Der 1. Mai kehrt nach Kuba zurück
Am gestrigen ersten Mai füllten sich Kubas Plätze und Straßen wieder millionenfach zu den staatlichen Großkundgebungen am Tag der Arbeit. Auf Havannas Revolutionsplatz fand nach zwei Jahren pandemiebedingter Pause wieder die weltweit größte Maidemonstration statt. Obwohl es von dort bislang keine Angaben zu den Teilnehmerzahlen gibt, dürften sich den Bildern zu Folge wieder jene 700.000 bis 900.000 Menschen eingefunden haben, die in Vor-Corona-Zeiten üblich waren.
„Komplexer Kontext“
Die letzte Maidemonstration der sozialistischen Insel wurde 2019 abgehalten. In den vergangenen beiden Jahren wurde der erste Mai als virtuelle Veranstaltung durchgeführt. Dieses Jahr stand die Kundgebung unter dem Motto: „Kuba lebt und arbeitet“ (span.: Cuba vive y trabaja). „Ich lade euch herzlich ein, uns am 1. Mai auf dem Platz zu treffen. Für das Heldentum des Widerstands und den inspirierenden Sieg der kollektiven Kreativität, für die Impfstoffe und für die Geimpften“, rief der kubanische Präsident Miguel Díaz-Canel vergangenen Mittwoch über seinen Twitter-Account auf.
In seiner Rede vor Beginn des zentralen Events in Havanna ging der Generalsekretär des Gewerkschaftsdachverbands (CTC), Ulises Guilarte de Nacimiento, auf den „komplexen und herausfordernden internationalen Kontext“ ein, in dem sich Kuba augenblicklich befinde und prangerte die „Feindseligkeit und Wirtschaftsblockade der Vereinigten Staaten“ gegen die Insel als Haupthindernis für deren Entwicklung an. Dabei brachte er auch den Mangel an Basisprodukten und die grassierende Inflation zur Sprache.
Neben Díaz-Canel war auch der 90-jährige Raúl Castro auf der Ehrentribüne präsent. Unter den Teilnehmenden befanden sich wie immer die Beschäftigten staatlicher Betriebe, des Privatsektors sowie Schüler und Studenten. Unter ihnen 50.000 Mitarbeitende des Gesundheitswesens und Entwickler der kubanischen Corona-Vakzine, die mit den Worten „Ihr wart es, die das Land gerettet haben“, feierlich begrüßt worden sind. Rund 1000 Delegierte aus 60 Ländern nahmen als Gäste an dem gut anderthalbstündigen Aufmarsch teil, der um sieben Uhr Morgens in Richtung Revolutionsplatz startete.
Der erste Mai von Pinar bis Santiago
Auch andernorts auf Kuba wurde der erste Mai wieder in festlich geschmückten Straßen zu lauter Musik begangen. In Santiago de Cuba wurden 320.000 Teilnehmende gezählt, die am dortigen Revolutionsplatz mit Fahnen und Bildern von Fidel Castro, Che Guevara und anderen Revolutionshelden vorbeizogen. Hier wurde die Veranstaltung vom Politbüromitglied und ehemaligen Gewerkschaftspräsident Salvador Valdés Mesa abgenommen. Die Bilder aus Santa Clara, Ciego de Ávila und Pinar del Río sahen ebenfalls vergleichbar aus wie in den Zeiten vor der Pandemie. Landesweit waren nach offiziellen Angaben fünf Millionen Personen auf den Straßen, rund ein Viertel weniger als die 6,6 Millionen, welche im Rekordjahr 2018 gemeldet wurden.
Die traditionelle Maidemonstration war die erste politische Großveranstaltung seit den Protesten vom vergangenen 11. Juli und fand inmitten einer schweren Wirtschaftskrise statt. Oppositionsgruppen riefen dazu auf, dem Event fernzubleiben. Der erste Mai lässt sich daher (nicht nur in Kuba) auch als Stimmungstest interpretieren, der ganz offensichtlich als bestanden betrachtet wurde. „Ich habe das Herz voller Freude und Hoffnung“, äußerte ein sichtlich bewegter Raúl Castro am Ende der Kundgebung in Havanna und lobte zugleich seinen Nachfolger, der „sehr gut und viel“ für die Revolution arbeite.
Heute ist auf Kuba übrigens arbeitsfrei: Da der erste Mai dieses Jahr auf einen Sonntag fiel, wird der Feiertag gemäß Artikel 97 des kubanischen Arbeitsgesetzes am darauffolgenden Werktag nachgeholt, wie das Ministerium für Arbeit und Soziale Sicherheit in einer kurzen Note bekannt gab.
Englischsprachiger Kurzbeitrag zum gestrigen Tag der Arbeit auf Kuba:
Quelle: Cuba heute