Rechte Realitäten in Israel
Kommentar zu Netanjahus neuem Ministerkabinett
Die neue israelische Regierung wäre ein Fall für den Verfassungsschutz: Da sitzen rechtsextreme, homophobe, rassistische oder araberfeindliche Politiker Seite an Seite auf der Regierungsbank; selbst ein wegen Terrorunterstützung verurteilter Minister ist mit von der Partie. Ihr rechtskonservativer Chef Benjamin Netanjahu rage da fast als liberales Licht hervor, so eine Beobachterin.
Der Rechtsruck in der israelischen Politik hat sich über die Jahre angedeutet. Die Grundlagen dafür legte der korrupte Immer-noch-wieder-Regierungschef Netanjahu. Bewusst übertrat er regelmäßig die Grenzen des Rechtsstaats, zeigte den Palästinensern die Faust, genehmigte Siedlungen in den besetzten Gebieten. Zu einem Dialog war er nie bereit.
Die neue Regierung ist für die israelische Gesellschaft ein Desaster, für die Palästinenser ist sie eine Katastrophe. Zu erwarten ist eine noch stärker an Sicherheit ausgerichtete Besatzungspolitik sowie eine Stärkung von Militär und Polizei, um das Besatzungsregime am Leben zu erhalten. Unter diesen Bedingungen ist ein Palästinenserstaat nicht vorstellbar.
Wie wird sich eine deutsche Bundesregierung gegenüber dieser israelischen Regierung positionieren? Die bundesdeutsche Staatsräson, bedingungslos an der Seite Israels zu stehen, könnte sich an der kruden Realität stoßen. Was macht Außenministerin Annalena Baerbock, wenn die neue Regierung den Bau weiterer illegaler Siedlungen genehmigt oder bestehende legalisiert? Wenn die Segregation der arabischen Bevölkerung weiter vorangetrieben wird und das Besatzungsregime noch mehr Todesopfer fordert? Und was, wenn auf die Frage nach einem eigenständigen palästinensischen Staat ein klares Nein folgt? Leise Kritik oder der Verweis aufs Völkerrecht reichen da nicht aus.