Russlands Außenminister Sergej Lawrow im Interview mit RT am 18. März 2022 in Moskau
Inoffizielle Übersetzung aus dem Englischen
Frage: Die Sanktionen, die gegen Russland verhängt wurden, sind unerhört. Sie beeinflussen negativ viele Lebensbereiche einfacher Russen, auch wenn Washington sagt, sein Ziel seien nicht russische Bürger seien. Sagen Sie: Wie ist das Ziel dieser Sanktionen? Und gegen wen sind sie in Wirklichkeit gerichtet?
Sergej Lawrow: Das Ziel dieser Sanktionen ist mehr strategisch als nur die Ukraine. Was wir gerade in der Ukraine beobachten, ist die Quintessenz des westlichen Kurses: Russland zu marginalisieren und einzudämmen, die Entwicklung unseres Landes zu stoppen und seine Rolle in der internationalen Politik, Wirtschaft, im Sport, in der Kunst, im Handel, in der Wissenschaft, im Bildungswesen auf die Null zu reduzieren. Wir beobachten gerade beispiellose Schritte, die unsere westlichen Kollegen unternehmen. Eine der grundlegenden Tendenzen macht die Absicht der USA aus (die in letzter Zeit und vor allem nach der Machtübernahme durch die Administration Joe Bidens immer offensichtlicher wird), zur unipolaren Welt zurückzukehren. Sie wollen die „Schmelztiegel“-Konzeption vom US-Territorium auf die ganze Welt übertragen und dabei die Rolle des Schmelzers spielen. Ich denke, die Europäische Union hat die Versuche, ihre Unabhängigkeit zu verteidigen, schon zu 99 Prozent gelassen, obwohl der französische Präsident Emmanuel Macron ständig wiederholt, dass das strategische Ziel der Europäischen Union eine strategische Autonomie sei, und er werde dafür kämpfen. Ich denke aber, er wird dabei erfolglos bleiben. Deutschland ist absolut bereit, den Hinweisen der USA zu folgen. Die Situation um das Projekt Nord Stream 2 zeigt klar und deutlich, welche Rolle in der Weltpolitik Deutschland gerade spielt. Die Amerikaner haben die Deutschen und alle anderen „überzeugt“, dass sie besser als die Europäer wissen, was Europa für seine Energiesicherheit braucht. Es gibt viele Beispiele, die das bestätigen. Der Sanktionsdruck wird weiterhin ausgeübt. Jetzt droht man schon mit der fünften Sanktionswelle. Vielleicht wird es eine weitere Welle geben. Wir haben uns daran gewöhnt. Noch lange vor der Ukraine-Krise, die wegen des verfassungswidrigen Machtsturzes begann, hatte man Sanktionen gegen uns verhängt. Erwähnenswert ist beispielsweise das Jackson-Vanik-Amendment, das zwar abgeschafft wurde, doch gleich danach wurde die „Magnizki-Akte“ verabschiedet. Also blieben die Sanktionen so oder so in Kraft. Danach gab es eine weitere Serie von Sanktionen, um uns de facto für die Unterstützung der legitimen Forderungen der Russen in der Ukraine und auf der Krim zu bestrafen. Sie kennen diese Situation, also will ich jetzt nicht schon wieder darüber sprechen und die Reihenfolge der damaligen Ereignisse aufzählen.
