Indigenen-Proteste erschüttern Ecuador
Die Proteste dauern nun schon seit einigen Tagen an. Indigene Gruppierungen und Zivilpersonen protestieren im ganzen Land gegen die sozialen Missstände, die die Regierung in Ecuador zu verantworten hat. Zahlreiche Straßen wurden blockiert, ehe die Regierung den Ausnahmezustand verhängt hat.
Große Teile der Bevölkerung Ecuadors fordern die Einfrierung der Treibstoffpreise, die Stundung der Schuldenrückzahlungen für mehr als vier Millionen Familien und die Festsetzung der Preise für landwirtschaftliche Produkte. Das Achten des Selbstbestimmungsrechts der indigenen Völker rangiert auch weit oben in der Liste. Neben den Forderungen steht der Streik der indigenen Völker Ecuadors auch im Zeichen des Kampfes gegen schlechte Arbeitsbedingungen und die Privatisierung von Staatsunternehmen.
Der Präsident und ehemalige Bankier Guillermo Lasso versprach in der Tat eine Reihe ökonomischer Maßnahmen, etwa die Erhöhung von Sozialleistungen und einen Preissteigerungsstopp bei Benzin. Auch ein kleiner Schuldenerlass soll kommen, der aber nur Kredite unter 3.000 Dollar betreffen soll.
Gleichzeitig verhängte er in drei Provinzen den Ausnahmezustand und verkündete, er würde „unsere Hauptstadt und das Land verteidigen.“ In den Provinzen Pichincha, Cotopaxi und Imbabura sind damit Versammlungen und Massenproteste untersagt, während in der Hauptstadt eine nächtliche Ausgangssperre herrscht. Wie dieser Kampf nach der Kraftprobe der indigenen Völker Ecuadors und den eher widersprüchlichen Signalen des Präsidenten ausgehen wird, ist indes noch ungewiss.
Zur Vorgeschichte
Am Montag rief das Bündnis der indigenen Nationalitäten Ecuadors (CONAIE), das von mehr als 53 sozialen Organisationen unterstützt wird, einen landesweiten unbefristeten Streik aus. Der Streik soll andauern, bis die Regierung auf einen Appell mit zehn Forderungen reagiert.
Ursache des Protests ist die kontinuierliche Zunahme von Armut und Ungleichheit in einem Land, das von der Covid-19-Pandemie und der Politik der Regierung Lasso und seines Vorgängers, Lenín Moreno, hart getroffen wurde. Während die Armutsquote im Jahr 2021 bei 32,2 Prozent lag, was einem Anstieg von 10,2 Prozent gegenüber 2015 entspricht, hat sich die Quote der extremen Armut im gleichen Zeitraum fast verdoppelt. Neben der sozioökonomischen Ungleichheit ist auch die Mordrate dramatisch angestiegen: Von 5,6 Morden pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner im Jahr 2016 auf 14 im Jahr 2021. Ecuador hat sich damit von einem der sichersten Länder der Region in ein sehr gefährliches Land verwandelt.
Zwischenzeitlich wurde eine der Führungsfiguren der CONAIE, Leonidas Iza, wegen der wackeligen Anschuldigung der Lahmlegung öffentlicher Verkehrsmittel festgenommen. Auf Druck von unten und durch das dadurch freigesetzte Radikalisierungspotential der demonstrierenden Bevölkerung, wurde Iza aber nach einem Tag Haft wieder vorläufig freigelassen.
Quelle: Zeitung der Arbeit