28. Dezember 2024

Weitere Arbeitszeitverkürzung darf keine Utopie bleiben

Die Handwerkerföderation hat diese Woche in einer Stellungnahme auf die vielen Schwierigkeiten hingewiesen, mit denen Handwerksbetriebe gegenwärtig zu kämpfen haben – angefangen bei steigenden Rohstoff- und Energiepreisen bis hin zu Lieferengpässen bei Material.

Verwiesen wird auch auf die »steigenden Lohnkosten«, ohne allerdings zu erwähnen, dass genau diese Lohnkosten durch eine Indexmanipulation stark gebremst werden. Auch zehntausenden von Beschäftigten aus dem Handwerk wird die voraussichtlich im Juli erfallende Indextranche nicht ausbezahlt, so dass sie deutlich an Kaufkraft verlieren werden, während die Handwerksbetriebe viele Lohngelder einsparen werden.

Unverständnis äußert die Handwerkerföderation in ihrer Mitteilung auch über »eine Verringerung der Arbeitszeit, wie sie vom Beschäftigungsminister ins Spiel gebracht wurde«.

Abgesehen davon, dass es sich bei der Äußerung des Arbeitsministers um eine der Luftblasen handelt, die regelmäßig von LSAP-Ministern und -Abgeordneten in die Welt gesetzt werden, um den Schaffenden Sand in die Augen zu streuen, weil die Sozialdemokraten nicht in der Lage sind, etwas in der Regierung zu bewegen, ist es keineswegs überraschend, dass die Handwerkerföderation – wie andere Kapitalvertreter auch – Arbeitszeitverkürzung kontraproduktiv findet.

Die Frage nach der Länge der Arbeitszeit ist so alt wie der Kapitalismus selbst. Ebenso lange ist bekannt, dass die kapitalistische Produktion nicht die Verkürzung des Arbeitstags anstrebt – das Gegenteil ist der Fall! –, sondern die Verkürzung der für die Herstellung einer Ware notwendige Arbeitszeit.

Je länger die Arbeitszeit ist, desto höher ist die Ausbeutung der Schaffenden und damit auch der Mehrwert und der Anteil des Profits, der in die Taschen des Kapitals fließt. Das ist der Grund, weshalb die Handwerkerföderation und andere Patronatsvereinigungen sich bis heute systematisch gegen kürzere Arbeitszeiten wehren.

Als das Kapital im Jahr 1975 die Einführung der 40-Stunden-Woche nicht verhindern konnte, setzten die Patronatsvereinigungen alles daran, möglichst viele Ausnahmeregelungen durchzusetzen, was ihnen seither in vielen Fällen, zum Beispiel auch über immer längere Referenzperioden, leider auch gelang. Das Resultat: Die gesetzliche 40-Stunden-Woche gleicht inzwischen einem Schweizer Käse.

Dabei ist allgemeine Arbeitszeitverkürzung eigentlich längst überfällig, besonders weil die Produktivität während der vergangenen Jahrzehnte regelrecht explodierte, und das Kapital sich einen immer größeren Teil des geschaffenen Mehrwerts aneignet.

Die KPL fordert zum Beispiel die 35-Stunden-Woche ohne Lohnverlust, der OGBL erinnerte während seiner rezenten Kampagne »Grad elo!« an seine Forderung nach einer sechsten Urlaubswoche und daran, dass die wöchentliche Zahl der Arbeitsstunden gesenkt werden muss.

Das setzt voraus, dass unter den Schaffenden größeres Bewußtsein für die Frage der Arbeitszeitverkürzung geschaffen wird, und dass Strategien entwickelt werden, die dazu führen, dass konkrete Forderungen auch erfolgreich durchgesetzt werden können.

Gerade in den gegenwärtigen Krisenzeiten ist das notwendig, damit weitere Arbeitszeitverkürzungen keine Utopie bleiben.

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek

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