Gasumlage zur Profitsicherung für Konzerne
Wie viel Zusatzbelastungen genau auf die Millionen Menschen in diesem Lande zukommen werden, die ihre Wohnungen mit Gas heizen, bleibt bis kommenden Montag unklar. Immer klarer aber wird: Diese Menschen, die wie alle anderen auch unter der Preisexplosion bei Benzin und Lebensmitteln leiden, werden nicht nur durch die steigenden Preise ihres wichtigsten Energieträgers belastet. Sie sollen auch noch eine „Gasumlage“ zahlen, die Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) in die Taschen der großen Energiekonzerne leiten wollen, um deren Profite zu sichern.
Um die Dimensionen dieses Raubzugs klarzumachen, genügt ein Blick in die Daten des Statistischen Bundesamtes: Im Jahr 2019 lag der durchschnittliche Jahresverbrauch von Wohnenergie – also für Heizen, Warmwasserbereitung, Kochen, den Betrieb von Elektrogeräten et cetera – bei gut 8.800 Kilowattstunden pro Person. 41,2 Prozent dieses Energiebedarfs wurden durch Erdgas gedeckt.
Seitens der Bundesregierung herrscht hinsichtlich der konkreten Höhe der Zusatzbelastungen scheinbar Chaos: Der Bundeskanzler sprach von „2 Cent pro Kilowattstunde“, die den Energiekonzernen aus den Taschen der Verbraucher per gesetzlich verfügter Umlage zufließen sollen, sein Wirtschaftsminister von 5 Cent. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ ließ am 8. August „Ökonomen“ zu Wort kommen, die einen Aufschlag von „15 bis 20 Cent“ ins Spiel brachten. Bei den oben erwähnten 8.800 Kilowattstunden pro Person bei einem Mittelwert von 10 Cent kämen dann 880 Euro Zusatzsteuer pro Jahr zustande – bei einem Vierpersonenhaushalt mithin rund 3.500 Euro.
Parallel ließ die Dreierkoalition auch noch eine Debatte um die Frage vom Stapel, ob denn auf diese Umlage Mehrwertsteuer gezahlt werden solle, und wenn ja, 19 oder „nur“ 7 Prozent. Die Details brauchen hier nicht nachgezeichnet zu werden. Der ihr zugrunde liegende kommunikationspolitische Grundansatz liegt auf der Hand: Es ist die bekannte Salamitaktik, an deren Ende der Stoßseufzer der Millionen –sekundiert von „Bild“ & Co. – stehen soll: „Es hätte ja auch schlimmer kommen können!“
Es ist auch so schlimm genug, was passiert: Mit dem verlogenen Verweis auf „russische Lieferausfälle“ („FAZ“ vom 6. August) sollen die Energiekonzerne die Preisdifferenz des günstigen und relativ umweltverträglichen russischen Erdgases zum teuren und ex-trem umweltschädlichen US-Frackinggas durch die Umlage erstattet bekommen. Gäbe es keinen Wirtschaftskrieg gegen Russland und gäbe es die Inbetriebnahme der Gaspipeline Nord Stream 2, gäbe es diese Preisdifferenz nicht, gäbe es keine Gaspreisexplosion, gäbe es keine Umlage und keine kalten Wohnungen im kommenden Winter.
Quelle: Unsere Zeit