22. Dezember 2024

Nie wieder „Sterben für Europa“

Nachstehend möchten wir mit freundlicher Genehmigung die instruktive Rede von Norbert Bauer, Betriebsrat und Aktivist der Solidarwerkstatt, am heurigen 26. Oktober bei der Auftaktkundgebung zur anschließenden Neutralitätsdemonstration am Maria-Theresien-Platz dokumentieren.

Liebe Freundinnen, Liebe Freunde

Wir stehen heute, wie jedes Jahr in der Öffentlichkeit, um an die Beschlussfassung der Immerwährenden Neutralität vor 67 Jahren , am 26.Oktober 1955 zu gedenken. Unser Motto lautet heuer ja eigentlich: „Klimagerechtigkeit braucht Frieden“, wozu wir ja schon einige Redebeiträge gehört haben. Ich möchte heuer unser diesjähriges Motto um einen weiteren Aspekt ergänzen. Ich sage: JA zur immerwährenden Neutralität – NIE WIEDER „Sterben für Europa“ für „europäische Werte“…

Denn, liebe Freundinnen, liebe Freunde, wir gedenken heuer speziell noch eines anderen, gänzlich schauderhaften historischen Ereignisses.

Heute vor genau 80 Jahren stand nämlich eine Art, wie gesagt – eine Art „Europaarmee“, angeführt von den Deutschen, tief in (sowjet)russischem Gebiet und hatte eine strategisch wichtige Stadt an der Wolga bereits zu 9 Zehntel eingenommen und die Kunde davon großspurig in den deutschen Wochenschauen genüsslich verbreitet. Am 26. Oktober 1942 bereitete sich diese – wie gesagt Art – „Europaarmee“ auf ihre tatsächlich letzte Offensive im Kampf um diese Stadt vor. Dieses „Unternehmen Hubertus“(1)sollte die endgültige Einnahme dieser Stadt besiegeln. Denn am 26. Oktober 1942 bereitete sich auch der damals aktuelle „Bühnenstar“ der deutschen Europa,- und Weltmachtpolitik – übrigens ein „glühender Europäer“- auf seine jährliche  Rede(2) vor, die er schließlich am 8.November im Münchner Löwenbräukeller auch hielt, -in welcher er dann , eingebettet in seine üblichen Hasstiraden, mit seiner gewohnt überheblichen Art auch gleich die Militärstrategie zur Einnahme dieses wichtigen Umschlagplatzes an der Wolga öffentlich verkündete und damit den sowjetischen Verteidigern dieser Stadt wichtige, ja entscheidende Hinweise lieferte. Denn der die russische Gegenoffensive (Operation Uranus) vorbereitende General Schukow hatte den Aufklärermeldungen über die  gegnerischen Truppenbewegungen zunächst misstraut: Zitat Schukow aus einem späteren Bericht: „Ich musste diesen Berichten umso mehr misstrauen, als ich gleichzeitig davon erfuhr, daß die beiden Flanken des auf die Wolga vorgetriebenen Keiles an ihren empfindlichsten Stellen durch zweitrangige Truppen aus Rumänien und Italien abgeschirmt wurden. wir vermuteten einen Trick, eine raffinierte Finte, hinter der sich etwas ganz anderes verbarg, als der Einsatz einer schwerfälligen Armee, die vollkommen in der Luft hing und in ihren Flanken weich wie Butter war.

Durch die Rede des Politbühnenstars vom 8.November hätten die sowjetischen Verteidiger jedoch unverhofft Klarheit, ja Gewissheit über die militärstrategischen Absichten des Gegners erlangt. Zitat Schukow: Er gab seine heimlichsten Überlegungen preis, er offenbarte, welche Bedeutung die Kontrolle der Wolga für die deutsche Kriegsführung habe(…) und weiter „Denn nun konnte ich in Ruhe und Zuversicht die Sowjetkräfte zum entscheidenden Durchbruch auf den beiden Flanken aufmarschieren lassen.“ Der Redner gab aber noch weiteres über die Truppen in dieser Stadt preis: „Warum kämpfen sie dann nicht?“ Weil ich kein zweites Verdun machen will(so der vermeintlich fürsorgliche „größte Feldherr aller Zeiten“, der freilich nur die ins Stocken geratene große Offensive vom 14.-29.Oktober kaschieren wollte) , sondern weil ich es lieber mit ganz kleinen Stoßtrupps mache. Die Zeit spielt dabei gar keine Rolle. Es kommt kein Schiff mehr die Wolga hoch das ist das Entscheidende! [starker Beifall] Diese „ganz kleinen Stoßtrupps“ setzten sich in der Realität aber doch aus tausenden (!) Soldaten zusammen, darunter eine kroatische Einheit- das kroatische Infanterieregiment 369-, aber auch österreichische Soldaten des Jägerregiment 54 als Teil der 100. Jägerdivision.  Viele Österreicher waren bereits Tage zuvor, bei der erwähnten Offensive auf das Industrieviertel Ende Oktober ,umgekommen. Dennoch dürften die verbliebenen österreichischen Soldaten nach der Rede vom 8.November, die auch an der Front via Kurzwelle über den Truppenrundfunkempfänger live gehört werden konnte, motiviert geblieben sein für das bevorstehende „Unternehmen Hubertus“. Denn in dieser Rede hatten sie -wieder einmal- eingetrichtert bekommen, wofür sie denn eigentlich kämpfen und sterben sollten: Zitat: „Denn es ist eben kein Krieg, den Deutschland für sich allein führt. Es ist ein Krieg, der tatsächlich für Europa gekämpft wird. Und nur aus dem ist es auch zu verstehen, daß sich so viele … so viele willige Freiwillige gefunden haben, von im Norden angefangen bis zum Süden, die teils in unseren Reihen kämpfen, teils als selbständige Armeen oder als selbständige Kontingente eingereiht sind in diese gewaltigste Front der Weltgeschichte. Es ist daher auch unser unumstößlicher Entschluß, daß der Friede, der ja einmal kommen wird, weil er kommen muß. Daß der dann wirklich ein Friede für Europa sein wird. Und zwar ohne die Bevormundung jener Leute mit dem feinen Instinkt für ideelle und materielle Werte. [Beifall]. (Gemeint waren natürlich die angloamerikanischen „Gauner“)

Einen Tag später, also am 9.November 1942 begann dann dieses „Unternehmen Hubertus“, bei dem erneut Österreicher für „Europa“, für „europäische Werte“ kämpften und starben. Denn es war nicht der Anfang der endgültigen Einnahme dieser sowjetischen Stadt, sondern der Beginn der völligen Vernichtung dieser Art „Europaarmee“. Nach unvorstellbar grausamen Gemetzeln –unter anderem im Stahlwerk „Roter Oktober“ und den Geschützwerk „Rote Barrikaden“- zeichnete sich nämlich bereits 3 Tage später das Debakel, ja Fiasko für die Angreifer ab. Nur kurz später begann am 19. November die Gegenoffensive „Uranus“, am 23. November war der wohlbekannte „Kessel“ um diese „Europaarmee“ geschlossen, -die Kapitulation erfolgte- viel, viel zu spät erst am 2. Februar 1943.

Der Europagedanke sollte freilich dennoch aufrechterhalten werden. Auch auf österreichischem Gebiet sollten die Menschen weiterhin an das von Deutschland geführte „gemeinsame Europa“ glauben. Und so finden wir in einer österreichischen Lokalzeitung, dem „Boten von der Ybbs“ aus Waidhofen vom 5.Februar 1943 (3) neben einer Huldigung der für europäische Werte in Stalingrad gestorbenen Landsleute auch eine Warnung vor der von Amerika geplanten Versklavung Europas durch die Sowjetunion. Zitat: „Je schwärzer die Feinde Europas seine Zukunft malen und je häufiger sich in ihrem Lager die Stimmen jener von Moskau bestochenen Subjekte mehren, die unseren Kontinent, seine Staaten und seine Länder und nicht zuletzt auch seine tausendjährige Kultur der Barbarei des bolschewistischen Ostens auszuliefern gedenken, umso fanatischer wird der Siegeswille jener sein, die heute als Freunde und Verbündete des Reiches Seite an Seite mit den deutschen Soldaten an der Ostfront für die Freiheit Europas und für seine glückliche und souveräne Zukunft kämpfen und sterben.“

