Ein etwas anderer Herbst
Josef Stingl im Gespräch mit drei GLB-Eisenbahnern
Wegen der extremen Teuerung verlangt die Gewerkschaft vida vorgezogene KV-Lohnrunden und eine Lohnerhöhung von mindestens 500 Euro für alle. Bei der ÖBB-Lohnrunde wurde ersteres erreicht, bei der Lohnanpassung hakt es allerdings.
Josef Stingl interviewt dazu den Vorsitzenden GLBvida Andreas Szinger (Servicebüro Salzburg HBf), seinem Stellvertreter Roland Schmid (Vorarlberger Zugbegleiter) und dem Betriebsrat Peter Gruber (ÖBB Technisches Service Werk Linz).
Zum Zeitpunkt des Interviews befand man sich gerade in der Phase breit angelegten Betriebsversammlungen, da das Unternehmensangebot von sieben Prozent und die Erhöhung der untersten Mindestlöhne auf 2.000 Euro noch weit von der Gewerkschaftsforderung entfernt war.
Was sagt ihr als Linksgewerkschafter zu der KV-Lohnrunde?
Andreas: Es ist zu diesem Zeitpunkt für die Menschen im Konzern die niedrigsten Gehälter/Löhne im Besonderen zu Stärken. Die Lohnpolitik der „gemäßigten Erhöhungen“, sprich unter der Teuerung des „kleinen Warenkorbes“, rächt sich jetzt besonders!
Roland: Die 500 Euro sind daher auf jeden Fall gerechtfertigt und das Mindeste gegen Teuerung und es kann dem Personalmangel ein wenig entgegenwirken. Aus Vorarlberger Sicht ist es aber immer noch zu wenig. Für uns Gsiberger braucht es eine eigene, eine höhere Lohntabelle, die die besonderen Lebenshaltungskosten im Ländle berücksichtigt und ausgleicht!
Peter: Ich finde die Forderung nach 500 Euro für alle sehr gut. Sie ist wegen der enormen Teuerung gerechtfertigt und durch den einheitlichen Betrag wird dem Umstand, dass die Teuerung die unteren Einkommen weitaus mehr trifft, Rechnung getragen. Außerdem geht dadurch die Lohn- und Gehaltsschere nicht noch weiter auseinander.
Es werden gerade Betriebsversammlungen abgehalten und Streikbeschlüsse eingeholt. Glaubt ihr, dass die Kolleg*innen zu einem breiten Arbeitskampf mobilisieren kann?
Roland: Bei den herrschenden Arbeits- und Lohnverhältnissen denke ich, dass in Vorarlberg die Kolleg*innen beim Arbeitskampf voll dabei sind.
Peter: Da es sich bei den KV-Verhandlungen um einen handfesten Betrag handelt glaube ich schon, dass wir im Ernstfall unsere Kolleg*innen zum Arbeitskampf bereit sind. Die Stimmung im Betrieb ist auf jeden Fall nicht schlecht.
Andreas: Ja, aber es wird insgesamt sehr schwierig werden, denn von Seiten der Arbeitgeberseite und besonders der Wirtschaftskammer wird vehement bestritten, dass das nötige Geld dafür da ist. Außerdem kommen Preissteigerungen und die verfehlte Politik am Energiesektor verzögert bei den Kolleg*innen an. Für die Jungen bzw. Niedriglohnsektor (Ja, auch bei den ÖBB gibt’s einen Niedriglohnsektor, der Liberalisierung sei es gedankt) reicht es aber jetzt schon.
Welchen Spielraum seht ihr bei dieser KV-Lohnrunde?
Andreas: Eine einfache Formel: Alles, was unter der Preissteigerung des kleinen Warenkorbes liegt, ist ein Minus. und wirkt zusätzlich negativ auf die ohnehin hohe Fluktuation aus. In manchen Bereichen liegt sie bereits bei. 30 Prozent. Eine zukunfts- und bedarfsorientierte Planung für den öffentlichen Verkehr wird so schwieriger und schwieriger.
Peter: In Zahlen gegossen heißt das für mich, ein Abschluss über plus 400 Euro gilt für mich als Erfolg. Liegt der Abschluss darunter, werden viele, auch ich, unzufrieden sein.
Roland: Ich stimme dem zu, es gibt kaum Verhandlungsspielraum. Ein Abschluss deutlich unter den 500 Euro würde als Weichklopfen der Gewerkschaft verstanden werden und die Gewerkschaftsbewegung schwächen.
Was bedarf es bei den KV-Verhandlungen an Ergebnissen neben einem höheren Einkommen?
Roland: Eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, die Verkürzung der Arbeitszeit bei vollem Lohn- aber genauso wichtig bei vollem Personalausgleich. Auf der „großen politischen Bühne” sind endlich nachhaltige Maßnahmen, die die Teuerung stoppen, dringend notwendig.
Andreas: Auch die Zulagen gehören auf den Prüfstand. Manche wurden seit Jahren nicht erhöht, bzw. werden bei jüngeren Kolleg*innen nicht wirksam. Außerdem ist mit der Neugestaltung der ÖBB in verschiedene AGs mit dutzenden Tochterunternehmen und Beteiligungen zu großen Unterschieden bei den Einkommen gekommen. Dies schafft Unmut und spaltet die Belegschaft.
Unter Manager herrscht ein Wettstreit, wie Betriebsvereinbarungen unterlaufen und KVs durch neue Aufgaben- und Verantwortungsverteilung, die nicht im KV berücksichtigt werden, noch kostengünstiger „gestalten” können. Es ist auch schwer, sich von einer ÖBB-Abteilung in eine andere zu wechseln. Oft geht das nur mit Kündigung und Neuanfang in der neuen Abteilung und das wieder von ganz unten.
Peter: Damit haben Roland und Andreas alles gesagt.
Danke für das Gespräch!