Die letzte Sanktionsrunde ist beispiellos. Wie Präsident Putin sagte, sind wir die Weltmeister nach der Zahl der Sanktionen, die gegen die Russische Föderation verhängt wurden – insgesamt mehr als 5000. Das ist praktisch doppelt so viel wie gegen Nordkorea und den Iran. Die Sanktionen machten uns aber immer noch stärker. Sie wurden 2014 verhängt, weil der Westen die freie Willensäußerung der Krim-Einwohner nicht akzeptieren wollte, die sich mit der Russischen Föderation wiedervereinigen wollten, und de facto unterstützte der Westen damals den verfassungswidrigen Staatsstreich in der Ukraine. Wenn ich mit unseren westlichen Kollegen darüber spreche, greifen sie oft auf die Taktik zum „Abschneiden“ von unerwünschten historischen Perioden zurück. Für sie beginnt die Geschichte mit der so genannten „Annexion“ der Krim. Aber eigentlich hatte alles begonnen, als sich die EU unfähig zeigte, auf der Umsetzung des Abkommens zu bestehen, das sie garantiert hatte. Im Grunde wurde der Deal von der Opposition „weggeworfen“. Die Oppositionsführer bzw. die Anführer des so genannten „Maidans“, die Radikalen wie Dmitri Jarosch, sagten, sie würden für eine Ukraine ohne Russen eintreten. Er sagte, dass die Russen auf der Krim nie Ukrainisch denken und sprechen würden, dass sie nie „Helden“ glorifizieren würden, indem er Schuchewitsch, Bandera und andere Kollaborateure Hitlers meinte. Deshalb sollten die Russen von der Krim vertrieben werden. Das verlautete ein paar Wochen vor der Entscheidung der Krim-Einwohner für das Referendum. Und diese Worte wurden auch mit Taten bekräftigt: Es wurden bewaffnete Gruppen losgeschickt, die den Obersten Sowjet der Krim erobern sollten. So hat alles begonnen. Noch am ersten Tag nach dem Staatsstreich beschlossen die Putschisten, den offiziellen Status des Russischen als Staatssprache abzuerkennen, der in der ukrainischen Verfassung verankert war. All diese „Instinkte“ verwandelten sich schnell in konkrete Schritte der russophoben Politik.
Die Idee zur Vertreibung der Russen aus der Ukraine beschäftigt immer noch manche Politiker in diesem Land. Nehmen wir einmal Oleg Tjagnibok von der ultraradikalen Partei „Swoboda“. Er redet permanent von der Notwendigkeit einer „Entrussifizierung“, die nämlich vorsieht, dass ethnische Russen in der Ukraine weder ihre Sprache noch die Geschichte ihrer Selbstidentität, noch viele andere Dinge haben dürfen. Aber um die aktuelle Situation besser zu verstehen, sollte man sich an manche Äußerungen des ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenski erinnern. Ich erwähnte schon, dass die Ultraradikalen ihn zur Verdrängung der Russen von der Krim aufgerufen hatten. Und im September 2021 sagte Präsident Selenski folgendes: Wer glaubt Russe zu sein, wer Russe sein will, wer mit Russland befreundet sein will, der sollte nach Russland abhauen.
Aber zurück zu den Sanktionen: Wir werden sie überleben. Die Maßnahmen, die der Präsident und die Regierung Russlands ergreifen, wurden bereits bekanntgegeben. Das ist erst der Anfang der Korrektur unseres Wirtschaftskurses, damit wir uns den aktuellen Umständen anpassen. Nach dem Jahr 2014 haben wir Erfahrungen gesammelt, dank denen wir mit unseren eigenen Kräften rechnen dürfen. Wir haben aus dieser historischen Periode das Wichtigste gelernt: Wer bis dahin noch Illusionen hatte, dass wir mit unseren westlichen Partnern rechne dürfen, hat diese Illusionen verloren. Jetzt können wir nur mit uns selbst und mit unseren Verbündeten rechnen, die mit uns bleiben. Das ist die wichtigste Lehre für Russland im geopolitischen Kontext.
Frage: Man kann sagen, dass sich die russische Kultur schon daran gewöhnt hat, dass sie Teil eines globalen „Dorfes“ ist. Das bedeutet, dass verschiedene Länder enge wirtschaftliche Verbindungen haben, dass Menschen aus einem Land in ein anderes reisen. Wie wird sich das Leben der Russen angesichts der neuen Beschränkungen kurz- und längerfristig verändern?
