Ukraine stellt sich bei OSZE in Abseits
Der ukrainische Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk hat angekündigt, sein Land werde die kommende Tagung des Parlamentarischen Rats der OSZE boykottieren. Die fragliche Konferenz wird am 23. und 24. Februar in Wien, dem Amtssitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, stattfinden.
Das in Aussicht gestellte Fernbleiben der ukrainischen Delegation ist nicht nur ein politisch eigenwilliger Bestrafungs- und Erpressungsversuch Kiews, sondern auch eine einseitige Absage an diplomatische Gepflogenheiten innerhalb der europäischen Sicherheitsarchitektur.
Vorangegangen war dieser Entscheidung der an die österreichische Regierung gerichtete, aber eben abgelehnte Wunsch von 20 OSZE-Delegationen, aufgrund des Ukrainekrieges den russischen Parlamentariern die Anreise zur OSZE-Tagung zu untersagen. Dieses Ansinnen ist natürlich unmöglich, denn Österreich ist gemäß internationalen Verträgen verpflichtet, die Teilnahme aller Delegationen zu ermöglichen. Zudem erscheint es doch recht widersinnig, eines der wichtigsten sicherheitspolitischen Instrumente Europas seiner Möglichkeit zu berauben, die Kriegsparteien Russland und Ukraine an einen Tisch zu bringen. Aber es haben eben nicht alle Staaten Interesse daran, den Krieg mit nichtmilitärischen Mitteln zu beenden und eine Verhandlungslösung herbeizuführen.
Angemerkt sei: Der antirussische Brief an die österreichische Regierung wurde von lediglich 81 Vertretern von 20 Delegationen unterzeichnet. Die Parlamentarische Versammlung der OSZE besteht jedoch aus 323 Mitgliedern aus 56 Ländern, womit eine überwältigende Mehrheit offenkundig nicht für einen Ausschluss Russlands eintritt. Es ist also wieder einmal nur eine anmaßende westimperialistische Minderheit, die glaubt, internationales Recht beugen und für die gesamte „internationale Gemeinschaft“ sprechen zu können. Man tut gut daran, sich diesem Diktat nicht zu beugen.
Die OSZE-Tagung mit dem eigentlich passenden Thema der Generaldiskussion: „Ein Jahr später: Russlands anhaltender umfassender Krieg gegen die Ukraine“, wird also ohne ukrainische Delegierte auskommen müssen. Das ist sehr schade, denn somit werden zwar russische Parlamentarier in der Debatte ihre Standpunkte darlegen, ukrainische jedoch nicht. Offensichtlich hat man in Kiew auch nicht begriffen, was die OSZE ist – eine multilaterale Staatenkonferenz mit friedenspolitischen Zielsetzungen, kein imperialistisches Bündnis wie die NATO, das großteils den aussichtslosen Krieg gegen Russland bis zum letzten Ukrainer führen will.
Ob es allerdings wirklich ein herber Verlust ist, keine Vertreter der „Wechowna Rada“, des Kiewer Parlaments, in Wien begrüßen zu dürfen, ist ohnedies fraglich: Das autoritäre Selenskyj-Regime hat nach Kriegsbeginn die größte parlamentarische Oppositionspartei verboten und zahlreichen Abgeordneten deren Mandate gestrichen. Das Parlament, das die gleichgeschaltete ukrainische Delegation also repräsentiert hätte, ist ohnedies ein undemokratisches Scheinparlament. Diese unbequeme Wahrheit wird man in westeuropäischen Medien selten hören oder lesen, denn die Ukraine verteidigt ja bekanntlich „europäische Werte“ wie Demokratie und Freiheit…
Quelle: Der Standard
Quelle: Zeitung der Arbeit