Israelisches Militär versiegelt Büros von palästinensischen NGOs
Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW kritisiert die gestrige Durchsuchung und Schließung der Büros mehrerer Menschenrechtsorganisationen durch das israelische Militär. Sie fordert Außenministerin Annalena Baerbock auf, sich gegenüber ihrem israelischen Amtskollegen gegen die Kriminalisierung und für eine sofortige Rehabilitierung der Menschenrechtsgruppen einzusetzen.
Israel versiegelte gestern die Büros von mehreren palästinensischen Nichtregierungsorganisationen, die sich unter anderem für Menschenrechte sowie Kinderschutz einsetzen. Bei einer morgendlichen Operation schweißten israelische Soldaten die Türen zu den Büros der palästinensischen Organisationen zu und hinterließen Schilder, die sie für geschlossen erklärten. Soldaten beschlagnahmten aus einigen Büros zudem Materialien.
Der israelische Verteidigungsminister Benny Gantz hatte im Oktober 2021 sechs palästinensische Menschenrechtsgruppen zu „terroristischen Organisationen“ erklärt. In dem Erlass des Verteidigungsministeriums werden die Gruppen ohne jegliche Beweise beschuldigt, „als Arm der Volksfront für die Befreiung Palästinas“ (PFLP) zu fungieren. Bis heute wurden keine Beweise für diese Vorwürfe vorgelegt.
Zwei der betroffenen Menschenrechtsgruppen – Al-Haq und Addameer -, sind langjährige Kontaktorganisationen der deutschen IPPNW im Rahmen von Begegnungsreisen nach Palästina und Israel. Al Haq ist eine wichtige Menschenrechtsorganisation, die Menschenrechtsverletzungen und Völkerrechtsbrüche dokumentiert und Opfern Beistand gewährt. Ihre Arbeit befasst sich sowohl mit Rechtsbrüchen israelischer als auch palästinensischer Organe. Al Haq ist für ihre Arbeit mit mehreren internationalen Preisen ausgezeichnet worden. Die Menschenrechtsorganisation hat darüber hinaus einen beratenden Status beim Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen. Die EU hatte die Suspendierung von Geldern an Al-Haq am 28. Juni 2022 beendet, nachdem die Kommission festgestellt hat, dass die Aussetzung der Gelder „rechtswidrig und nicht frei von politischen Aspekten“ war.
Die Menschenrechtsorganisation „Addameer“ setzt sich für die Rechte von tausenden von Palästinenser*innen ein und leistet Rechtsbeistand für jene, die sich – zum Teil jahrelang ohne Anklage oder in Administrativhaft – in israelischen und palästinensischen Gefängnissen befinden.
Die UN-Sonderberichterstatterin für Menschenrechtsverteidiger*innen, Mary Lawlor, wies bereits Ende 2021 darauf hin, dass „Menschenrechtsverteidiger keine Terroristen sind und niemals auf diese Weise verleumdet werden sollten“. Das UN-Büro sieht für die Terrorbezeichnung „extrem vage oder irrelevante Gründe“ aufgelistet. Die Einstufung als terroristische Gruppe bedeute eine ernsthafte Beeinträchtigung der Arbeit dieser Gruppen und könne die Sicherheit ihrer Mitarbeiter*innen sowie der Opfer und Zeug*innen gefährden.
Die IPPNW befürchtet, dass mit dem Verbot der Organisationen kritische Stimmen, die sich für Völkerrecht und Menschenrechte einsetzen, zum Schweigen gebracht werden sollen. Die palästinensischen Menschenrechtsgruppen und ihr Engagement für Menschenrechte und Selbstbestimmung sowie gegen Besatzung, Diskriminierung und Vertreibung sind eine unentbehrliche Stimme für Frieden und Gerechtigkeit.
Quelle: IPPNW