Sahra Wagenknecht: »Ende der Partei steht im Raum«
Die in Berlin erscheinende Tageszeitung junge Welt veröffentlicht in ihrer Wochenendausgabe (18./19.6.) ein Exklusiv-Interview mit Sahra Wagenknecht. Darin nimmt die frühere Vorsitzende der Linksfraktion Stellung zur Krise ihrer Partei und zum Krieg in der Ukraine.
Sahra Wagenknecht über die Krise der Partei Die Linke:
»Wenn Die Linke den aktuellen Kurs fortsetzt, müssen wir davon ausgehen, dass sie im nächsten Bundestag nicht mehr vertreten sein wird. Wahrscheinlich ist dieser Parteitag die letzte Chance, das Ruder noch einmal herumzureißen.«
Sahra Wagenknecht über strategische Fehler der Parteivorsitzenden:
»Mittlerweile sind wir die Partei, die bei Gewerkschaftsmitgliedern noch schlechter abschneidet als die FDP. Wenn Parteifunktionäre dann erzählen, sie hätten sich doch immer mit sozialen Fragen beschäftigt, lügen sie sich in die Tasche. Tatsächlich haben sie sich auf kleine aktivistische Milieus konzentriert und deren Twitterblase mit der Stimmung in der Bevölkerung verwechselt. So gewinnt man keine Wahlen, denn das grünliberale Milieu bevorzugt mehrheitlich dann eben doch das grüne Original.«
Sahra Wagenknecht über eine Friedenslösung für die Ukraine:
»Das Schlimme ist, dass es auf westlicher Seite, zumindest bei Joseph Biden und Boris Johnson, erklärtermaßen kein Interesse gibt, diesen Krieg schnell auf dem Verhandlungsweg zu beenden. Sie setzen auf einen langen Krieg, um Russland maximal zu schwächen. Das ist eine absolut zynische und hochgefährliche Strategie, weil der Krieg jederzeit über die Ukraine hinaus eskalieren kann. Wenn man ernsthaft eine Friedenslösung wollte, müsste die Ukraine auf ihre NATO-Ambitionen und wohl auch auf einen Teil der besetzten Gebiete verzichten.«
Sahra Wagenknecht über die NATO:
»Die eindeutige Verurteilung des russischen Angriffskrieges, die wir alle teilen, rechtfertigt in keiner Weise, sich für Waffenlieferungen einzusetzen oder die weitere Ausdehnung der NATO und damit der US-Einflusszone zu unterstützen. Es ist doch völlig klar, dass Washington eine erhebliche Mitverantwortung dafür trägt, dass es überhaupt zu diesem Krieg gekommen ist. Europa wird nicht sicherer, wenn die NATO-Russland-Grenze um weitere hunderte Kilometer verlängert wird.«