Sergej Lawrow: Die Einschätzung der aktuellen Ereignisse zeugt davon, dass Amerika eine unipolare Welt anstrebt. Das wird alles andere als ein „globales Dorf“ sein – das wird ein „amerikanisches Dorf“ sein, eine Art amerikanisches „Saloon“, wo alle dem Stärksten gehorchen. Ich denke, es wird ihnen gelingen, die Kräfte um sich herum zu vereinigen, und auf Basis ihrer Interessen werden sie die ganze westliche Welt mobilisieren. Ein klarer Beweis dafür ist die große Abhängigkeit der Nato- und EU-Mitglieder. Das zeugt auch davon, welche Rolle die Europäische Union in der künftigen Weltordnung spielen wird.
Es gibt Akteure, die sich das „globale Dorf“ mit einem amerikanischen Scheriff nie gefallen lassen werden: China, Indien, Brasilien, Argentinien, Mexiko. Das sind meines Erachtens nicht die Länder, die „Jawohl“ sagen werden, wenn der „Uncle Sam“ ihnen etwas befehlen sollte. Russland gehört definitiv nicht zu den Ländern, die das tun werden. Wenn die Amerikaner, Europäer und die westlichen Länder im Allgemeinen sagen, Russland hätte in der UN-Vollversammlung „verloren“, weil die absolut meisten Länder gegen Russlands Vorgehen in der Ukraine gestimmt hatten, täuscht das. Sehen Sie sich die Länder an, die gegen die Russische Föderation nicht gestimmt haben, sehen Sie sich die Zahl der Länder an, die die Sanktionen gegen Russland verhängt haben. Sie sehen dann, dass die meisten Länder, die gegen uns gestimmt haben, das unter einem enormen Druck getan haben, dass sie ja erpresst wurden. Soweit ich weiß, wurden konkrete Personen bedroht, es bestanden Gefahren für ihre Aktiva und Bankkonten in den USA; auch ihre Kinder, die an amerikanischen Universitäten studieren, wurden bedroht. Das war eine unerhörte Erpressung – sie wurden einem völlig unmoralischen Druck ausgesetzt. Die meisten Länder, die sich mit dem Westen solidarisiert haben, verabschiedeten keine Sanktionen gegen Russland und werden das auch nicht tun. Sie denken, dass dies ein viel zu hoher Preis für ihre Kooperation mit Russland, und der Westen tut das ausschließlich zu propagandistischen Zwecken. Wir werden, wie immer, offen für Zusammenwirken mit allen Ländern sein, die dazu bereit sind auf Basis der Gleichberechtigung, des gegenseitigen Respekts und der Suche nach einer Interessenbalance. Die Länder östlich von Russland sind vielmehr dazu bereit, diesen Prinzipien zu folgen. Wir werden zweifellos darauf entsprechend reagieren, was für uns und unsere Partner nützlich sein wird. Wir sind nicht diejenigen, die die Tür für den Westen schließen – das tut er selbst. Aber wenn er sich besinnt, und diese Tür sich wieder öffnet, werden wir uns mögliche Kooperationsprojekte überlegen. Aber wir werden mit ihnen kooperieren, indem wir im Kopf halten, dass sie keine zuverlässigen langfristigen Partner sind.
Frage: Es geht um die von den USA gesponserten Biolaboren in der Ukraine. Russland versuchte seit vielen Jahren, die Aufmerksamkeit der Weltgemeinschaft auf diese Labore zu lenken. Vor kurzem haben russische Militärs neue Beweise präsentiert: Dokumente, die von US-amerikanischen Organisationen unterzeichnet waren. Warum achtet die Welt darauf nicht? Wird man Washington und dessen Verbündete zur Verantwortung ziehen?
