Kommentar zur Krise in der Linkspartei
Verlorene Bundestags- und Saarland-Wahl, aktuell der Druck von innen und außen, angesichts des brutalen Krieges Russlands gegen die Ukraine friedenspolitische Grundsätze über Bord zu werfen: All das und die Querelen über Migrations- und Klimapolitik haben Die Linke an den Rand ihrer Existenz gebracht. Das ist einerseits Ausdruck der gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse. Zu erheblichen Teilen ist es aber andererseits von in der Partei Wirkenden selbst verschuldet. Dazu kommt nun noch ein Skandal um Sexismus.
Gerade im Zusammenhang mit Letzterem offenbart sich eine geradezu toxische Debattenkultur. Da tritt eine der beiden Bundesvorsitzenden, Susanne Hennig-Wellsow, abrupt zurück und erwähnt ihre Partnerin in diesem Amt mit keinem Wort. Genau diese Partnerin sieht sich gleichzeitig harschen Vorwürfen ausgesetzt, nach dem Amtsverzicht der einen fordern Genossinnen auch die andere auf, ebenfalls ihren Hut zu nehmen. Begründung: Der Proporz der Strömungen sei sonst nicht mehr gewahrt, Janine Wissler sei zu linksradikal.
Kommuniziert werden Forderungen und Vorwürfe nicht etwa intern, sondern über große Medien. Wer so agiert, nimmt wissentlich oder fahrlässig den Untergang einer Partei in Kauf, die als Anwältin der Marginalisierten, der Armen, der zu Niedriglöhnen Schuftenden, der Überarbeiteten, der Geflüchteten und Migranten täglich dringender gebraucht wird. Sie würde auch als unbequeme Mahnerin und Vertreterin der Bewegungen auf der Straße gebraucht. All das ist sie wegen der seit Jahren schwelenden internen Auseinandersetzungen kaum noch in der Lage zu leisten. Sie hat nur dann eine Chance, zu einer starken Linken zu werden, wenn sie endlich zuerst nach innen die Solidarität und den menschlichen Umgang miteinander praktiziert, den sie für die Gesellschaft einfordert.