Warnstreik und Klimastreik: ver.di und Fridays for Future gemeinsam auf der Straße
Für den 3. März 2023 rufen sowohl die Gewerkschaft ver.di als auch Fridays for Future zu Streikaktionen auf. In 200 Orten hat Fridays for Future Aktionen für eine Verkehrswende angekündigt.
Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) ruft für den gleichen Tag die Beschäftigten in sechs Bundesländern zu Warnstreiks in kommunalen Betrieben des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) auf.
„Die Arbeitgeber haben in der zweiten Verhandlungsrunde für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in Bund und Kommunen am 22./23. Februar ein völlig indiskutables Angebot vorgelegt. Neben äußerst geringen prozentualen Steigerungen von insgesamt fünf Prozent über 27 Monate fordern sie auch noch Sonderopfer einzelner Beschäftigtengruppen zum Beispiel in Krankenhäusern und bei Sparkassen. Das ist ein Schlag ins Gesicht der Beschäftigten. Ein solches Angebot ist eine Provokation ohnegleichen. Die Beschäftigten werden sich das nicht gefallen lassen und jetzt verstärkt für ihre Forderungen kämpfen“, betont die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Christine Behle. Aus diesem Grund werde der Druck auf die Arbeitgeber jetzt erhöht. „Deshalb haben wir die Beschäftigten in den sechs Bundesländern, in denen der ÖPNV von den Tarifverhandlungen des öffentlichen Dienstes betroffen sind, zu ganztägigen Warnstreiks aufgerufen.“
Die vom Streik betroffenen Länder sind Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen. Für diese Beschäftigten gilt der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes im Nahverkehr (TV-N), da die Unternehmen hier in kommunaler Hand liegen.
Gleichzeitig findet am 3. März der globale Klimastreik statt, an dem gemeinsam mit den Klimaaktivistinnen und –aktivisten von Fridays for Future (FFF) deutschlandweit an über 200 Orten für eine Verkehrswende demonstriert wird. ver.di und FFF wollen den gemeinsamen Aktionstag nutzen, um auf die Bedeutung des öffentlichen Personennahverkehrs im Kampf gegen die Klimakrise aufmerksam zu machen. Fridays for Future fordert die Bundesregierung auf, sich an die Klimaziele des Pariser Abkommens zu halten und dazu insbesondere im Verkehrssektor eine rasche Senkung der Emissionen umzusetzen. Dafür sollen die massiven Investitionen in neue Autobahnprojekte beendet und in emissionsarme Mobilität umgelenkt werden.
Mit Kundgebungen, Demonstrationen und Aktionen in über 30 Städten werden die politisch Verantwortlichen zum Handeln aufgefordert, in die Verkehrswende zu investieren, den ÖPNV auszubauen, gegen den Personalmangel vorzugehen und die Arbeitsplätze – auch durch eine bessere Bezahlung – attraktiver zu machen.
„Wir brauchen einen gut ausgebauten und gut funktionierenden ÖPNV“, betont Behle. Die Menschen hätten ein Recht auf Zugang zu klimafreundlicher, komfortabler Mobilität, die bezahlbar sein müsse.
„Die Emissionen des Verkehrssektors steigen immer weiter. Doch anstatt Ausbau und Finanzierung des ÖPNV anzugehen, investiert Verkehrsminister Wissing in neue Autobahnprojekte. Aber Menschen können nur die Infrastruktur nutzen, die ihnen geboten wird. Damit wurden nicht nur bisher alle Klimaziele dieses Sektors gerissen, wir rennen auch jetzt absehbar in ein Desaster. Inmitten einer eskalierenden Klimakrise ist diese Arbeitsverweigerung für uns alle gefährlich“, erklärt Lou Töllner von Fridays for Future.
Behle weiter: Bei den Anforderungen würden die bestehenden Probleme überdeutlich. Im ländlichen Raum gebe es zu wenig Verkehrsanbindungen, in den Ballungszentren hingegen übervolle Busse und Bahnen. Es gebe zu wenig Personal – aufgrund eines Sparkurses seien in den letzten 20 Jahren ein Fünftel der Beschäftigten abgebaut worden, während gleichzeitig die Verkehrsleistung stetig gestiegen sei. Bis 2030 würden 110.000 Beschäftigte fehlen. Schon jetzt fielen viele Verbindungen aufgrund des bestehenden Personalmangels aus. Hier bestehe dringender Handlungsbedarf. Es sei unumgänglich, dass der ÖPNV endlich nachhaltig unter Beteiligung der Länder und des Bundes finanziert werde. Es reiche nicht aus, sich mit Prestigeobjekten wie dem 49-Euro-Ticket zu schmücken, schon gar nicht, wenn dieses die Gelder für dringende Investitionsmittel verschlinge und nicht alle Fahrgäste erreichen würde. „Menschen in strukturschwachen Gegenden können das Ticket wegen fehlender Verkehrsanbindungen kaum nutzen“, kritisiert Behle. „Ein für alle gut bezahlbarer ÖPNV ist wichtig und notwendig, aber er muss auch für alle Menschen gelten und nutzbar sein. Dazu aber ist es dringend notwendig, dass in einen Ausbau der Infrastruktur, in einen attraktiven Nahverkehr und in die Beschäftigten investiert wird.“
Behle rief die politisch Verantwortlichen in Bund und Ländern auf, dieser Aufforderung endlich nachzukommen. Sie forderte die Arbeitgeber in Bund und Kommunen auf, den ÖPNV als Arbeitsplatz attraktiver zu machen. „Damit Beschäftigte die Betriebe nicht verlassen und neue Beschäftigte gewonnen werden können, muss auch die Bezahlung deutlich besser werden. Dazu haben die Arbeitgeber in den laufenden Tarifverhandlungen jetzt die Möglichkeit. Dieser Forderung müssen sie nun in der dritten Verhandlungsrunde nachkommen“, betont Behle.