Sergej Lawrow: Ein interessanter Fakt. Die militärische Sonderoperation, zu der sich Präsident Putin entschieden hat, hat es ermöglicht, viele Fakten aufzudecken, die wichtig sind, um die Situation nachzuvollziehen. Erst vor kurzem entdeckten russische Militärs gemeinsam mit den Kräften der Volksrepubliken Donezk und Lugansk Dokumente des ukrainischen Generalstabs, die davon zeugen, dass die Ukraine einen umfassenden Angriff auf die beiden Volksrepubliken vorbereitet hatte. Die von der russischen Seite begonnene Operation hat de facto diese Gefahr unterbunden, so dass diese Pläne nicht in Erfüllung gehen konnten. Da die Ukraine die Minsker Vereinbarungen nicht erfüllen konnte, bereitete sie den „Plan B“ vor. Es geht um die Eroberung von „verlorenen“ Territorien mit einem gewaltigen Blutvergießen, mit einer Eskalation – und das wäre noch viel schlimmer als das, was in den letzten acht Jahren gegenüber der zivilen Bevölkerung getan wurde.
Doch wie Sie sagten, wurden auch andere Dokumente entdeckt, die mit der militärischen biologischen Tätigkeit der US-Labore in der Ukraine verbunden sind. Die Dokumente mit Unterschriften der ukrainischen offiziellen Personen, US-Militärs. Diese Labore wurden in der ganzen Welt stationiert. Insgesamt mehr als 300 Labore in verschiedenen Ländern. Viele von ihnen befinden sich entlang der Russischen Föderation in den ehemaligen Republiken der Sowjetunion, darunter in der Ukraine. Die Ukraine ist ein großes Projekt aus der Sicht Pentagons, das es gerade via Agentur zur Verringerung der militärischen Bedrohung leitete. Sie war für die Tätigkeit der Biolabore, die gefährliche Pathogenen wie Pest, Bruzellose, Milzbrand u.a. produzierten, zuständig. Das sind äußerst gefährliche Erzeuger. Uns ist bekannt, dass sie mit potentiellen Infektionen, die auf ethnische Gruppen, die in der Ostukraine und nahegelegenen russischen Regionen wohnen, gerichtet sind, experimentierten.
Wir stellten diese Frage in internationalen Organisationen im Laufe der letzten zwei Jahrzehnten. 2001 wurde den Ländern, die Mitglieder der Biowaffenkonvention sind, vorgeschlagen, einen Verifikationsmechanismus, der einen transparenten Charakter hat, zu entwickeln, der von allen verstanden und angewendet wird. Das Übereinkommen selbst sieht Konsultationen vor. Wenn ein Mitgliedstaat Verdächtigungen bzw. Informationen hat, die geklärt werden sollen, und wenn im Rahmen der Konsultationen gewichtige Beweise entdeckt werden, dann soll eine Untersuchung aufgenommen werden. Doch es gibt keinen Mechanismus solcher Untersuchung. Wir brauchen einen Mechanismus, der es ermöglichen würde, zu reagieren und Transparenz in dieser militärbiologischen Tätigkeit zu erreichen – ob auf dem eigenen Territorium oder außerhalb.
Vor einigen Jahren beschlossen die Amerikaner, dass es zu gefährlich ist, auf dem eigenen Territorium Experimente zu machen, weil sie diese gefährliche Tätigkeit in andere Staaten verlegten. Immer mehr konzentrieren sie ihre Experimente auf den Gebieten um die Grenzen der Russischen Föderation und Chinas. Deswegen werden wir darauf beharren, dass diese Frage in der Biowaffenkonvention, UN-Sicherheitsrat erörtert werden soll, weil es eine eindeutige Bedrohung für internationalen Frieden und Sicherheit darstellt. Wir betonen erneut die Wichtigkeit der Führung der Verhandlungen zur Unterzeichnung des juridisch verbindlichen Protokolls der Biowaffenkonvention, wo eine Verpflichtung zum Treffen der transparenten Maßnahmen durch alle Mitgliedsstaaten enthalten sein wird. Ich habe keine Zweifel daran, dass die Amerikaner dagegen sein werden. Diese Position kann nicht verteidigt werden. Ich denke, dass immer mehr Länder begreifen, inwieweit diese Pläne gefährlich sind. Wir werden dagegen kämpfen.