Darum mein „ Nie wieder sterben für Europa!“

Und vielleicht können jetzt einige doch ein klein wenig mein Schaudern nachvollziehen, daß sich vielleicht nicht nur bei mir am 27.Februar dieses Jahres eingestellt hat, als der deutsche Bundeskanzler Scholz eine als „Zeitenwende“ verbrämte gefährliche Drohung aussprach, und ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Aufrüstung der Bundeswehr plus einer Erhöhung des jährlichen deutschen Verteidigungsbudgets auf 2% des BIP ankündigte. Dieses Schaudern verstärkte sich – hoffentlich wiederum nicht nur bei mir- als erst vor wenigen Wochen die deutsche Bundesregierung bekanntgab,  erstmals seit dem 2.Weltkrieg eine „Nationale Sicherheitsstrategie“ zu beschließen und der Sozialdemokrat Olaf Scholz am 16.September(4) selbstbewusst in diesem Zusammenhang verkündete: „Als bevölkerungsreichste Nation mit der größten Wirtschaftskraft und Land in der Mitte des Kontinents muss unsere Armee zum Grundpfeiler der konventionellen Verteidigung in Europa werden, zur am besten ausgestatteten Streitkraft in Europa. Das ist das Ziel“. Denn jetzt gehe es ja darum „europäische Werte“ zu verteidigen. Ja Zitat: „Zeitenwende heißt Abschied zu nehmen von alten Gewissheiten.“ Abschied nehmen von dem Märchen eine „Friedensunion EU“ würde ich freilich hinzufügen. Denn, Zitat: „Die Nationale Sicherheitsstrategie wird die Lektionen der Zeitenwende berücksichtigen – Landes- und Bündnisverteidigung first, sozusagen.“ Werden wir gar bald den Slogan „EU-first!“ zu hören bekommen, denn schließlich gehe es inzwischen ja längst darum – so der EU- Außenbeauftragte Josep Borrell vor wenigen Tagen(5)- den „Garten Europa“ gegen Eindringlinge aus dem „Dschungel“, also dem Zitat .“Rest der Welt „(!) zu verteidigen. So weit so irre, und dennoch- auf einmal- völlig „real“…

Können wir es also wirklich ausschließe, dass in 10, 15, 20 Jahren wieder österreichische Soldaten gemeinsam mit deutschen, rumänischen, italienischen kroatischen, ungarischen Truppen weltweit in EU-Kriege ziehen und dort für europäische Werte kämpfen und sterben sollen und dann vielleicht auch wirklich wollen? Die Grundlagen dafür wurden zwar schon seit Jahrzehnten, aber erst seit einigen Monaten in aller Offenheit und dreisten Deutlichkeit geschaffen und kommuniziert.

Die Antwort für Österreich könnte so klar und eindeutig sein. Wir müssten nur die am 26.10 55 beschlossene Immerwährende Neutralität und die diesbezüglich längst verlorene Glaubwürdigkeit wieder herstellen, Dazu wären als erste Schritte eine Abschaffung des Verfassungszusatzes 23j, sowie eine Nichtteilnahme am neuen EU-Aufrüstungsprogramm dem sogenannten „Strategischen Kompass“, und eine Blockade der Aufhebung des Einstimmigkeitsprinzips bei der EU Außen,- und Sicherheitspolitik absolut notwendig.

Letztlich werden wir aber um einen geordneten, von einer Mehrheit der Österreicherinnen und Österreichern und allen in diesem Land lebenden Menschen mitgetragen und mitorganisierten Austritt aus der Europäischen Union nicht herumkommen.

Ein souveräner, unabhängiger Solidarstaat Österreich ist möglich und von den Menschen hierzulande organisierbar.

Daran glaube ich.

Deshalb:

RAUS AUS DER EU!

NIE WIEDER STERBEN FÜR EUROPA!

JA ZUR IMMERWÄHRENDEN NEUTRALITÄT ÖSTERREICHS!

(1):  https://de.wikipedia.org/wiki/Unternehmen_Hubertus

(2):  https://de.metapedia.org/wiki/Quelle_/_Rede_vom_8._November_1942_(Adolf_Hitler)

(3): Auf Seite 3 im Artikel:„Sowjetherrschaft über Europa“:https://login.waidhofen.at/getpdf/9715/8

(4): https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/bulletin/rede-von-bundeskanzler-olaf-scholz-2127314

(5):  https://www.jungewelt.de/artikel/436793.nachschlag-it-s-a-jungle-out-there.html

Quelle: KOMintern

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