Kiew beschlagnahmt Immobilien der Gewerkschaften
Nach Angaben des ukrainischen Geheimdienstes SBU hat die „Nationale Agentur für die Aufdeckung, Rückverfolgung und Verwaltung von Vermögenswerten aus Korruption und anderen Straftaten“ (ARMA) kürzlich beschlagnahmte Vermögenswerte im Wert von etwa 15 Milliarden ukrainische Griwna (etwa 400 Millionen Euro) an den Staat übertragen.
Etwa die Hälfte, also circa 200 Millionen Euro stammt vom Ukrainischen Gewerkschaftsbund (FPU). Es handelt sich um die Immobilien der FPU, also um Gewerkschaftshäuser in besten städtischen Lagen, Erholungsheime und Sportanlagen. Diese Immobilien waren seit 1992, also seit Beginn der Eigenstaatlichkeit der Ukraine im Besitz des gegenwärtig mehr als 4 Millionen Mitglieder zählenden Ukrainischen Gewerkschaftsbundes. Die andere Hälfte betrifft enteignete Firmen in der Ukraine, die russische Eigentümer hatten.
Der Griff des Staates nach dem Gewerkschaftseigentum war schon seit Jahren ein Thema. 2020 befand ein Kiewer Bezirksgericht, dass die Gewerkschaften ihr Eigentum nicht rechtmäßig besitzen.
Seit 30 Jahren Gewerkschaftseigentum
Der Gewerkschaftsbund FPU hingegen verwies darauf, dass die Immobilien bereits seit 30 Jahren im Eigentum der Gewerkschaften sind, und der Staat auch ganz normale Eigentumsrechte eingetragen hat. Die FPU hatte als Rechtsnachfolger der sowjetischen Gewerkschaften das gewerkschaftliche Eigentum übernommen.
Nach der jetzigen Beschlagnahmung sieht es so aus, dass die Gewerkschaften aus den Immobilien ausziehen müssten, und die staatliche Verwaltung bereits jetzt – vor endgültiger Klärung – die Gebäude übernimmt. Auch eine strafrechtliche Ermittlung gegen führende Funktionäre der Gewerkschaft FPU wurden angekündigt.
Die Schwächung der Gewerkschaften durch Entzug ihres Eigentums fällt auch „zufällig“ zusammen mit der Einführung skandalöser neuer Arbeitsrechte, nach denen zum Beispiel den Unternehmen das Recht eingeräumt wird, mit jedem und jeder Beschäftigten individuelle Arbeitsverträge abzuschließen, was die ohnehin löchrigen Schutzbestimmungen und Kollektiverträge komplett aushebelt.
Quelle: Zeitung der Arbeit