30. November 2024

Sprechen wir doch mal von den Menschenrechten

An diesem 10. Dezember, dem Tag, als die Generalversammlung der UNO vor 74 Jahren die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verkündete, wollen wir nicht in die Ferne schweifen, sondern uns mit den Menschenrechten in Luxemburg befassen.

In Artikel 23 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die insgesamt 30 Artikel umfasst, steht zu lesen, jeder habe »das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit«. Eine Zeile weiter heißt es, »jeder, ohne Unterschied, hat das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit«, und in der nachfolgenden Zeile wird festgehalten, »jeder, der arbeitet, hat das Recht auf gerechte und befriedigende Entlohnung.

Wer die wirtschaftliche und soziale Lage in Luxemburg kennt, wird sich eingestehen müssen, dass Artikel 23 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte hierzulande tausendfach am Tag mit Füßen getreten wird. Dazu zählt, dass es weit mehr als 20.000 Arbeitslose gibt, die Arbeitsbedingungen in vielen Betrieben alles andere als »befriedigend« und die Löhne keineswegs »gerecht« sind.

Dieser Widerspruch ist systembedingt, denn ohne die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen kann der Kapitalismus nicht funktionieren, so dass er diese ungerechten Verhältnisse immer wieder reproduziert, mit dem Ziel, Maximalprofite für die Kapitalisten zu erzielen, während die Regierung und die Chamber dieser Ausbeuterordnung durch Gesetze einen legalen Anstrich verleihen.

In der Praxis führt das zum Beispiel dazu, dass es fortwährend Bestrebungen gibt, die Produktivität durch die Intensivierung der Ausbeutung zu erhöhen, die Entwicklung der Löhne zu bremsen und die Arbeitszeit zu flexibilisieren und zu verlängern.

Zu den Folgen dieser Ausbeutung zählt, dass hierzulande zehn Prozent der Lohnabhängigen arm sind, obwohl sie acht Stunden am Tag arbeiten, ein großer Teil der Jugendlichen sich mit Zeitverträgen durchschlagen muss und in prekären Verhältnissen lebt, und inzwischen fast ein Drittel der Haushalte in diesem reichen Land die beiden Enden am Monatsende nicht zusammenbekommt.

Das steht im Gegensatz zu Artikel 25 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, in welchem es unter anderem heißt, jeder habe »das Recht auf einen Lebensstandard, der seine und seiner Familie Gesundheit und Wohl gewährleistet einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Versorgung und notwendige soziale Leistungen…«.

Apropos Wohnung: Dass in diesem Land Zehntausende bezahlbare Wohnungen fehlen, zahlreiche Menschen gezwungen sind, bis zu 40 Prozent ihres Einkommens für eine Wohnung auszugeben oder in katastrophalen Verhältnissen wohnen, während Spekulanten sich dumm und dämlich verdienen dürfen, ist keine Naturerscheinung, sondern die Folge von Beschlüssen politischer und wirtschaftlicher Entscheidungsträger, die, wenn es um die Menschenrechte geht, oft lieber in die Ferne schweifen und anderen Ländern Lektionen erteilen wollen, statt vor der eigenen Haustür zu kehren.

Leider ist die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte nicht verbindlich, und auch die in Artikel 23 und 25 festgehalten Menschenrechte nicht einklagbar. Zu verwirklichen sind sie nur, wenn die Schaffenden bereit sind, mit ihrer Gewerkschaft für die Verwirklichung ihrer sozialen Rechte und mit der kommunistischen Partei für die Überwindung der kapitalistischen Ausbeuterverhältnisse zu kämpfen.

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek

ZLV