Frage: Was können Sie über die Rolle Washingtons dabei sagen? Präsident Wladimir Selenski rief zu den Lieferungen westlicher Waffen an die Ukraine, er stellte auch die Forderung der Schaffung einer Flugsperrzone in der Ukraine. Zugleich sagte US-Präsident Joe Biden erneut, dass es dazu nicht kommen wird, weil das zweifellos zu einem offenen Konflikt zwischen Russland, der Nato und den USA führen wird. Warum beharrt Kiew beharrt, solches Szenario umzusetzen?
Sergej Lawrow: Egal was sie über einige Erklärungen Joe Bidens meinen, ist er ein erfahrener Politiker und versteht, dass es absolut unzulässig ist, eine Flugsperrzone einzurichten und Flugzeuge an die Ukraine zu liefern sowie andere Schritte zu unternehmen, die ein Risiko einer offenen Konfrontation der Nato und Russlands annähern würden. Doch Selenski versteht auch, dass es in den USA auch weniger verantwortungsvolle Politiker gibt, die vom ukrainischen Lobby gestachelt werden. Sie richten sich nach den russlandfeindlichen Gefühlen. Viele von ihnen sind im Kongress vertreten. Sie verabschieden ab und zu Resolutionen, die Russland verurteilen und bedrohen. Mir scheint, dass Wladimir Selenski damit rechnet, dass sie den US-Präsidenten in Richtung eines mehr konfrontatives Herangehen bewegen werden.
Wir gaben eindeutig zu verstehen, dass jede Frachten, die sich in der Ukraine erweisen, und die unseres Erachtens, Waffen enthalten werden, ein legitimes Ziel sein werden. Das ist offensichtlich. Wir führen eine Operation durch, deren Ziel die Ausrottung jeder Bedrohung für die Russische Föderation seitens der Ukraine ist. Das war ein Teil unserer Vorschläge im Dezember 2021, als vorgeschlagen wurde, die Sicherheitsgarantien mit der Nato zu besprechen, die die vorherigen Vereinbarungen auf dem hohen Niveau kodifizieren würden – kein einziges Land soll seine Sicherheit auf Kosten der Sicherheit der Anderen gewährleisten. Deswegen wissen sie, worum es geht.
Sie sprechen auch über die Raketenabwehr. Kiew meint, dass man die Nato-Mitglieder bitten kann, die über sowjetische Flugraketenabwehrsysteme verfügen, sie ihnen zu übergeben.
Ich möchte alle Länder, die diese Idee erörtern können, daran erinnern, dass sowjetische Systeme und Systeme russischer Produktion für die Raketenabwehr sich dort gemäß Zwischenregierungsabkommen und Verträgen befinden, die ebenfalls das Zertifikat der Endbenutzung haben. Dieses Zertifikat erlaubt ihnen nicht, diese Waffe an Drittländer ohne unsere Zustimmung zu liefern. Eine ziemlich legitime Verpflichtung. Ich verstehe, dass legitime Verpflichtungen jetzt nicht das, was westliche Kollegen respektieren, ist. Sie legten die Idee der Unschuldsvermutung, Unantastbarkeit des Privateigentums und viele andere Stützen, auf denen die „liberalen Werte“ im Laufe von Jahrzehnten und Jahrhunderten beruhten, zur Seite.
