt.

Studien in renommierten Einrichtungen hätten gezeigt, dass diese Art von Familie ähnliche Möglichkeiten bietet, Kindern ein gesundes Umfeld zu bieten wie andere, und dass die psycho-emotionale Entwicklung der Kinder nicht beeinträchtigt werde.

Aus all diesen Gründen begrüße sie das Projekt, denn die Vielfalt der Familien sollte mit all ihren Rechten geschützt werden, insbesondere ihr Recht auf ein gesundes und glückliches Leben.

Dr. María Berenice Díaz, Vizepräsidentin des brasilianischen Instituts für Familienrecht, sagte, dass der kubanische Text eines der modernsten Instrumente dieser Art sei, die sie kennengelernt habe, nicht nur wegen der darin verankerten Grundsätze, sondern auch wegen der vollständigen Gleichstellung von Männern und Frauen, da er die Freiheit der letzteren einschließt, über ihren Körper zu entscheiden, ein Recht, das es heute in vielen Ländern nicht gibt.

Darüber hinaus würdigte sie er den Absatz, den das Gesetzbuch den Formen des Zusammenlebens mit Haustieren widmet.

Abschließend erklärte Dr. Leonardo Pérez Gallardo, Präsident der kubanischen Gesellschaft für Zivil- und Familienrecht, es bestehe kein Zweifel daran, dass das Gesetzbuch dem heutigen Kuba immer ähnlicher werden müsse, es müsse an die Integration, die Vielfalt und den Grundsatz der Pluralität appellieren.

„Die kubanischen Familien strecken ihre Arme aus, sie bitten uns um eine Umarmung, und diese Umarmung kann ihnen nur und ausschließlich das neue Familiengesetz geben“, sagte er.

Der Gesetzentwurf zum Familiengesetzbuch wird derzeit einem landesweiten Referendum unterzogen, das am 1. Februar begann und bis zum 30. April läuft.

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