Wahlen und Integration
Das Superwahljahr in Luxemburg nimmt an Fahrt auf: Am kommenden 11. Juni sind Gemeindewahlen und am 8. Oktober folgen die Parlamentswahlen. Zumindest für das erstgenannte Datum füllen sich langsam die Wahllisten und es werden wieder vermehrt Hände geschüttelt und Sportveranstaltungen medienwirksam besucht.
Die Gemeindewahlen bieten ansässigen Personen fremder Staatsangehörigkeiten im Gegensatz zu den Parlamentswahlen die Gelegenheit, ihre politische Stimme in die Zusammensetzung der Gemeinderäte mit einfließen zu lassen. Bei Parlamentswahlen ist diese bekanntermaßen nicht möglich und wird es, nach dem Willen der Wähler beim Referendum im Jahre 2015, wo 78 Prozent entsprechend votierten, vorerst auch nicht sein, auch wenn die Regierung versucht durch Aufweichung der Einbürgerungskriterien eine Hintertür zu öffnen.
Angesichts dieser Situation könnte man meinen, daß die ausländischen Mitbürger geradezu verrückt danach sein dürften, in Luxemburg politisch zu partizipieren. Dies mag vereinzelt auch zutreffen und als gutes Beispiel gelten, da politische Partizipation am Ort, wo sich der Lebensmittelpunkt abspielt, richtig und wichtig ist. Doch ziehen es offenbar die allermeisten Nicht-Luxemburger hierzulande vor, entweder die Urnengänge in ihren Herkunftsländern zu präferieren oder gleich überhaupt kein Interesse an Stimmabgaben für Wahlen an den Tag zu legen.
Dies paßt natürlich nicht ins offizielle Bild einer homogenen und dennoch diversifizierten Gesellschaft in Luxemburg, wie sie von Ministern und regierungsnahmen Organisationen immer wieder gepriesen wird.
Über die Jahre hat sich in den Wochen und Monaten vor Gemeindewahlgängen mittlerweile ein panikhafter Aktionismus etabliert, Hochglanz-Kampagnen in den unterschiedlichsten Sprachen zu lancieren, um die ausländischen Einwohner dazu bewegen zu können, sich in die Wählerlisten einzutragen. Insgesamt kann man all diesen Aktionen einen eher bescheidenen Erfolg nachsagen. Obschon fieberhaft versucht wird, einen anderen Eindruck zu erwecken, offenbaren sich die meisten der Angesprochenen nicht gerade als »bänzeg« aufs Wählengehen.
Allein in der Hauptstadt können ausländische Einwohner noch bis zum kommenden 17. April ihren Namen auf die Wählerlisten setzen lassen. Auf einem Pressefrühstück Mitte Januar bilanzierte die hauptstädtische Bürgermeisterin Lydie Polfer, daß dies bis zu jenem Tag ganze sieben Prozent der Zielgruppe auch getan hätte. Zur Erinnerung: 70 Prozent der fast 130.000 Bewohner der Hauptstadt sind nicht im Besitz der luxemburgischen Nationalität.
Erwähnt wurde, daß die Kampagnen einen Effekt hätten, da die Zahl der eingeschriebenen Ausländer bei den letzten Gemeindewahlen höher gewesen sei. Dazu muß allerdings auch erwähnt werden, daß die Hürden zwischenzeitlich deutlich reduziert wurden.
Die Problematik um eine schleppende Motivation, ausländische Einwohner zur politischen Partizipation an der Urne zu bewegen, hat direkt mit der Integration zu tun und für letztere ist die luxemburgische Sprache ein bedeutender Faktor. Wer sich für luxemburgische Themen und Politik interessiert, für Thekendiskussionen oder Rundtischgespräche, Kandidaten-Streit im TV oder entsprechende Medien, der wird unweigerlich häufiger mit der Sprache der meisten Bewohner des Landes konfrontiert.
Die Hürden für eine Einbürgerung zu senken, um die Schlangen an den Wahlurnen zu verlängern, schafft längst noch keine politische Partizipation. Da hilft es auch nicht, immer wieder darauf zu bestehen, daß in Luxemburg die Situation anders sei, als in den Nachbarländern. Integration funktioniert immer gleich.
Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek