Rückendeckung für Verfassungsschutz
Die in Berlin erscheinende Tageszeitung junge Welt (jW) wird vorerst weiter im Verfassungsschutzbericht mit einem Eintrag genannt. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden und einen Eilantrag dieser Zeitung gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesinnenministerium, abgewiesen.
Die Verlag 8. Mai GmbH, in der die jW erscheint, wollte im Zuge einer einstweiligen Anordnung erwirken, dass die Jahresberichte des Inlandsgeheimdiensts mit entsprechenden Nennungen bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht mehr verbreitet werden dürfen.
Der nun vorliegende Gerichtsbeschluss enthält eine Reihe politischer Einschätzungen und weitreichender, nicht nur diese Zeitung betreffender Wertungen, die das abschließende Urteil bereits vorwegnehmen sollen. Das Gericht sieht in der jW keine unabhängige Tageszeitung, sondern einen »Personenzusammenschluss«, der die »Errichtung einer sozialistisch-kommunistischen Gesellschaftsordnung nach klassischem marxistisch-leninistischem Verständnis« anstrebe. Beweise für diese Unterstellung liegen allerdings nicht vor. Zudem wird angeführt, in der jW sei eine »redaktionelle Linie bei den veröffentlichten Artikeln erkennbar«, sie wolle »auch politisch Reichweite« schaffen. Das aber entspricht der Zielsetzung praktisch aller Medien.
Stefan Huth, Chefredakteur der jungen Welt, erklärt: »Die Entscheidung des Gerichts bedeutet einen drastischen Angriff auf die Pressefreiheit, auf die sich die Bundesregierung sonst so viel zugute hält. Erst Anfang März bemerkte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier: ›Ohne sie können Demokratien nicht überleben.‹ Redaktion und Verlag sind entschlossen, die staatliche Bekämpfung einer unabhängigen Tageszeitung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz durch alle Instanzen anzufechten.«