28. Dezember 2024

Liberalisierung schadet der Gesundheit

Das Patronat hat in vielen Bereichen Probleme, ausreichend Fachkräfte zu bekommen. Das gilt auch für den Bussektor, und insbesondere für den sogenannten Gelegenheitsverkehr, also für Busfahrten außerhalb des öffentlich bestellten Linienverkehrs. Obwohl Müdigkeit am Steuer bei vielen Busfahrern längst zum Alltag gehört, will die EU-Kommission die vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten weiter liberalisieren. Das gefährde sie und andere Verkehrsteilnehmer, warnt die Europäische Transportarbeiterföderation (European Transport Workers’ Federation, ETF) und mit ihr ihre hiesigen Mitgliedsverbände OGBL-ACAL und LCGB.

Schon vor anderthalb Jahren hat die ETF 2.900 in EU-Europa tätige Lkw- und Busfahrer befragt und erfahren, daß 60 bis 66 Prozent von ihnen regelmäßig müde am Steuer sitzen. Viele seien sogar schon mal am Steuer eingeschlafen und hätten beinahe einen Unfall verursacht. »An Müdigkeit trägt nie der Fahrer die Schuld, schlechte Arbeitsbedingungen erzeugen Müdigkeit«, hob die Gewerkschaftsvereinigung im Sommer 2021 hervor.

Doch wenn es ihr um die weitere Liberalisierung geht, gibt die EU-Kommission kein Pardon. Den Gewerkschaften zufolge plant sie, die bestehende »Ausnahmeregelung«, nach der Busfahrer vor allem bei mehrtägigen Fahrten ins Ausland an bis zu zwölf aufeinanderfolgenden Tagen am Steuer sitzen müssen, ohne Anspruch auf einen freien Tag zu haben, noch zu verlängern. Damit, so warnen die Salariatsvertreter, würden die vorgeschriebenen wöchentlichen Ruhezeiten für Busfahrer dauerhaft außer Kraft gesetzt.

Weiter will Brüssel es den Busunternehmen künftig erlauben, die täglichen 45-Minuten-Pausen ihrer Fahrer in 15-minütige oder noch kürze, über den ganzen Arbeitstag verteilte Teilstücke aufzuteilen. Das würde dazu führen, daß die Busfahrer ihre regelmäßigen täglichen Pausen verlieren, klagen die Gewerkschaften. Außerdem sei geplant, die Tagesschichten der Busfahrer um ein bis zwei Stunden zu verlängern und die vorgeschriebenen Ruhezeiten zwischen zwei Arbeitstagen zu reduzieren.

Die von der Kommission geplante Änderung der EU-Verordnung werde den Beruf des Kraftfahrers noch unattraktiver machen und so dazu beitragen, den bereits bestehenden Arbeitskräftemangel in der gesamten EU weiter zu verschärfen, befürchten die Salariatsvertreter. Insbesondere die jüngere Generation übe lieber einen Beruf aus, »der weniger Flexibilität erfordert«.

Um Argumente im Widerstand gegen die Kommissionspläne zu sammeln, befragt die ETF noch bis Ende Januar Busfahrer im Gelegenheitsdienst über ihre bisherigen Arbeitsbedingungen.

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek

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