Das ist ein wichtiges Thema. Ich kann ihnen zusichern, dass wir es solchen Risiken nicht zulassen werden, dass sie ins Leben gerufen werden. Das Ziel der Operation ist, die Zivilbevölkerung zu schützen, die im Laufe von acht Jahren bombardiert, beschossen und getötet wurden, die Ukraine demilitarisieren (damit keine Bedrohung vom ukrainischen Territorium ausgeht) und Sicherheitsgarantien bekommen, die auf dem Prinzip einer gleichen Sicherheit für die Ukraine, Russland und alle europäischen Länder beruhen wird. Wir schlagen das bereits seit vielen Jahren vor. Die Entnazifizierung ist notwendig. Sie wird nicht nur die Aufhebung der Gesetze, die die Nazi-Ideologie und Praxis fördern, sondern auch jeder anderer diskriminierender Formen gegenüber der russischsprachigen Bevölkerung und alle anderen Rechte der russischsprachigen Bevölkerung, die in der Ukraine hart diskriminiert wurden, erfordern.
Frage: Wir sprachen viel über traditionelle Methoden der Kriegsführung. Wollen wir jetzt über Informationskrieg sprechen. Vor einigen Tagen führte das Weiße Haus ein Pressebriefing mit einigen in den USA populären Tik-Tok-Vertretern. Ihnen wurde de facto über neue Narrative gesagt, die Washington durchsetzen will. Was denken Sie über diese propagandistische Technik des Weißen Hauses? Gewöhnlich wird Russland Informationskrieg vorgeworfen.
Sergej Lawrow: In der Tat sind wir ein ziemlich bescheidener Akteur im internationalen Informationskrieg. Im globalen Informationsfeld dominieren amerikanische und britische, sowie deutsche und französische Medien. Eine andere Frage ist, welche Qualität dieser Informationen westliche Massenmedien erzeugen. Nehmen wir zum Beispiel CNN. Sie bevorzugen, analytische Materialien zu vermeiden. Sie konzentrieren sich mehr auf den Materialien, die aus den Mottos „Russland – Aggressor“, „Russland tötet Zivilisten“, „Russland nutzt Doping im Sport“ u.a. bestehen.
Was Tik-Tok und andere Ressourcen und Plattformen betrifft, wendet sich Washington de facto an Kinder. Tik-Tok wird von Teenagern benutzt. Ich denke, dass es der Versuch ist, ihr Gehirn für das ganze Leben zu waschen. Was ist unfair und unwürdig.
Wenn sie gewisse Informationskonkurrenz zwischen Medien haben wollen, sollten irgendwelche Regeln existieren.
Ich würde Sie und Ihre Zuschauer erinnern: 1990, als die Sowjetunion im Rahmen des Konzeptes des „neuen Denkens“, gemeinsamer menschlicher Werte lebte, förderten westliche Kollegen und die OSZE (und die sowjetische Führung unterstützte sie aktiv dabei) aktiv ein ganzes Paket der OSZE-Dokumente zur Gewährleistung der Freiheit des Zugangs zu Informationen und Meinungsfreiheit. Diese Dokumente wurden in der OSZE durch Konsens angenommen. Dabei hatten der TV-Sender RT und Sputnik lange Zeit ein Verbot für Besuche der Pressebriefings und Pressekonferenzen im Elysee-Palast in Paris. Als wir die französischen Kollegen darauf aufmerksam machten, dass es ihren Verpflichtungen in der OSZE widerspricht, dementierten sie das und sagten, dass der Zugang zu Informationen nur zu Medien anwendbar ist, und RT und Sputnik keine Medien, sondern Propaganda-Instrumente seien.
Noch ein Beispiel der Verletzung der Verpflichtungen. Vor einigen Jahren fand in London die Globale Konferenz für Medienfreiheit statt. Russische Journalisten wurden dort sogar nicht eingeladen.
Wir kennen alle Methoden der westlichen Staaten für Manipulieren der Medien. Wir verstanden seit langem, dass es keinen solchen Begriff wie „unabhängiges westliches“ Medium gibt. In den USA versucht nur der TV-Sender Fox News, eine alternative Position anzubieten. In anderen TV-Sendern, Internet-Plattformen und in Sozialen Netzwerken wird solche Zensur überall fortgesetzt (z.B. Blockierung des amtierenden Präsidenten). Es kommt zum Austausch der Begriffe. Jedes Mal, wenn Massendemonstrationen, Proteste stattfinden, die ihnen nicht gefallen, nennen sie das sofort inneren Terrorismus. Das ist der Krieg, hier werden Methoden des Informationsterrorismus genutzt. Hier gibt es keine Zweifel.
