23. November 2024

Vor 30 Jahren – Welle rassistischer Gewalt in Deutschland

Die FIR erinnert daran, dass mit dem Ende der DDR vor über 30 Jahren ab 1990 neofaschistische Gewalttäten ihre menschenverachtende Politik in ganz Deutschland praktizierten. Schon im Januar 1990 wurde mit der Schändung der Gedenkstätte im Treptower Park sichtbar, dass das politische Selbstverständnis der DDR, der Antifaschismus als Staatsdoktrin, öffentlich demontiert werden sollte. Wir vergessen auch nicht, dass in den folgenden Monaten seitens der neuen politischen Machthaber mit Angriffen auf KZ-Gedenkstätten, mit der Beseitigung von Straßennamen und anderen Erinnerungsstätten eine Delegitimierung des Antifaschismus betrieben wurde. Zusammen mit dem massiven Aufflammen von Nationalismus und Rassismus im öffentlichen Diskurs kam es in vielen deutschen Städten zu Angriffen und Ausschreitungen gegen Migrantinnen und Migranten. Das war das politisch gewollte gesellschaftliche Klima vor dem sich eine rassistische Gewaltwelle entwickelte, zu deren symbolischen Ortsnamen Hoyerswerda, Solingen, Rostock-Lichtenhagen und Mölln wurden.

Die Bilder, die damals in den Medien zeigen sollten, dass Deutschland der „Asylflut“ nicht mehr gewachsen sei, waren Bilder von Roma, denen von den Behörden der Zugang zur Zentralen Aufnahmestelle (ZASt) verweigert wurde, die vor der Einrichtung kampieren mussten, Menschen, denen kein Wasser, Brot, Dach über dem Kopf und kein „Ort“ für ihre Notdurft angeboten wurde. So wurden gesellschaftliche Stimmungen produziert, die sich in Pogromen entluden.

Ende August 2022 jährt sich zum dreißigsten Mal das Pogrom von Rostock-Lichtenhagen. Die Bilder der johlenden Menge, die zwischen dem 22. und 26. August 1992 von keiner Polizei gestoppt wurden, und von dem brennenden Haus, das über Stunden von keiner Feuerwehr gelöscht wurde, gingen um die Welt. Es war – wie Antifaschisten sagen – ein regelrechtes „Volksfest der Gewalt“. Das „Sonnenblumenhaus“ in Rostock-Lichtenhagen, vor dem sich Nazis und der rassistische Mob zusammengerottet haben, vor dem Geflüchtete und vietnamesische Arbeiter*innen beschimpft, bedroht und beinahe umgebracht wurden, steht noch heute als Symbol für das Pogrom von 1992. Wir vergessen aber auch nicht, dass sich die politischen Konsequenzen aus den rassistischen Ausschreitungen sich in erster Linie gegen die Opfer richteten. 1993 wurde in Deutschland das Asylrecht eingeschränkt. Der rechte Mob hatte gesiegt.

Die FIR betont, der Kampf gegen institutionalisierten Rassismus in Deutschland und anderen Ländern der europäischen Union braucht eine klare Bestandsaufnahme. Bis heute weigern sich Politiker jedoch die Pogrome von Rostock-Lichtenhagen als solche zu bezeichnen. Trotz deutlicher Kontinuitäten rechten Terrors in Deutschland wird immer wieder von „Einzelfällen“ gesprochen und die politische Antwort auf rechte Gewalttaten in Rostock wie anderswo lautet Abschiebung und Umsiedlung statt Minderheitenschutz.

Die FIR unterstützt die deutschen Antifaschisten, die vor politischen Kontinuitäten und den aktuellen Gefahren rechter Gewalt warnen. Nach rassistischen Mobs, die in den 1990ern vor Wohnhäusern von Geflüchteten und Asylsuchenden aufliefen, haben wir es heute – neben PEGIDA und „besorgten Bürgern“ – immer mehr mit rechten Attentätern zu tun, die Menschen gezielt töten. Der Nationalsozialistische Untergrund“ (NSU) und der Mord an dem Politiker Dr. Walter Lübcke in Kassel stehen dafür stellvertretend.

In einem Aufruf der VVN-BdA heißt es deshalb:
„Wir müssen rechter Gewalt entgegentreten, gestern wie heute. Deshalb rufen wir als Teil des Bündnisses „Gedenken an das Pogrom. Lichtenhagen 1992“ zur bundesweiten Großdemonstration am 27. August 2022 in Rostock-Lichtenhagen auf und fordern:
– Den Angriff in Rostock-Lichtenhagen 1992 als rassistisches Pogrom benennen!
– Rassistische Gewalt benennen und bekämpfen!
– Abschiebestopp und Bleiberecht für Romn:ja und alle Betroffenen rassistischer Gewalt!
Lasst uns zahlreich auf die Straße gehen, denn rassistische Gewalt und institutioneller Rassismus gehen bis heute Hand in Hand.“

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