23. November 2024

„nd.DerTag“: Mehr als ein Textbaustein

Als Die Linke 2007 gegründet wurde, definierte sie sich ausdrücklich als feministisch. „Die Linke versteht sich als Partei mit sozialistischem und feministischem Anspruch“ – solche Formulierungen finden sich gleich mehrfach im Parteiprogramm. Was wie eine linke Binsenweisheit klingt, was als Textbaustein in Reden und Beschlüssen ein Dauerwohnrecht hat und in Quotenregelungen zur Vorschrift geronnen ist, scheint im alltäglichen Leben keineswegs eine selbstverständliche Norm für alle zu sein. Wäre es so, dann würde Die Linke sich jetzt nicht mit Vorwürfen sexueller Übergriffe in den eigenen Reihen herumschlagen, die sogar zum Rücktritt einer der beiden Vorsitzenden beitrugen.

Das fehlte dieser Partei gerade noch, die mehr mit sich selbst kämpft als mit dem Kapitalismus. Susanne Hennig-Wellsow hat ihre Gründe benannt; das Scheitern ihres persönlichen Projekts Rot-Grün-Rot im Bund gehört sicherlich auch zur Erklärung. Und sonst? Ist sie auf Widerstand bei der Aufarbeitung der Wahlniederlage gestoßen? Wollte sie wenigstens mit dem Rücktritt eine offene Debatte über Macht- und Machostrukturen erzwingen? Die bisher dürren Wortmeldungen aus dem Funktionärsbereich der Linken lassen viele Fragen offen, die aber beantwortet werden müssen.

Wenn es jetzt floskelhaft heißt, Die Linke müsse sich neu aufstellen, trifft das auf Partei- und Fraktionsführung zu. Beide sind Teil der Krise, die jetzt von der Sexismus-Debatte in ein grelles Licht getaucht wird. In einem Anhang zum ersten programmatischen Papier von 2007 stand unter Fragen, die weiter diskutiert werden müssten: „Was bedeutet es und was wäre zu leisten, wenn weibliche Autonomie in den Mittelpunkt feministischer sozialistischer Politik rücken … soll?“ Die Linke hat jetzt Gelegenheit und dringenden Bedarf, dem in eigener Sache nachzugehen.

Quelle: Presseportal.de – nd.DerTag / nd.DieWoche

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