22. November 2024

Eklat in der KV-Runde Papierindustrie: Den Papiertigern das Fell über die Ohren ziehen!

Die Papierindustrie im Land liegt nicht nur in vielen Bereichen mit an der Weltspitze und ist in diversen Produktpaletten unter den Weltmarktführern zu finden, sondern bildet zugleich auch eine besonders illustre Branche. Mit dem Eklat des abrupten Abbruchs der KV-Runde nach der Forderungsübergabe der Gewerkschaften letzten Mittwoch und Verweigerung weiterer Verhandlungen gilt es gewerkschaftlich Zähne zu zeigen.

GPA und PRO-GE haben denn auch für Donnerstag eine BetriebsrätInnen-Konferenz einberufen. Zugleich wird die Papierindustrie damit auch zur weichenstellenden Feuertaufe der industriellen Frühjahrs-KV-Runde im Zeichen der höchsten Inflation seit 4 Jahrzehnten, die über Papier hinaus auch dieElektro/Elektronik, die Chemie, Glas und Textil umfasst.

Die Inflation schnellt weiter ungebremst durch die Decke und ist im März auf beinahe 7% (6,8%) hochgeklettert. Und zündelt das politische System weiter am entfachten Wirtschaftskrieg gegen Russland, kann die dadurch zusätzlich angeheizte Teuerungswelle demnächst auch die Zweistelligkeit reißen. Aber auch andernfalls wird sie allen Prognosen zufolge auf seit Jahrzehnten nicht mehr gekannten Rekordhöhen bleiben. Entsprechend denn auch die (vor diesem Hintergrund, trotz nominell hoch erscheinenden 6%, ohnehin handzahm gehaltenen) Lohn- und Gehaltsforderungen nach zumindest Inflationsausgleich.

Pünktlich mit der aktuellen KV-Runde „Papierindustrie“ verfallen die Führungsfiguren der Branche allerdings in ein geradezu theatralisches Zeter und Mordio und lassen ihr ansonsten wie eine Monstranz vor sich hergetragenes Hochglanz-Image fallen. Freilich schlägt der nach dem historischen Rekordjahr 2019 und Profitsprudel der letzten Dekade aktuell anziehende Gaspreis im gasverbrauchintensivsten Wirtschaftssektor des Landes sowie die verstopfte Logistik ein Stück weit auf die satten Profite, teils exorbitante Gewinnausschüttungen und fette Boni und Lage. Aber zum einen rühmt sich die Papierindustrie gleichviel selbst ihre vielversprechenden Zukunftsprognosen und sind die Beschäftigten der falsche Adressat des Umstands, dass die Papierindustrie sich heute als „Spielball globaler Entwicklungen“ sieht, wie Gabriele Herzog als Geschäftsführerin von Austropapier, der Vereinigung der Österreichischen Papierindustrie, jüngst formulierte. Zum andern, und viel prinzipieller, treffen die explodierenden Energiepreis als Haupttreiber der unsozialen Inflation die Beschäftigten, die realiter mit ihrer Hände Arbeit die Güter, Umsätze und Gewinne erwirtschaften, ungleich härter.

Der Lohnstreit ist allen flankierenden Hilfs- und Zusatzargumenten hinaus, seinem Kern jedoch ohnehin vielmehr eine Frage der gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse, der Konfliktbereitschaft in konsequenter Mobilisierung und Einbeziehung der Beschäftigten und das Ergebnis gewerkschaftlicher Auseinandersetzungen wie ihrer Kampfformen.

Um den Forderungen der Gewerkschaft den nötigen Nachdruck zu verleihen, ist für die anstehende BR-Konferenz denn auch mehr als das übliche Säbelrasseln angesagt. Ob die Gewerkschaft zusammen mit Beschäftigten die Signale darauf zu stellen für einen gebotenen Abschluss vor die Werkstore ziehen, wird sich weisen.

Anders als mit dem entsprechenden Druck und Kampfbereitschaft werden sich die gewerkschaftlichen Forderungen gegen Mondi Group & Co allerdings heute weniger denn je  durchsetzen lassen.

Und das betrifft in dieser Branche generell nicht nur den Multi Mondi, sondern auch Branchen-Platzhirsche wie der adelsgeschlechtliche Traditionsbetrieb und über den Globus verstreute Familienunternehmen Mayr-Melnhof unter Erbfolger Franz VI. Die Karton-Dynastie mit Hauptsitz in Österreich ist nicht nur der größte Kartonproduzent Europas, sondern auch in anderen Sparten in führenden Positionen, zumal im zuletzt regelrecht boomenden Geschäftsfeld Verpackung. Zugleich ist das Forstbesitzergeschlecht gleichsam standesgemäß zudem einer der größten Waldbesitzer Österreichs.

Die nicht von blauem Blute, aber von 2000 bis 2002 dafür den blauen Zweiten Nationalratspräsidenten stellende Prinzhorn Familienholding, gefällt sich unter Spross Cord Prinzhorn mehr als Partei-Financier der wirtschaftsliberalen und arbeitnehmerfeindlichen Neos und Besitzer erlauchter Jagdreviere. So kaufte die Prinzhorn-Gruppe noch 2018 um satte 90 Mio. Euro eines der größten niederösterreichischen Jagdgebiete und bootete beim Kauf der Forstwirtschaft in Langau bei Gaming (Bezirk Scheibbs), mit einem Holzvorrat von rund 1,5 Millionen Festmeter, die Konkurrenz aus. Nebenbei werden in diesem, natürlich mit zugehörigem Jagdschloss ausgestatten, Jagdrevier pro Winter 500 Stück Rotwild gefüttert und 150 pro Jahr geschossen. Mit demselben Stolz zählt sich auch die Prinzhorn-Gruppe nach eigenen Angaben zu den europäischen Marktführern in der Recycling-, Papier- und Verpackungsindustrie.

Die in der High Society weniger profilierten Papiertiger zeichneten sich zusammen mit den Premium-Unternehmen der Branche in der letzten Dekade wie gesagt vor allem durch satte Profite, teils exorbitante Gewinnausschüttungen und fette Boni aus, auch wenn sich mit den gestiegenen Energiepreisen und teils verstopften Logistik die Großwetterlage der Papiertiger etwas eingetrübt hat. Dies nun auf den Rücken der Beschäftigten abwälzen zu wollen gilt es sich unsererseits mit Zähnen und Klauen zu erwehren und ihnen nach dem Affront der 1. KV-Runde vielmehr noch das Fell über die Ohren zu ziehen.

Quelle: KOMintern

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