23. November 2024

Öffnung des regulären Sozialhilfesystems für ukrainische Geflüchtete verdeutlicht: Das Asylbewerberleistungsgesetz gehört abgeschafft!

Geflüchtete aus der Ukraine sollen ab dem 1. Juni 2022 anstelle von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz reguläre Sozialleistungen sowie einen Anspruch auf Kindergeld und BAföG erhalten. Das ist gut – andere Geflüchtete aber profitieren weiterhin nicht davon.

Am heutigen Donnerstag wird im Bundestag über den Gesetzesentwurf für das „Sofortzuschlags- und Einmalzahlungsgesetz“ der Bundesregierung abgestimmt. Tritt dieses Gesetz in Kraft, sollen ukrainische Flüchtlinge ab dem 1. Juni 2022 in das normale Sozialhilfesystem (SGB II und SGB XII) eingegliedert werden anstatt wie bisher die niedrigeren Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erhalten. Eine sinnvolle und notwendige Gleichstellung, die aber für alle Geflüchteten gelten sollte.

„Die Eingliederung der ukrainischen Geflüchteten in die normale Sozialhilfe ist richtig – denn nur so wird ein möglichst selbstbestimmtes Leben und gleichberechtigte Teilnahme an der Gesellschaft ermöglicht. Doch vielen anderen Geflüchteten wird dies weiterhin verweigert – sie unterliegen verschiedensten Einschränkungen während des Asylverfahrens, darunter den reduzierten Leistungen  des Asylbewerberleistungsgesetzes“, kommentiert Wiebke Judith, Leiterin des Teams Recht & Advocacy bei PRO ASYL. „Das Asylbewerberleistungsgesetz ist gekennzeichnet durch reduzierte Geldbeträge, diskriminierende Sachleistungen und unzureichende Minimalmedizin – es gehört endlich für alle abgeschafft“, fordert Judith.

Mit den geplanten Änderungen sollen ukrainische Geflüchtete ab Juni in die reguläre Krankenversicherung aufgenommen werden. Zudem sollen sie Anspruch auf Kindergeld haben und mit BAföG finanzielle Unterstützung für Studium oder Ausbildung bekommen können.

Verzögerungen sind zu erwarten

PRO ASYL kritisiert bei der Umsetzung jedoch administrative Hürden. Die Bundesregierung setzt nämlich für den Erhalt der Sozialleistungen voraus, dass die Betroffenen über einen Aufenthaltstitel nach § 24 AufenthG (der sogenannte vorübergehende Schutz) oder bis zur Erteilung des Aufenthaltstitels über eine Bescheinigung über ihren rechtmäßigen Aufenthalt verfügen (eine sogenannte Fiktionsbescheinigung) und dass ihre Fotos und Fingerabdrücke aufgenommen wurden.

Bislang stellen die Ausländerbehörden aber häufig gar keine formgerechte Fiktionsbescheinigung aus. Wiebke Judith gibt zu bedenken: „Viele Behörden schaffen es aktuell nicht, die ukrainischen Geflüchteten zeitnah zu registrieren oder nehmen die Anträge von nicht-ukrainischen Menschen, die vorher in der Ukraine gelebt haben und vor dem Krieg geflohen sind, gar nicht erst zur Prüfung an. Dadurch sind Verzögerungen bei der Auszahlung der Sozialleistungen zu befürchten.“

Hintergrund

Flüchtlinge aus der Ukraine können seit dem 4. März 2022 auf Grundlage der EU-Massenzustromsrichtlinie den „vorübergehenden Schutz“ in Deutschland bekommen. Sie erhalten dadurch vergleichsweise unkompliziert ein Aufenthaltsrecht und nun auch Zugang zum normalen Sozialleistungssystem, ohne vorher ein Asylverfahren durchlaufen zu müssen. Bisher hatten sie lediglich Anspruch auf die reduzierten Sonderleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz – so wie viele andere Geflüchtete, die sich noch im laufenden Asylverfahren befinden, Geduldete und einige andere Gruppen, die weiterhin den diskriminierenden Regelungen des Asylbewerberleistungsgesetzes unterworfen bleiben.

Weitere Informationen und Einschätzungen zu dem Gesetzentwurf stellen wir im Laufe der nächsten Stunde auf unserer News-Seite online.

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Quelle: Pro Asyl

Menschenrechte