Ein interessantes Beispiel. Die Bild-Zeitung veröffentlichte gestern einen Artikel, wo es hieß, dass ich am 16. März am Abend von Moskau nach China flog, und nahe der Stadt Nowosibirsk kehrte das Flugzeug angeblich um – entweder soll Russlands Präsident Wladimir Putin mir gesagt haben, ich sollte zurückkehren, oder wollte China mit uns nicht sprechen. Es ist klar, dass es ein Tabloid ist, es hat Millionen-Ausgabe. Es ist sehr peinlich für unsere „Freunde“, die solche Methoden im Informationsraum nutzen. Präsident Wladimir Putin nutzt begründet den Begriff „Reich der Lüge“.
Frage: Der Konflikt in der Ukraine wird nicht ewig dauern. Wenn es zu Ende geht, welche größten Schwierigkeiten wird es bei den Beziehungen Russlands und der Ukraine geben?
Sergej Lawrow: Wir hatten nie Ansprüche gegenüber dem ukrainischen Volk. Ich habe vielen Freunde aus der Ukraine. Unsere Völker sind sich nahe: fast alle Ukrainer sprechen Russisch (wenn sie nicht sprechen, dann verstehen sie es), wir haben gemeinsame Kultur, gemeinsame Geschichte, Herangehen zum Leben, Weltanschauung, Traditionen in der Familie und Gesellschaft. Ich hoffe, dass wenn diese Situation abgeschlossen wird, wird alles allmählich zur früheren Bahn zurückkehren.
Es kann nicht schnell sein. Unsere westlichen Kollegen versuchten die Ukraine russlandfeindlich zu machen – eine Art Anti-Russland, wie es Präsident Wladimir Putin nennt. Sie begannen damit seit langem. Das festigte sich tief in der ukrainischen Mentalität, insbesondere bei junger Generation, die nach dem Zerfall der Sowjetunion zur Welt kam. Sie wurden ernsthaft indoktriniert.
Es wurden systematisch Versuche der Erziehung der Militärs auf Grundlage der radikalen Ideologie von Bandera und Schuchewitsch unternommen. Es wurde gemacht, um sich zu vergewissern, dass sie nicht mehr freundlich gegenüber Russland sein werden, damit nationalistische Gefühle zur Festigung der Staatlichkeit ihres Landes genutzt werden.
Es gab immer das Hauptziel – dass die Ukraine nicht mit Russland befreundet werden soll. Ende der 1990er-Jahre sagte Zbigniew Brzeziński, dass Russland mit einer freundlichen Ukraine eine große Macht und mit einer feindlichen Ukraine ein regionaler Akteur sei. Dieses Konzept festigte sich tief in den Köpfen der Politiker in den USA. Es wird die Zeit erforderlich sein, um dieses negative „Erbe“ loszuwerden.
Jetzt führen die Streitkräfte der Ukraine Kämpfe und versuchen, die Krise in die Länge zu ziehen. Die Führung der Ukraine (mit Hilfe der Schutzherren aus den USA und anderen westlichen Ländern) reformierten die Armee so, damit Radikalen und Offiziere, die im Geiste von Bandera erzogen wurden, bedeutende Militäreinheiten leiten. Sie radikalisieren und terrorisieren andere Menschen, die nicht der Ansicht sind, dass das Schicksal ihres Landes so sein soll.
Ein Beispiel dafür – wie sie sich in Mariupol verhalten. Dutzende Tausend Flüchtlinge, die aus Mariupol nach Russland ausreisen, erzählen solche Geschichten. Es ist schrecklich, dass solche Menschen in den Streitkräften der Ukraine die Führungsrolle spielen.