Verminte Brücken
Das waren große Worte, die der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil am Dienstag ins – man muss es so sagen – Gefecht führte. Deutschland müsse wieder eine Führungsmacht werden, knapp 80 Jahre Zurückhaltung seien genug, militärische Gewalt sei wieder legitim. „Zeitenwende – der Beginn einer neuen Ära“, so lautete der Titel einer Konferenz der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung, auf der Klingbeil sprach. Mit dem Begriff Zeitenwende ist seit fast vier Monaten vor allem eins verbunden: ein gigantisches Rüstungsprogramm, das alles Bisherige in den Schatten stellt.
Nach Jugoslawien-Krieg und Afghanistan-Krieg ist es wieder eine von der SPD geführte und von den Grünen mitgetragene Regierung, die Deutschland in eine neue Runde der Militarisierung von Außen- und Sicherheitspolitik führt. Vorbei sind die Zeiten, da man wenigstens hier und da über den Abzug von US-Atomwaffen sprach. Im Gegenteil: Deutschland rüstet auf und setzt verstärkt auf die sogenannte nukleare Teilhabe. Dazu passt, dass die Bundesregierung den Atomwaffenverbotsvertrag bis heute nicht unterschrieben hat.
Dass die SPD den Militarisierungskurs auch noch als Friedenspolitik verkaufen will, ist zumindest makaber. Deutschland wäre wegen seiner geografischen Lage in der Mitte Europas, auch und gerade wegen seiner schwierigen, schuldbeladenen Geschichte bestens geeignet als Brückenbauer. Das gilt nach wie vor, wenngleich sich die Bedingungen dramatisch verschlechtert haben. Aber wann, wenn nicht in so zugespitzten Konfrontationen, sind Vermittler vonnöten? Konfliktmanagement ist eben nichts für Schönwetterperioden. Scharfmacher gibt es genügend auf dieser Welt. Es würde Deutschland gut anstehen und auch nutzen, wenn es sich nicht denen anschließt, die Brücken verminen oder abreißen.